Berlin. . Auch deutsche Frauen sollten sich die möglicherweise gesundheitsgefährdenden Brustimplantate der Firma PIP entfernen lassen. Sowohl das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als auch Mediziner empfehlen diese Vorsichtsmaßnahme .

Im Skandal um defekte Billig-Brustimplantate raten deutsche Mediziner den Patientinnen dazu, die Silikonkissen entfernen zu lassen. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilte am Freitag mit: „Die Mitteilungen von Ärzten, Fachgesellschaften und Kliniken zeigen, dass mögliche Gesundheitsrisiken durch vermehrt ausgetretenes Silikon auch dann entstehen können, wenn keine Rissbildung vorliegt“. Es werde daher empfohlen, die betroffenen Implantate als Vorsichtsmaßnahme zu entfernen.

In einer gemeinsamen Erklärung verwiesen Fachverbände von Gynäkologen, plastischen und ästhetischen Chirurgen sowie Experten für Brustkrankheiten darauf, dass die PIP-Kissen beispielsweise bei Röntgenaufnahmen falsche Bilder erzeugen könnten. Außerdem müssten die Patientinnen, die die Einlagen behielten, mit dem Risiko eines erneuten komplizierten Eingriffs leben.

Silikon tritt möglicherweise aus

Nach Angaben des Berufsverbandes der Plastischen und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) gibt es auch Hinweise darauf, dass die Billig-Prothesen verstärkt „ausschwitzen“ und damit Silikon durch die Hülle hindurch in den Körper abgeben. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, wäre „die Indikation zur Entfernung noch stärker gegeben“, erklärte DGPRÄC-Präsident Peter Vogt.

Auch das tschechische Gesundheitsministerium riet den mehr als 2000 Frauen, die PIP-Implantate tragen, zu einer Operation. In Frankreich hatten die Behörden bereits vor Weihnachten alle 30.000 betroffenen Frauen aufgefordert, sich die Prothesen entfernen zu lassen.

In Großbritannien, wo mehr als 40.000 Patientinnen mit PIP-Implantaten leben, sieht die Regierung dagegen keinen Grund zu einer solchen Maßnahme. Besorgte Frauen, die sich in einem staatlichen Krankenhaus behandeln ließen, könnten sich dort die Implantate aber kostenlos wieder entfernen lassen, teilte die Regierung am Abend mit.

TÜV Rheinland getäuscht

PIP-Gründer Jean-Claude Mas gab in einem Polizeiverhör zu, drei Viertel seiner Prothesen mit einem Billig-Gel gefüllt zu haben, das er mit einem für die Industrie bestimmten Silikon des deutschen Chemiegroßhändlers Brenntag zusammenmixte. Nur ein Viertel der Kissen habe das siebenmal teurere US-Produkt Nusil enthalten, das Mas auch gegenüber dem TÜV Rheinland angab. Der 72-Jährige räumte ein, den TÜV, der seine Kontrollen zehn Tage vorher ankündigte, gezielt getäuscht zu haben.

„Es war schon Routine, dass ich die Anweisung gab, alle Unterlagen zu verstecken, die einen Bezug zu dem nicht zugelassenen PIP-Gel hatten“, sagte Mas, der seine Firma 2010 auflösen musste, laut dem von AFP veröffentlichten Protokoll. Seine Angestellten hätten sogar ganze Container verschwinden lassen. PIP hatte weltweit hunderttausende Brustimplantate verkauft. Die Billigkissen reißen verstärkt und rufen Entzündungen hervor. (afp)