Berlin. Wie gehe ich mit meiner Krankheit um? Welche Therapien gibt es? Klassische Selbsthilfegruppen bieten Betroffenen häufig eine gute Gelegenheit sich mit Anderen auszutauschen. Wer den realen Kontakt scheut, sucht oft im Internet nach Selbsthilfeforen. Doch hier ist Vorsicht geboten.

Viele Menschen suchen heute in Internetforen die Möglichkeit, sich mit Leidensgenossen auszutauschen. Ob Schuppenflechte, Krebs, Essstörung, Depressionen oder Schlaganfall - im Netz wird über nahezu jede Krankheit diskutiert. "Die Schwelle, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, ist durch die Anonymität im Internet viel niedriger als bei einer herkömmlichen Selbsthilfegruppe", sagt die Berliner Psychologin Jutta Hundertmark-Mayser von der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (Nakos). Allerdings ist es nicht einfach, seriöse Selbsthilfeforen zu finden. "Bei Selbsthilfegruppen im klassischen Sinne und wie auch in Internetforen geht es vor allem um den Austausch Betroffener untereinander", sagt der Berliner Gesundheitswissenschaftler Sebastian Schmidt-Kähler, Geschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland.

Dabei steht im Mittelpunkt, wie Menschen mit ihrer Erkrankung umgehen und wie sie die Herausforderungen bewältigen, die damit einhergehen. Wie kann ich trotz meiner Erkrankung ein selbstbestimmtes Leben führen, wie gehe ich mit chronischen Schmerzen um und wie bewältigen andere ihre Angst vor einer lebensbedrohlichen Erkrankung? Auf Fragen wie diese könne man im Netz Antworten finden. Das nütze auch der Behandlung: Ein informierter Patient könne seinem Arzt gute Fragen stellen.

Siegel gewährleisten keine Qualität

Schwieriger ist es für die Betroffenen, im Netz mehr über Behandlungsalternativen oder diagnostische Verfahren zu erfahren. "Im Internet gibt es keine Gewährleistung für die sachliche Richtigkeit, die Verständlichkeit und die Qualität der angebotenen Informationen“, sagt Schmidt-Kaehler. Es gebe zwar Siegel für Internetseiten mit medizinischen Inhalten, zum Beispiel vom Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem (afgis) oder von der Health On the Net Foundation (HON).

Diese sollen unter anderem gewährleisten, dass die Inhalte regelmäßig aktualisiert werden, Werbung kenntlich gemacht und der Urheber des Angebots angegeben ist. "Aber solche Siegel können nicht sicherstellen, dass die Information aus dem Netz den aktuellen Stand des Wissens wiedergibt oder keine fragwürdigen Ziele verfolgt", sagt der Experte. Viele Inhalte seien irreführend, manchmal schlichtweg falsch. "Das muss man einfach wissen, wenn man im Internet Rat sucht."

Vorsicht bei versteckter Produktwerbung

Wer sich im Netz auf die Suche nach einem passenden Selbsthilfeforum macht, sollte laut der beiden Experten darauf achten. - dass es ein Impressum und damit einen Verantwortlichen gibt, - dass wirklich Betroffene miteinander diskutieren, - dass kein Pharmaunternehmen oder anderes Unternehmen mit kommerziellen Interessen die Seite betreibt und sie als Werbeplattform für die eigenen Produkte nutzt. "Wenn zum Beispiel in einem Diskussionsforum zum Thema Übergewicht nur Werbung für Diätprodukte oder das Einsetzen eines Magenbandes zu sehen ist, dann sollte man die Finger davon lassen", rät Hundertmark-Mayser. "Und wenn in den Antworten der anderen Nutzer immer wieder von ein und demselben Medikament die Rede ist, sollte ich mir auch lieber ein anderes Forum suchen."

Außerdem sei es sinnvoll, wenn es im Forum einen Moderator gebe, der auf die Einhaltung der Forumsregeln - der sogenannten Nettiquette - achte. "Je vertraulicher das Thema ist, desto wichtiger ist es, dass mit den Betroffenen und ihren Äußerungen auch vertraulich umgegangen wird", sagt Hundertmark-Mayser. "Und die Nutzer selbst sollten darauf achten, dass sie ein Pseudonym wählen und dass auch in der E-Mail-Adresse ihr Klarname nicht auftaucht."

Angebote im Netz vergleichen

"Gerade bei seltenen Erkrankungen kann das Internet manchmal die einzige Möglichkeit für die Betroffenen sein, sich auszutauschen, weil sie vielleicht weit voneinander entfernt wohnen", sagt Schmidt-Kähler. Und hier hat das Netz einen großen Vorteil gegenüber den klassischen Selbsthilfegruppen. "Aber es gilt immer, verschiedene Quellen zusammenzuführen und sich bewusst zu machen, dass im Netz jeder zum Autor werden kann." Nur weil etwas schwarz auf weiß im Netz stehe, müsse es nicht richtig sein.

Wer sich über das Internet ein Auto kaufen möchte, vergleiche auch die Angebote verschiedener Seiten und informiere sich umfassend. "Gleiches gilt auch für alles rund um unsere Gesundheit und die Selbsthilfe-Foren", sagt Schmidt-Kähler. (dapd)