Düsseldorf. In Oberbilk ist eine Unterkunft für obdachlose Drogenabhängige eingerichtet worden. Die Stadt reagiert damit auf die neue Lage auf den Straßen.
Mit einem neuen Unterbringungs- und Betreuungsmodell will die Stadt Düsseldorf ab sofort Menschen unter die Arme greifen, die auf der Straße leben und drogensüchtig sind. Eigens dafür wurde nun eine Unterkunft für Wohnungslose und Drogensüchtige an der Moskauer Straße eingerichtet. Dort, wo seit Dezember 2015 und bis vor wenigen Tagen noch etwa 100 Geflüchtete untergebracht waren, sollen bereits am kommenden Montag (4. März) die ersten Personen aus dem Obdachlosen- und Drogenmilieu einziehen.
Beigeordnete Koch: „Haben gemerkt, dass wir eine Lücke haben“
Nicht nur derzenatsübergreifend wurde für das neue Projekt zusammengearbeitet, auch viele Vereine aus der Obdachlosen- und Drogenhilfe sind an dem neuen Projekt beteiligt, erklärte Miriam Koch, Beigeordnete der Stadt Düsseldorf für Kultur und Integration am Freitag (1. März) bei einem Vor-Ort-Termin. Im Dezember vergangenen Jahres habe man sich mit den verschiedenen Trägern zusammengesetzt und geprüft, wo es in den kalten Wintermonaten Handlungsbedarf in Düsseldorf in puncto Wohnungslosigkeit und Kapazitäten für die Unterbringung gebe, verrät Koch.
In diesen Gesprächen sei „relativ schnell klar geworden, dass wir unabhängig von der Jahreszeit eine neue Lage auf der Straße haben. Das zeigt sich vor allem am Worringer Platz eindeutig mit einer Suchtproblematik, bei der wir noch nicht wissen, wie mir mit Menschen, die zunehmend Crack konsumieren, umgehen.“ Deswegen sollen obdachlose Suchterkrankte an der Moskauer Straße nun niederschwellige Angebote für die medizinsche Versorgung und Unterbringung erhalten.
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Zwar gebe es „ein sehr ausdifferenziertes Hilfeangebot in Düsseldorf im Bereich der Obdachlosigkeit und Suchtprävention“, so Miriam Koch weiter, dennoch wurde von Seiten der Stadt gemerkt, „dass wir eine Lücke im Versorgungssystem haben“. Daher wurde nun ein gemeinsames Konzept entwickelt, das eine zentrale Anlaufstelle vorsieht. Streetworker aus Düsseldorf brachten dafür die Einrichtung an der Moskauer Straße in Oberbilk ins Spiel. Der Vorteil an diesem Standort: Weil dort mehrere Jahre Geflüchtete untergebracht waren, gebe es dort bereits bestehende Räumlichkeiten samt Sanitäranlagen. Wie Beigeordnete Koch indes weiter erklärte, sind die knapp 100 Geflüchteten mittlerweile in anderen Asylunterkünften in der Landeshauptstadt untergebracht worden.
Mehrere Vereine sind Teil des Projektes
Die Diakonie Düsseldorf wird künftig die Projektleitung des neuen Unterbringungsmodells übernehmen. Zudem wird es vor Ort rund um die Uhr einen Sicherheitsdienst geben, Verwaltungsangestellte der Stadt werden ebenfalls regelmäßig an der Moskauer Straße vertreten sein, kündigt Miriam Koch an. Das Innovative an dem Projekt: Neben der Diakonie sind auch die Vereine Flingern mobil, die Düsseldorfer Drogenhilfe, Streetworker von Axept und Fiftyfifty sowie der Sozialdienst Care24, der sich unter anderem um die medizinische Hilfe und Pflege von Obdachlosen kümmern wird, Teil des neuen Unterbringungsmodells und werden vor Ort Hilfe leisten.
„Wir erhoffen uns von diesem Konzept, dass wir in dieser Unterkuft Erkenntnisse gewinnen, welche Maßnahmen wir in Düsseldorf langfristig umsetzen müssen“, erklärt die Beigeordnete. Zunächst gehe es aber erstmal darum, zu prüfen, welche Bedarfe es gibt und welche Hilfe die Menschen benötigen, die ab Montag dort einziehen. „Die Menschen kriegen ein Zimmer zugeteilt und müssen ihren Schlüssel immer abgeben, wenn sie das Gelände verlassen“, erklärt Projektleiter Oliver Targas von der Diakonie. „Dann fangen wir mit der Sozialarbeit an, aber erstmal geht es darum, dass diese Menschen ein Zimmer beziehen und zur Ruhe kommen können.“
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Vor allem Menschen, die zuletzt in der Baugrube am Grand Central oder unter der Brücke an der Werdener Straße in Oberbilk gelebt haben, sollen ab Montag in der neuen Unterkunft einziehen. „Ich glaube, dass wir die Einrichtung relativ schnell voll bekommen würden, weil der Bedarf an diesen beiden Stellen sehr groß ist. Das ist auch der Personenkreis, den wir zunächst ansprechen wollen“, betont Sozialarbeiter Johannes Dörrenbacher von Fiftyfifty. Streetworker Oliver Ongaro kündigte am Freitag an, dass „wir am Montag mit den ersten zehn Leuten starten. Wir haben uns bereits verabredet“. Danach gehe es darum, dass sich um die Passdokumente der Menschen gekümmert und geprüft wird, wie es um einen möglichen Bürgergeldbezug steht. „Unsere Vorstellung wäre, ob nicht ein Mitarbeiter vom Jobcenter hier hinkommt, und eine Beratung vor Ort ermöglicht. Das gibt es in anderen Kommunen auch.“
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Unterkunft hat 78 Zimmer
In der ehemaligen Unterkunft für Geflüchtete gibt es in zwei Gebäuden insgesamt 78 Zimmer. Der Fokus liegt dabei auf Einzelunterbringung. In einem Gebäude sollen neben Frauen aber auch Paare untergebracht werden, in einem anderen ist Platz für Männer. Neben einer Küchenzeile haben die Bewohner in ihren Zimmern auch ihre eigenes Bett, eigene Dusche und ein WC. Neben gezielten Hilfsangeboten durch die Träger wird auch das Gesundheitsamt vor Ort medizinische Betreuung für die Bewohnerinnen und Bewohner anbieten.
Drogenkonsum ist vor Ort laut Hausordnung indes nicht erlaubt, ob sich die abhängigen Menschen jedoch an die Vorgabe halten, ist unklar. Gesundheitsdezernent Christian Zaum spricht in diesem Zusammenhang von der „wohl größten Herausforderung“. Dies lasse sich nämlich schwer kontrollieren, zudem sind am Eingang des Geländes keine Leibesvisitationen für die Bewohner geplant. „Wir wollen Vertrauen aufbauen“, betont Oliver Targas.
Dennoch handelt es sich um ein befristetes Projekt, zumindest was den Standort in Oberbilk angeht: „Die Unterkunft an der Moskauer Straße wird nicht auf Ewigkeit hier stehen. Ganz im Gegenteil: Im Herbst 2024 werden wir hier weggehen müssen, weil an gleicher Stelle das neue Technische Rathaus entstehen soll“, kündigt Miriam Koch weiter an. Die Suche nach einem Standort ab dem kommenden September laufe bereits, berichtet die Grünen-Politikerin. „Das Projekt ist nicht als Dauerwohnunterkunft gedacht, die Idee hinter dem Konzept ist nämlich, eine Anlaufstelle zu schaffen, die unter Umständen auf das weitere Hilfesystem in Düsseldorf verweist.“
Johannes Dörrenbacher richtet den Blick deshalb bereits in die Zukunft: „Es war von Seiten der Stadt zwar angekündigt, dass der Standort nicht mehr lange erhalten bleibt, aber wir werden dafür kämpfen, dass es danach noch etwas anderes für wohnunglose Menschen in Düsseldorf geben muss.