Duisburg. Der Streit um den A59-Ausbau tritt in eine neue Phase: In der Mercatorhalle hat die Anhörung begonnen. Was hinter verschlossenen Türen passiert.
Hinter den verschlossenen Türen der Mercatorhalle geht es noch bis Freitag um ein für Duisburg immens wichtiges Thema. Ein Thema, über das seit vielen Monaten heftig gestritten wird. Wie wird die A59 im Duisburger Norden ausgebaut? Als Tunnel oder in Hochlage? Jetzt geht der Konflikt in eine neue Phase: Das Fernstraßenbundesamt (FBA) hat zum gesetzlich vorgeschriebenen Erörterungstermin geladen.
Am ersten Tag der Anhörung kommen nur 110 Duisburger in die Mercatorhalle
Verschlossene Türen bedeutet: Journalisten müssen draußen bleiben, interessierte Bürgerinnen und Bürger auch. Lediglich die 1400 Einwender und Einwenderinnen haben Zugang zum Sitzungssaal. Sie müssen sich am Eingang ausweisen. Am Dienstagmorgen sind es gerade einmal 110 Duisburger, die sich ihr blaues Bändchen, die „Eintrittskarte“ für alle vier Tage, abholen. Für 1300 gäbe es einen Stuhl im Saal. Dementsprechend leer sind die allermeisten Reihen.
Der Bürgerverein Meiderich, federführend bei den Protesten gegen die Pläne der Autobahn GmbH, hatte ursprünglich geplant, vor der Mercatorhalle zu protestieren. „Wir haben uns dann aber dagegen entschieden, weil wir das Thema nicht emotional hochkochen möchten“, sagt Peter Dahmen, Vorsitzender des Vereins. „Vielmehr möchten wir das Fernstraßenbundesamt sachlich und mit Argumenten überzeugen.“
Die strenge Hausordnung ist dann am Ende doch nicht ganz so streng
Im Vorfeld hatte es bei vielen Einwendern Unmut über die strenge Hausordnung gegeben. Vor allem der Punkt „das Bedienen eines Mobiltelefons ist nicht gestattet“ hat für Kopfschütteln gesorgt. „Ich bin selbstständig, da kann ich nicht vier Tage lang nicht erreichbar sein“, sagte Peter Dahmen unserer Redaktion. „Außerdem kann es sein, dass wir zwischendurch etwas recherchieren müssen, zum Beispiel zur Einhaltung von Schadstoffwerten. Wir sind Laien und können nicht alle Fakten im Kopf haben.“
Wie so oft im Leben wird auch hier nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. „Natürlich können die Leute ihre Handys fürs Internet oder für Nachrichten nutzen, nur eben nicht im Saal telefonieren. Wir wollen sie schließlich nicht in eine abgeschirmte Blase stecken“, sagt Isabel Pfeiffer, Sprecherin des Fernstraßenbundesamts. „Das Bedienen eines Mobiltelefons ist nicht gestattet“ sagt etwas anderes aus.
Die Autobahn GmbH ist mit 30 Vertretern anwesend
Neben Einwendern und Fernstraßenbundesamt noch mit von der Partie: Die Autobahn GmbH des Bundes (AdB), die mit 30 Vertretern nach Duisburg gekommen ist, die Träger öffentlicher Belange und Umwelt- und Naturschutzvereinigungen. Der erste Tag steht ganz im Zeichen der Planungen. Vertreter der Autobahn GmbH werden das Projekt vorstellen und sich zu den Varianten äußern. Am Mittwoch, 17. April, können die sogenannten Träger der öffentlichen Belange Stellung beziehen.
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Die meiste Redezeit wird die Stadt in Anspruch nehmen. Auf ihrer Teilnehmerliste stehen 45 Namen. Anwalt Olaf Bischopink wird zum Mikrofon greifen, aber auch Planungsdezernent Martin Linne und Matthias Vollstedt vom Planungsamt. „Wer sonst noch sprechen wird, wird sich im Laufe der Veranstaltung ergeben“, sagt Stadtsprecherin Gabi Priem. Für den Umweltverband BUND wird Kerstin Ciesla reden.
Die Einwender sind Donnerstag und Freitag an der Reihe: Wer mag, kann sich in einem abgeschiedenen Raum äußern
Am Donnerstag und Freitag kommen die Einwender zu Wort. Isabel Pfeiffer versichert, dass die Mammutveranstaltung „der Planfeststellungsbehörde (dem FBA, d. Red.) dazu dient, mehr Informationen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.“ Man gehe ergebnisoffen an die Sache heran. Das wird vielen Anwohnern Mut machen.
Wer sein Anliegen nicht vor großem Publikum vortragen möchte, kann sich mit Vertretern von FBA und Autobahn GmbH in einen extra Raum zurückziehen. „Es gibt ja Themen, die an die Substanz gehen, zum Beispiel wenn es um sehr persönliche Belange oder Firmen geht, die bedroht sind“, sagt die FBA-Sprecherin. Übrigens: Auch wer sich nicht vorher für die Veranstaltung angemeldet hat, kann noch jederzeit daran teilnehmen. Für den Eintritt reicht die Einladung und ein Ausweis. „Es gibt keine Anmeldepflicht“, betont Pfeiffer.
Sollten die vier Tage nicht ausreichen, wird die Veranstaltung am Montag, 22. April, fortgeführt. Es sei durchaus möglich, dass einzelne Detailfragen schon während der Erörterung geklärt werden können, betont Pfeiffer. Bis es aber zu einer Entscheidung des Fernstraßenbundesamtes komme, in welcher Ausgestaltung das Projekt A59 umgesetzt wird, könnten Monate ins Land gehen.
Sollte die Zeit nicht reichen, wird die Anhörung um einen Tag verlängert
Das Wunschszenario aus Duisburger Sicht wäre, dass das Fernstraßenbundesamt die in der Mercatorhalle vorgetragenen Argumente als so gewichtig ansieht, dass es für den Entwurf der Autobahn GmbH keine Baugenehmigung erteilt. Sollte es anders kommen, hat sich die Stadt bereits deutlich positioniert: Dann will die Stadt klagen.
Ob die vier Tage in der Mercatorhalle tatsächlich zu einer Annäherung der Positionen führen werden, ist fraglich. Denn gegensätzlicher könnten die nicht sein: Die Autobahn GmbH plant den sechsspurigen Ausbau zwischen dem Autobahnkreuz Duisburg und der Anschlussstelle Duisburg-Marxloh in Hochlage. Unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Lärmschutz sei das die beste Lösung, sagen deren Planer.
Anwohner und Stadt kämpfen vehement dagegen. Denn die fast 50 Meter breite Trasse zerteile Meiderich und Hamborn über Jahrzehnte in zwei Teile und verschlechtere die Lebensqualität in den Bezirken enorm, argumentieren sie.
Eine der großen Frage lautet: Was wird aus der Berliner Brücke?
Der Haushaltsausschuss in Berlin hat im November 2023 eine Million Euro für ein Gutachten zum Ausbau in Troglage zwischen Meiderich und Marxloh freigegeben. Das macht den Gegnern der Trassenlösung Hoffnung. Allerdings hat die Autobahngesellschaft den Auftrag für das Gutachten noch nicht vergeben.
Für extra Zündstoff sorgt die marode Berliner Brücke. Sie gehört zu dem Autobahnabschnitt, die ausgebaut werden soll, und ist nur noch bis 2029 uneingeschränkt befahrbar. Deshalb drängt die Zeit: Eine Entscheidung über einen Neubau muss bis 2026 stehen. Die Stadt fordert deshalb, die Planfeststellung in zwei Abschnitte zu teilen, damit rechtzeitig eine Lösung für die Berliner Brücke erarbeitet werden kann. Das lehnt die für die Planung zuständige Niederlassung Rheinland der Autobahngesellschaft allerdings ab.