Düsseldorf. Seit Jahrzehnten ist der Worringer Platz ein Drogen-Hot-Spot. Anwohner trauen sich teils nicht mehr dort in einen Bus zu steigen. Ein Besuch.
Fäkalien, Erbrochenes und Müll säumen den Gehweg. Der Geruch von synthetischen Drogen und Urin liegt in der Luft – Es ist eine beinahe schon tägliche Szenerie, die am Worringer Platz in der Düsseldorfer Innenstadt beobachtet werden kann. Am Mittwochvormittag (15. Mai) ist der Platz vergleichsweise wenig belebt, ansonsten treffen sich dort jeden Tag viele Suchterkrankte und Obdachlose. Auch Dealer sind dort jeden Tag anzutreffen und verticken harte Drogen wie Heroin und Crack an die Abhängigen.
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Bereits seit Jahrzehnten ist der Worringer Platz der Drogen-Hot-Spot in der NRW-Landeshauptstadt. Auch Gewalt ist vor Ort ein großes Problem: Erst am vergangenen Sonntag (12. Mai) wurde dort ein Mann nach einem Streit niedergestochen. Der 30-Jährige wurde dabei von einem 29-jährigen Mann durch ein Cuttermesser lebensgefährlich verletzt. „Es war ein Streit unter Wohnungslosen“, erklärte ein Sprecher der Polizei Düsseldorf auf NRZ-Nachfrage. „Ob es dabei um Drogen ging, können wir nicht genau sagen.“
Anwohnerin über Worringer Platz: „Fühle mich dort nur noch unwohl“
Eine Anwohnerin, die an der nahegelegenen Karlstraße lebt, aber unerkannt bleiben möchte, hat den Vorfall von Sonntagnachmittag beobachtet. Was sie am meisten schockiert: Dass wenige Meter vom Tatort entfernt unverblümt Crack geraucht und Heroin gespritzt wurde. Und das, obwohl Polizei, Rettungskräfte und Ordnungsamt in unmittelbarer Nähe waren. „Die Leute nehmen ihre Drogen am hellichten Tag. Viele verstecken sich nicht mal mehr in irgendwelchen Hauseingängen, sondern sitzen in den Haltestelle-Häuschen oder an den Glascontainern.“ Die Anwohnerin versucht, den Worringer Platz aufgrund der anhaltenden Lage zu meiden. „Es ist einfach nur schlimm dort. Ich fühle mich dort nur noch unwohl.“
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Auch Rita Müller lebt in der Nähe. Die Situation vor ihrer Haustüre sei für sie ebenfalls sehr belastend, sagte sie. „Ich traue mich gar nicht, zum Glascontainer zu gehen, oder in den Bus einzusteigen, weil dort jeden Tag viele Drogenabhängige sind. Und ich habe das Gefühl, dass es immer mehr werden.“ Zwar patrouillieren Kräfte des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) der Stadt Düsseldorf in regelmäßigen Abständen am Drogen-Hot-Spot, zudem führt der OSD auch stichprobenartige Kontrollen durch, dennoch ändere sich dort nichts, meint die Rentnerin. Deswegen fordert sie die Stadt zum Handeln auf. „Es muss etwas passieren!“
Drogen-Hot-Spot Worringer Platz: Problem verlagert sich auch auf angrenzende Straßen
Lothar Döring lebt seit knapp 40 Jahren in der Nähe des Worringer Platzes. Er hat die Zeiten miterlebt, als es dort noch eine Unterführung für Fußgänger gab. 1994 wurde diese jedoch versiegelt. „Das Drogenproblem gibt es dort schon seit Anfang der 90er-Jahre. Außerdem gab es dort viele Sexualdelikte. Als Frau konnte man da abends oder nachts nicht mehr entlang laufen. Irgendwann wurde die Unterführung dann dicht gemacht“, erinnert sich der Rentner. Zwar sei der Worringer Platz durch den anschließenden Umbau optisch verschönert worden, so Döring weiter, „doch seitdem es dort die Sitzmöglichkeiten aus Glasbausteinen gibt, ist die Situation mit Dealern und Drogenabhängigen schlimm geworden. Und ich habe das Gefühl, es wird jeden Tag schlimmer“.
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Die Drogenszene konzentriere sich dabei nicht nur auf den Worringer Platz, berichtet Döring. Auch bis zum Nebeneingang des Düsseldorfer Hauptbahnhofs, wo vor allem am Abend viele Suchterkrankte anzutreffen sind und auf angrenzende Neben- und Hauptstraßen wie der Karlstraße oder Kölner Straße verlagere sich das Problem seit Jahren, erklärt der Anwohner. An der Klosterstraße und der Kurfürstenstraße werden manche Wohnhäuser mittlerweile mit blauem UV-Licht beleuchtet, damit Abhängige sich in den Eingängen oder Garageneinfahrten keinen Heroin-Schuss setzen können, weil ihre Venen durch das blaue Licht nicht sichtbar sind.
Worringer Platz: Situation auch für anliegende Restaurants problematisch
Für die anliegenden Geschäfte und Restaurants am Worringer Platz ist die Situation am Drogen-Hot-Spot ebenfalls problematisch. Die Kult-Dönerbude „Yede-Gör“ habe fast täglich mit Suchterkrankten zu tun, die „hier Probleme machen“, sagt Mitarbeiter Ayhan Baki. „Viele belästigen unsere Kunden, fragen im Laden nach Kleingeld oder Zigaretten. Manchmal kommen sie rein und lassen sich nicht rausschmeißen.“
Für die Pizzeria „Grüne Insel Tantuni“, die sich auf dem Worringer Platz befindet, sorgte die Situation vor der eigenen Türe sogar für einen jahrelangen Rechtsstreit. Im Sommer 2020 ließ der Inhaber nach einer Genehmigung der Stadt Düsseldorf rund um das Grundstück einen Zaun errichten, um Drogenabhängige und Obdachlose fernzuhalten. Die Architektin des Platzes, die das Areal nahe dem Düsseldorfer Hauptbahnhof im Jahr 2005 gestaltete, klagte beim Oberverwaltungsgericht gegen die Errichtung des Zaunes, weil sie ihre Urheberrechte verletzt sah. Im Januar dieses Jahres verkündete das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) jedoch, dass die Absperrung bleiben darf.
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An der Gesamtsituation vor Ort ändere der Zaun aber wenig, sagt ein Mitarbeiter der Pizzeria. Direkt nebenan, wenige Meter von der Bus-Haltestelle entfernt, trifft sich die Drogenszene an besagten Glascontainern zum Dealen und Konsumieren. „Jeden Tag sind die Leute hier. Wenn das Ordnungsamt kommt, sind sie wenig später wieder da. Auch nachts ist hier immer was los.“
Zudem verkomme der Worringer Platz immer mehr zur Müllhalde, merkt der Mitarbeiter an. Im Ausstellungspavillon „Librarium“, in dem die lokale Kulturszene ihre Kunst ausstellen kann, landen viele Abfälle und Hinterlassenschaften der Drogenszene. „Es stinkt hier regelmäßig.“ Zumindest an der Westseite an den Glascontainern dürfte zumindest kurzzeitig etwas Ruhe einkehren. Dort führt die Netzgesellschaft Düsseldorf aktuell Arbeiten durch und hat den Abschnitt abgesperrt. Langfristig werde sich großartig aber nicht viel ändern, mutmaßt der Pizzeria-Mitarbeiter.