Duisburg-Mittelmeiderich. Peter Fiebich wohnt in Duisburg-Meiderich auf der Dr.-Lengeling-Straße. Wie lebt der 62-Jährige mit dem geplanten Ausbau der A59? Ein Ortsbesuch.

Auf der Dr.-Lengeling-Straße in Meiderich ein normales Gespräch zu führen, erfordert einiges an Konzentration: Über den Köpfen rauscht geräuschvoll der Verkehr auf der A59 vorbei. „Daran habe ich mich schon lange gewöhnt“, lacht Peter Fiebich. Was ihm aber echte Kopfschmerzen bereitet, ist der geplante Ausbau der Stadtautobahn. „Wenn die Hochtrasse umgesetzt wird, leben wir hier alle unter einer Brücke – wie Penner.“

Der 62-Jährige wohnt schon ewig in der Straße in Mittelmeiderich: „Ich war fünf, da ist meine Familie hier hingezogen. Damals gab es die Autobahn noch nicht. Als sie in den 70ern gebaut wurde, haben wir Kinder auf der Baustelle gespielt. Sie war ein großer Abenteuerspielplatz für uns.“

Noch schauen die Fiebichs von ihrem Küchenfenster auf Bäume. Direkt dahinter verläuft die A59.
Noch schauen die Fiebichs von ihrem Küchenfenster auf Bäume. Direkt dahinter verläuft die A59. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Peter Fiebich aus Meiderich vom Ausbau der A59 betroffen: „Dann scheint die Sonne für uns nicht mehr“

Später ist der Fensterbauer in die dritte Etage des Hauses gezogen. „Von da konnte ich auf die Autobahn gucken. Das habe ich auch oft getan und konnte so manches Interessante beobachten.“ Schließlich standen die Wohnungen zum Kauf. Peter Fiebich und seine Frau Eleni (60) kauften die beiden Wohnungen im Erdgeschoss – eine für sich, eine für Fiebichs Mutter Christa (91). Alle drei hätten sich immer wohl an der Dr.-Lengeling-Straße gefühlt, „auch wenn es mit Meiderich in letzter Zeit etwas bergab geht.“ Die direkte Nachbarschaft sei gut.

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Für die Fiebichs steht außer Frage, dass die A59 ausgebaut werden muss: „Aber es muss eine vernünftige Lösung für uns Anwohner her.“ Peter Fiebich zeigt auf den Rand des Bürgersteigs: „Bis hier etwa wird die Trasse verlaufen, wenn in Hochlage gebaut wird. Dann scheint die Sonne für uns nicht mehr“, befürchtet der Unternehmer.

Das wird in der Tat so sein: Noch gucken die Fiebichs auf Bäume, hinter denen direkt die Autobahn verläuft. Sollten die von der Autobahngesellschaft des Bundes erarbeiteten Ausbaupläne Realität werden, rückt die Trasse noch näher an die Häuser heran. Dazu käme eine sechseinhalb Meter hohe Lärmschutzwand.

Die Nachbarschaft an der Dr.-Lengeling-Straße bevorzugt die Tunnellösung

„Die ganze Nachbarschaft ist für die Tunnellösung“, berichtet Fiebich. Aber auch die bringe Nachteile für die Anwohner mit sich. „Es soll ja so werden wie am Hauptbahnhof mit einem begrünten Deckel. Wo sollen dann die Autos parken?“ Noch mehr treibt Fiebich aber die Befürchtung um, Drogendealer könnten in dem Grün ihren Geschäften nachgehen. „Die Polizeiwache an der Lohengrinstraße wurde leider zugemacht. Nicht nur deshalb hat die Qualität des Wohnumfelds verloren.“

Die Luftaufnahme zeigt, wie nah die Häuser jetzt schon an der A59 stehen. Rechts von der Autobahn hinter den braunen Häusern befindet sich die Dr.-Lengeling-Straße.
Die Luftaufnahme zeigt, wie nah die Häuser jetzt schon an der A59 stehen. Rechts von der Autobahn hinter den braunen Häusern befindet sich die Dr.-Lengeling-Straße. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Fiebichs größte Angst ist aber die vor einer Enteignung: „Entweder werden wir offiziell enteignet und das Haus wird abgerissen. Oder es wird gebaut und unsere Wohnungen sind dann unverkäuflich. Das ist für mich eine inoffizielle Enteignung.“

In diesem Punkt ist er hin- und hergissen. Auf der einen Seite will der 62-Jährige an der Dr.-Lengeling-Straße bleiben. Da ist der traumhaft große Garten mit alten Bäumen und großer Wiese hinter dem Haus, die 91-jährige Mutter wohnt direkt nebenan, im Keller ist das Büro seines Fensterbau-Betriebs. „Wo kann ich das schon haben?“

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Es gibt aber auch Momente, da will er lieber weg. „Vielleicht ist doch die beste Lösung, wir werden enteignet. Dann bekommen wir wenigsten noch etwas Geld für die Wohnungen. Wenn das passiert, ziehen wir auf die andere Rheinseite.“ Rheinberg wäre Fiebichs Sehnsuchtsziel. Dort kommt der passionierte Angler zur Ruhe. „Kaum sitze ich da und angle eine Stunde, ist mein Tinnitus weg. Einfach nur Stille!“

Eins steht für die Fiebichs fest: Kampflos den Platz zu räumen ist keine Option. „Ich werde an sämtlichen Unterschriftenaktionen teilnehmen und über den Bürgerverein Meiderich meine Einwände schriftlich deutlich machen.“ Die Möglichkeit dazu besteht für alle Betroffenen ab 1. August.

>> Ausbau-Pläne werden öffentlich ausgelegt – Einwände bis 4. Oktober möglich

  • Nach Angaben der Autobahn GmbH ist die jetzige Brücke im Bereich Meiderich 31,3 Meter breit. Die neue Hochtrasse wird 45,3 breit sein. „Die neue Trasse wird etwa die gleiche Höhenlage wie die heutige haben“, sagt Elmar Kok, Sprecher der Autobahn GmbH. Sie wird eine sechseinhalb Meter hohe Lärmschutzwand bekommen. „Außerdem statten wir die Autobahn mit einem lärmmindernden Asphalt aus.“
  • Die von der Autobahngesellschaft des Bundes erarbeiteten Pläne werden im Zuge des Planfeststellungsverfahrens öffentlich ausgelegt. Sie können vom 1. bis 31. August 2023 bei der Stadt Duisburg im Stadthaus sowie in den Bezirksverwaltungen Walsum, Hamborn und Meiderich/Beeck eingesehen werden.
  • Gleichzeitig sind die Antragsunterlagen auf der Internetseite des Fernstraßen-Bundesamts und auf dem Umweltprüfportal des Bundes zu finden. Bis zum 4. Oktober haben alle Bürger sowie andere Interessenträger die Möglichkeit, dazu Stellungnahmen und Einwände einzureichen.
  • er Meidericher Bürgerverein hat im Stadtteil an verschiedenen Stellen Banner aufgehängt: „Einspruch jetzt!!“ ist darauf zu lesen. Und der Hinweis auf die Internetseite du-fuer-den-tunnel.de. Hier informiert der Verein unter anderem über Veranstaltungen zum Ausbau.