Düsseldorf. Schwerpunkteinsatz der Polizei am Drogen-Hotspot Worringer Platz am Dienstag: Es gab Kontrollen und Festnahmen. Nicht alle zeigen Verständnis.

Da stehen sie. Aufgereit an der Mauer mit den grünen Fliesen, die den Worringer Platz in der Düsseldorfer City eigentlich verschönern sollen. Crack-Abhängige, Alkoholiker, Heroinsüchtige, kaputte Leute. Viele können sich kaum auf den Beinen halten, lallen unverständliche Sätze. Manche gucken stumm aus traurigen Augen ins Leere, andere schimpfen – wütend gestikulierend – mit den Polizistinnen und Polizisten, die vor ihnen stehen und von denen sie sich einmal mehr gegängelt fühlen. Sie müssen ihre Taschen leeren und mit zum Peterwagen, in dem ihre Personalien kontrolliert und Fingerabdrücke genommen werden.

Ein Dealer wird am Worringer Platz festgenommen

Prios-Einsatz am Dienstagnachmittag (26. März) am Worringer Platz, dem Hotspot für Drogenkriminalität in Düsseldorf: Die Polizei hat die Presse informiert, dass ein großer Einsatz der Abteilung Prios (Präsenz und Intervention an offenen Szenen und Brennpunkten) rund um das Areal nahe des Hauptbahnhofs ansteht.

Die Beamtinnen und Beamten machen gewissenhaft ihre Arbeit, aber die Kontrollen erinnern auch an eine Zurschaustellung der Abgehängten dieser Stadt. 20 Kräfte in Uniform sind vor Ort, dazu kommen 15 Zivilkräfte. An diesem Nachmittag haben die Beamten schon 60 Menschen bei den Schwerpunktkontrollen gefilzt, viele kommen auch aus den Methadonpraxen rund um den Platz, viele sind aber auch vom Crack gezeichnet. Zwei Dealer sind aufgeflogen, sie hatten Kokain-Bubbles und Ecstasy-Pillen vertickt, einer von ihnen muss mit zur Wache. Es werden bei den Kontrollen auch einige Messer gefunden.

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„Wir sind natürlich viel mehr an den Dealern interessiert als an den Konsumenten“, sagt Maximilian Stahl, der den Einsatz an diesem Nachmittag am Worringer Platz leitet. Die Kontrollen sind bislang relativ „störungsfrei“ verlaufen. „Die Leute sind zu neunzig Prozent kooperativ“, sagt Stahl. Zwei geschnappten Dealern stehen dennoch 15 Käuferinnen und Käufer gegenüber. „Natürlich tun diese Menschen einem Leid, aber wir müssen hier auch unsere Arbeit machen. Viele von denen treffen wir hier jeden Tag an.“

Mesut C. zum Beispiel ist vor allem bei den Bundespolizisten ein alter Bekannter. Der Mann mit der grauen Wollmütze und den eingefallenen Zähnen ist Alkoholiker, wie er sagt. Außerdem habe er Krebs. Er ist obadachlos, dafür sieht er noch ziemlich gepflegt aus. „Ich wohne rund um den Hauptbahnhof, da werde ich jeden Tag viermal kontrolliert“, sagt Mesut und versucht dabei die Fassung zu bewahren. „Jetzt komme ich hier nur zufällig vorbei, und es geht wieder los“, motzt er und hält einem Polizisten einen Wisch vor die Nase, der wohl eine Art Überweisung sein soll. Der Mann in Uniform nimmt ihm die Geschichte scheinbar nicht ganz ab. „Da musst Du jetzt leider durch, wir versuchen uns zu beeilen.“

Die Drogenszene ist als einzige Familie geblieben

Einige kommen nur vorübergehend hierher, andere bleiben für immer. Einsatzleiter Stahl berichtet von einem drogenabhängigen Mann, der – just an dem Tag, an dem er die Entgiftung in der LVR-Klinik in Ludenberg beendet hatte – sofort zurück zum Hotspot Worringer Platz kam: „Das ist wirklich bitter. Es gibt Menschen, für die die Szene hier die einzige Familie geblieben ist.“

Der Bereich rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof ist und bleibt für die Polizei ein Einsatzschwerpunkt. „Rauschgiftkriminaliät gehen wir an“, ließ sich am Dienstag die im Urlaub befindliche Polizeipräsidentin Miriam Brauns zitieren. Der Worringer Platz steche dabei „wegen seiner besonderen Lage“ heraus. Streetworker und Teil der Politik aber sehen in der ständigen Präsenz von Polizei und OSD einen Vertreibungsprozess, der keinem vor Ort wirklich weiter hilft. „Das ist eine Propagandashow, die vielleicht die Anwohner beruhigen soll“, sagt etwa Streetworker Oliver Ongaro von Fiftyfifty. „Das Geld für so einen Polizeieinsatz sollte man lieber an die Sozialarbeit geben.“

Der Prios-Schwerpunkteinsatz ist an diesem Nachmittag fürs Erste beendet, die Presse rückt ab. Die Beamtinnen und Beamten sind seit 11 Uhr hier und wollen noch bis in den Abend hinein kontrollieren. Gegenüber des Platzes schüttelt die Verkäuferin in einer Trinkhalle den Kopf und sagt: „Was soll das Theater? Die armen Schweine sind doch morgen eh wieder hier!“

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