Neu im Kino: ein Thriller aus Südkorea, ein Reisefilm über eine Bootsfahrt übers Mittelmeer und eine Doku über den Prozess für einen NS-Täter.

„Ein Mann namens Otto“
Der griesgrämige Rentner Otto pocht seit dem Tod seiner Frau mit aller Beharrlichkeit darauf, dass die Regeln in der Wohnsiedlung, wo er lebt, eingehalten werden, und sorgt auch sonst bei allen für schlechte Laune. Dann zieht eine mexikanische Familie ins Haus nebenan ein. Die lebensbejahende Lärmigkeit der Leute leitet bei Otto einen emotionalen Umschwung ein.

Wer nun Ähnlichkeiten mit Fredrik Backmans auch hierzulande erfolgreichem Roman „Ein Mann namens Ove“ bemerkt, liegt richtig. Nach der schwedischen Verfilmung mit Rolf Lassgard 2015, die immerhin auch eine Oscar-Nominierung für den besten Auslandsfilm errang, kommt nun eine neue Verfilmung aus amerikanischer Fertigung.

Hier ist alles gefälliger in Buch und Regie (Ex-Bond-Regisseur Marc Forster), aber die Titelrolle spielt Tom Hanks und die sympathische Zeichnung der mexikanischen Nachbarn kann als sanfte Kritik an Donald Trumps Migrantenpolitik gedeutet werden. Unterm Strich aber ist der Film überflüssig.

„Die Frau im Nebel“ mit Seo-rae (Tang Wei) als verdächtige Witwe  und Jang Hae-joon (Park Hae-il) als Kommissar.
„Die Frau im Nebel“ mit Seo-rae (Tang Wei) als verdächtige Witwe und Jang Hae-joon (Park Hae-il) als Kommissar. © Studiocanal | Studiocanal

„Die Frau im Nebel“
Ein Bergsteiger ist zu Tode gestürzt. War es ein Unfall oder doch Mord? Kommissar Jang Hae-joon (Park Hae-il) trifft bei den Ermittlungen auf die Witwe des Opfers. Seo-rae (Tang Wei) stammt aus China, ist jung und schön, sie scheint jegliche Gefühle streng zu beherrschen und sie weckt in Jang zärtliche Gefühle, die sie sacht erwidert. Die professionelle Grenze zwischen Polizist und möglicher Täterin weicht auf.

„Entscheidung zu gehen“ – so lautet der Originaltitel des neuen Films von Park Chan-wook („Oldboy“, „Die Taschendiebin“), der in den 135 Minuten Spielzeit bis ins unnötig tragische Ende hinein immer wieder neue Facetten der Ausgestaltung findet. Im Kern geht es um die unmögliche Liebe zwischen Polizist und einer Femme Fatale, die vielleicht eine Mörderin ist.

Der Film hat zahlreiche Vorbilder, Hitchcocks „Vertigo“ gehört ebenso dazu wie die melodramatischen Kriminalromane von Cornell Woolrich und diverse französische Thriller mit erotischer Note. Park Chan-wook legt eine atmosphärische Inszenierung vor, die diesen Genrefilm mit psychologischem Tiefgang auch optisch mit Finesse auflädt. Generell aber gilt – der Film ist zu lang und das auch deshalb, weil er mit seiner formal wie erzählerischen Cleverness mächtig angibt.

„Human Flowers of Flesh“ erzählt von einer Fahrt übers Mittelmeer von Marseille nach Algerien.
„Human Flowers of Flesh“ erzählt von einer Fahrt übers Mittelmeer von Marseille nach Algerien. © dpa | Shellac

„Human Flowers of Flesh“
Eine Frau, fünf Männer, ein Segelboot, eine Fahrt übers Mittelmeer von Marseille nach Algerien und die Suche nach dem, was den Mythos der Fremdenlegion einst prägte – darum geht es im neuen Film der begnadeten Kamerafrau Helena Wittmann.

Stimmungsbilder mit der Kamera im Zeichen von Entschleunigung und Hinschauen sind hier wichtiger als ein durchgehender erzählerischer Spannungsbogen.

Dennoch ist es ein Reisefilm mit abenteuerlicher Note, und mit Angeliki Papoulia gibt es eine charismatische Hauptdarstellerin, bei der allein das Hinschauen schon lohnt.

„Daniel Richter“
Daniel Richter, 60, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen deutschen Vertreter der abstrakten Malerei der Gegenwart. Oscar-Preisträger Pepe Danquart („Schwarzfahrer“) und gefeiert für bemerkenswerte Dokumentationen („Höllentour“, „Am Limit“), errang für diesen Film das Vertrauen von Daniel Richter, um den Mann bei der Arbeit im Atelier und den Vorbereitungen für neue Ausstellungen sowie beim Gespräch mit der Galeristin Hella Pohl zu filmen.

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Das ist in der Summe enorm unterhaltsam, weil Danquart stets die richtige Balance zu Distanz und Nähe findet. Zudem ist Richter ein immens beredter Gesprächspartner mit Sinn für Selbstironie, der so tief in den kreativen Prozess eintaucht, dass er die Kamera nicht mehr wahrzunehmen scheint. Daraus ergeben sich immer wieder überraschende Einblicke in Richters künstlerisches Selbstverständnis. Erfreulich konsequent bleibt jegliches Private (bis auf zwei frei fliegende (!) Sittiche im Atelier) ausgeklammert.

„Fritz Bauers Erbe“
Im November 2018 findet vor dem Landgericht Münster ein Verfahren gegen den NS-Täter Johann R. statt. In die Beurteilung der Schuldfrage fließt nicht mehr alleine ein, dass im KZ Stutthof nahe Danzig Menschen getötet wurden, sondern dass schon die Freiheitsberaubung in lebensbedrohende Umstände hinein versuchten Mord darstellt und also strafbar ist.

In seiner dokumentarischen Präzision, den Ablauf eines solchen Verfahrens, die Zielsetzungen und die juristischen Hürden auch für Laien begreifbar zu machen, leistet das Regietrio Sabine Lamby, Cornelia Partman und Isabel Gathof mustergültige Arbeit. Zu denken, dass man zu diesem Thema alles gesehen oder gar verstanden hat, ist ein Irrtum. Erschütternde Aussagen von Zeitzeugen entheben den Film der rein akademischen Betrachtung. Auch deshalb ist dies ein so wichtiger Film.