Düsseldorf. Am Montagmorgen fand in der Baugrube des Düsseldorfer Grand Central die Räumung der Obdachlosensiedlung statt. Um 8 Uhr rückten Lkws an.
Kurz vor Beginn der Räumung der Obdachlosensiedlung wurde es noch mal voller in der Baugrube des Düsseldorfer Grand Central. Augenscheinlich versuchten einige Menschen, sich auf den letzten Drücker noch Drogen zu besorgen. Gegen acht Uhr aber ging es los. Vor der Einfahrt postierten sich Lkws und Bagger mit schwerem Baugerät, Mitarbeitende des Ordnungs- und Servicedienst (OSD) machten sich bei aufgeweichtem Boden auf den Weg, die Verbliebenen in den provisorischen Unterkünften anzusprechen.
Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes gingen von Hütte zu Hütte und forderten die Noch-Anwesenden dazu auf, mit ihnen mitzukommen. Zu Zwischenfällen kam es dabei nicht, wie auch die Düsseldorfer Polizei bestätigte. Die Beamten leiteten Amtshilfe und waren für den Fall der Fälle vor Ort. Aber es blieb „alles ruhig und friedlich“, wie einer der Beamten berichtete. Und tatsächlich war der Umgang miteinander von keiner Seite aggressiv. Die Wohnungslosen zeigten sich kooperativ und auch das Ordnungsamt trat respektvoll und hilfsbereit auf: Die Männer des OSD halfen den Menschen teilweise, ihre Habe vom Platz zu tragen.
Sieben Personen wurden angetroffen
Überrascht von der Räumung war indes niemand. Das Grundstück zwischen Bahntrasse und Schlägelstraße wurde mit Ansage geräumt. Ordnungsdezernentin Britta Zur sagte, die Menschen in der Grube seien bereits frühzeitig auf die Räumung hingewiesen worden: „Jeder hat ein Angebot erhalten.“ Gerade auch, was Hilfsangebote anginge.
Viele obdachlose Menschen waren am Montagmorgen vor Ort jedenfalls nicht mehr anzutreffen. Nach Abschluss meldete das Ordnungsamt, sieben Personen, davon etwa die Hälfte Frauen, seien des Platzes verwiesen worden. In der Hochphase in diesem Sommer waren teilweise über hundert Menschen in der Grube, wie Oliver Ongaro vom Straßenmagazin Fiftyfifty erklärte. Dass nun nur noch eine einstellige Zahl vor Ort war, führte Zur auf die gute Vorarbeit der Stadt zurück. Bei der Räumung habe es „keinen Widerstand“ gegeben: „Es ist so gelaufen wie erwartet und erhofft.“
Im Vorfeld der Räumung der Obdachlosensiedlung hatte es von vielen Seiten Kritik gegeben. Der Tenor: Die Stadt involviere keine Streetworker und Sozialarbeiter, habe keine Ahnung, wie es nach der Räumung weitergehen solle. Bei der Räumung an diesem Montag waren allerdings nicht nur Sozialarbeiter von Fiftyfifty vor Ort, sondern auch Mitarbeiter der Drogenhilfe und die Franzfreunde aus Rath, die für die weitergehende Unterbringung der Camp-Bewohner sorgten. Jürgen Plitt von den Franzfreunden gab zu Protokoll, die Räumung sei „okay“. Es sei gut gewesen, dass man die Menschen frühzeitig habe informieren können. Allerdings wisse man auch, dass einige der Menschen nicht in eine Unterkunft wollten und lieber auf der Straße im Düsseldorfer Stadtgebiet schlafen würden. Die sieben, die noch da waren, würden nun je nach Bedarf weitergehende Hilfe erfahren.
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Auch Plitt bestätigte, dass die Räumung schon lange bekannt gewesen sei, „letztendlich ging es aber doch sehr schnell“. Auffällig war, dass auch die Streetworker unisono bestätigten, dass sie die Räumung an sich befürworteten. Die Zustände seien untragbar gewesen, das könne die Stadt nicht einfach dulden, wie Plitt sagte.
Ordnungsdezernentin Zur verspricht Hilfe
Nachdem das Gelände gegen halb Zehn geräumt war, meldete Britta Zur Vollzug: „Alle Personen haben das Gelände nach Ansprache verlassen.“ Die Menschen, die bis zum Schluss ausgeharrt hatten, seien bereits durch „viele Raster gefallen“. Eine pauschale Antwort darauf, was nun mit ihnen geschehe, könne nicht gegeben werden. Zur versicherte aber, dass ihnen geholfen wird.
Warum aber erfolgte die Räumung nun so plötzlich? Oliver Ongaro etwa hatte bereits in der vergangenen Woche beklagt, er hätte sich im Vorfeld eine bessere Erfassung der Menschen gewünscht. Zwischen Ankündigung und Vollzug hatte keine Woche gelegen. War die Stadt hier übereifrig? Zur widersprach diesem Eindruck: „Die Menschen wurden mit langem Vorlauf angesprochen. Wir wussten, wer sich hier aufhält.“ Aufgrund der sinkenden Temperaturen sei es an der Zeit gewesen zu handeln: „Wir mussten es jetzt machen.“
Verstöße gegen Brandschutz als Grund für die Räumung
Rechtliche Grundlage für die Räumung waren übrigens die Verstöße gegen den Brandschutz. Dementsprechend wurde die Aktion offiziell vom Bauamt der Stadt Düsseldorf durchgeführt. Ein vorgeschobener Grund sei das indes nicht: „Wir hatten das hier schon: Wenn die Temperaturen fallen, machen sich die Menschen ein Feuer an, um sich zu wärmen“, so die Ordnungsdezernentin. Eine gewisse Brandgefahr habe also tatsächlich bestanden.
Nach der erfolgten Aktion liegt das Heft des Handelns nun wieder bei der Adler-Group, die zusammen mit der Deutschen Bahn Grundstückeigentümerin ist. Von Seiten der Adler-Group sei zwar eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs eingegangen, aber sonst hatte sich der Immobilienkonzern im Rahmen der Räumung eher bedeckt gehalten. Zur sagte: „Die Adler-Group hat verstanden, dass es so nicht mehr weiter geht.“ Jetzt müsse das Immobilienunternehmen dafür Sorge tragen, dass die geräumte Grube entsprechend abgesichert werde, damit nicht direkt die nächste Platte entsteht. Der Stadt sind hier die Hände gebunden, schließlich handelt es sich nach wie vor um ein Privatgelände.