Kreis Kleve. Dass der Kreis Kleve bei einer Bewerbung keine Bedingungen stellen könne, sei nicht richtig. Dieses Angebot macht das Ministerium.
Das Landesumweltministerium widerspricht den Aussagen des Landrates Christoph Gerwers bezüglich einer „konditionierten Bewerbung“ zum Nationalpark Reichswald. In der Sitzung des Kreis-Umweltausschusses hatte der Grünen-Vertreter Volkhard Wille angeregt, eine Bewerbung mit Bedingungen zu stellen. Nach dem Motto: „Wir bewerben uns um einen Nationalpark Reichswald, unter der Bedingung, dass....“ Der Landrat sagte im Ausschuss, dass dies nicht möglich sei und man nach Abgabe der Bewerbung keine Einflussmöglichkeiten mehr habe: „Entweder wir sagen Ja zum Nationalpark oder nicht“, so Gerwers.
Dieser strikten Auffassung widerspricht nun das Ministerium. In einer Antwort an die NRZ heißt es, dass eine „konditionierte Bewerbung nichts Ungewöhnliches“ sei. Vielmehr gebe es keine Vorgaben des Landes für eine Bewerbung: „Es ist aber normale und geübte Praxis, dass bei der Ausweisung von Nationalparken regionale Wünsche und Besonderheiten im gesamten Verfahren berücksichtigt werden“, so Ministeriumssprecher Malte Wetzel.
Nationalparkverordnung wird eng vor Ort abgestimmt
Vielmehr könnten die geäußerten Punkte in einer Bewerbung „wichtige Hinweise für das formale Ausweisungsverfahren und die zu erstellende Nationalparkverordnung sein“, so das Ministerium. Eine Nationalparkverordnung werde als Prozess in enger Abstimmung vor Ort stattfinden und „biete den Beteiligten auch im späteren Verfahren die Möglichkeit umfassender Mitbestimmung und sich umfassend in die Erarbeitung der Verordnung einzubringen“, so der Sprecher. Das Umweltministerium werde den kooperativen Ansatz des Findungsprozesses im förmlichen Verfahren fortführen, versichert Düsseldorf.
Der Landrat des Kreises Kleve hat auf Bitten der NRZ Stellung zur Antwort des Ministeriums genommen. Er schreibt: „Zur Klarstellung: In der Sitzung des Umweltausschusses am 27. Februar 2024 habe ich erklärt, dass der Kreis Kleve sich nicht unter Bedingungen bewerben kann. Wenn eine Bewerbung abgegeben wird, entscheidet alleine die Landesregierung, ob der Kreis Kleve den Zuschlag für einen „Nationalpark Reichswald“ erhält oder nicht. Eine Einflussnahme im eigentlichen Bewerbungsverfahren ist also für den Kreis Kleve nicht möglich. Erst danach, nämlich in dem Verfahren zur Erarbeitung einer Nationalpark-Verordnung, könnten dann die vom Kreis genannten „Bedingungen“ verhandelt werden, so wie vom Minister öffentlich zugesichert. Selbst wenn in diesem Verfahren die ‚Bedingungen‘ der Kommunen und des Kreises Kleve dann nicht erfüllt würden, weil beispielsweise zwischen den beteiligten Stellen und Kommunen kein Einvernehmen erzielt werden kann, bleibt die Bewerbung gültig.“
Landrat ist irritiert
Gerwers zeigt sich zudem über die Antwort aus Düsseldorf irritiert: „Mich irritiert, dass das Ministerium jetzt die bisherige gemeinsame Linie der konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Verwaltungen hier vor Ort verlässt. Zum einen hält das Ministerium es nicht für nötig, unmittelbar Kontakt mit dem Kreis Kleve aufzunehmen. Zum anderen führt das Ministerium plötzlich, erstmalig und ohne Vorinformation den Begriff der „konditionierten Bewerbung“ ein, der im Gegenteil sehr ungewöhnlich ist und allen bisherigen Absprachen widerspricht. Ich bedauere dieses interessengeleitete und nicht objektive Vorgehen des Ministeriums außerordentlich“, schreibt Gerwers.
>> So haben wir am 28. Februar 2024 berichtet:
Die Diskussion um eine Bewerbung für einen Nationalpark Reichswald geht auf die Zielgerade. Im Umweltausschuss des Kreises Kleve wurde das Thema jetzt intensiv diskutiert. Der Kreistag wird am 23. April endgültig über eine mögliche Bewerbung entscheiden. Derzeit zeichnet sich eher eine Ablehnung des Projektes ab.
Für die SPD überwiegen die positiven Aspekte
Denn außer den Grünen spricht sich keine andere Fraktion vorbehaltlos für einen Nationalpark am unteren Niederrhein aus. Bei der SPD überwiegen zwar die „positiven Aspekte“ (Stefan Welberts), aber auch die Sozialdemokraten haben noch Fragen, die sie geklärt sehen wollen. Auch die Freie Wählervereinigung kann sich nicht zu eine uneingeschränkten Jahr durchringen, ebenso die FDP, deren Vertreter in der Ausschusssitzung erkennen ließ, dass man vorab Rechtssicherheit für fünf Punkte haben wolle, unter anderem die Klarstellung, dass auch künftig Trinkwasser im Reichswald gewonnen werden darf.
CDU-Fraktionschef Paul Düllings begründete die ablehnende Haltung der CDU. Für die Christdemokraten wiegt die ablehnende Stellungnahme der Wasserversorger aus Kleve und Goch schwer. Das Land NRW könne nicht entscheiden, ob im Reichswald auch langfristig Trinkwasser gewonnen werden könne, so Düllings. Diese Entscheidungen beträfen Bundes- oder sogar Europarecht. Wenn die EU die Regeln verschärfe, habe man darauf keinen Einfluss mehr.
CDU: Reichswald ist nicht attraktiv genug
Paul Düllings hinterfragte auch die Zusicherung, dass die angrenzenden Flächen nicht von einem Nationalpark betroffen seien. Er wies darauf hin, dass viele landwirtschaftliche Flächen verpachtet seien. Es sei denkbar, dass Grundeigentümer ihre Flächen dem Land NRW für einen Nationalpark zur Verfügung stellen würden.
Ob ein Nationalpark wirklich ein Touristenmagnet wird, bezweifelt Düllings. Dem Reichswald fehle das Element Wasser, es fehle ein Berg zum Klettern oder Wandern und es fehle eine Burg, wie in der Eifel. Kritisch sehen die Christdemokraten auch den Aufbau einer touristischen Infrastruktur. Mögliche Touristinfos müssten personell von den Kommunen ausgestattet werden. Auch das Thema Umzäunung des Reichswaldes ist für die CDU ein kritischer Punkt.
Grüne schlagen „konditionierte Bewerbung“ vor
Für Volkhard Wille (Grüne) sind die Trinkwasser-Argumente der CDU nur vorgeschoben. Absolute Rechtssicherheit bis in alle Ewigkeit habe man für keine Sache: „Es ist nicht seriös und unrealistisch, eine Rechtssicherheit bis Ultimo zu fordern“, so Wille. Das Land habe diverse Male klar gemacht, dass auch in einem Nationalpark Trinkwasser gefördert werden kann. In 13 von 14 Nationalparks in Deutschland werde Trinkwasser gefördert – ohne Probleme. Er wies zudem darauf hin, dass das Wasserwerk Scheidal in Goch seit 20 Jahren nicht in einem Trinkwasserschutzgebiet liege. Bislang habe man sich da in Goch auch nie Sorgen um die Qualität des Wassers gemacht, so Wille.
Der Landtagsabgeordnete der Grünen schlug vor, eine „konditionierte Bewerbung“ ins Rennen zu schicken, um die strittigen Fragen klären zu können. Nach dem Motto: Wir bewerben uns um einen Nationalpark unter der Voraussetzung, dass...
Gerwers: „Nach der Bewerbung sind wir raus“
Diese Vorgehensweise sei nicht möglich, sagte Landrat Christoph Gerwers. Bis zum 23. April dürfe der Kreis eine Bewerbung einreichen. „Danach sind wir raus“, so Gerwers. Und: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir keinerlei Einflussmöglichkeiten haben. Entweder wir sagen Ja zum Nationalpark oder nicht“, so Gerwers. Wille wies darauf hin, dass das Umweltministerium bereits mehrfach gesagt habe, dass eine Nationalparkverordnung im Einvernehmen mit den Kommunen ausgearbeitet werden soll.“ Die NRZ hakte bezüglich der Aussagen Gerwers‘ beim Umweltministerium nach, eine Antwort steht noch aus.
Der Umweltausschuss hat in seiner Sitzung noch keine Entscheidung getroffen. Dieser soll jedoch im Kreisausschuss am 21. März gefasst werden. Die endgültige Entscheidung wird im Kreistag am 23. April getroffen.
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