Düsseldorf. Seit 25 Jahren hat das Düsseldorfer Ordnungsamt den OSD als Außendienst. Doch der „verlängerte Arm der Polizei“ hat nicht nur Freunde.
Der Düsseldorfer Ordnungs- und Servicedienst wurde 1998 ins Leben gerufen. Je nachdem, wen man fragt, aus den unterschiedlichsten Gründen. Oliver Ongaro, Streetworker von Fftyfifty, sieht den OSD als eine Art „Armutspolizei“. Angefangen habe es Mitte der 90er, als Punks vor dem Altstadt-Aldi gelagert und Passanten angebettelt hätten. Die daraus erwachsenden Konflikte kulminierten in der Aussage des damaligen Vorsitzenden des Forums Stadtmarketing Ralf Esser: „Obdachlose sind wie Graffitis und Taubenkot, kein Anblick, der zur Steigerung der Attraktivität und Kaufkraft beiträgt.“ Esser formulierte auch die wichtigsten Ziele der „Destination Düsseldorf“: „Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung auf den Straßen.“ Auf dieses Ansinnen habe die Stadt reagiert und den OSD gegründet, wie Ongaro bekundet.
Die Lage der Dinge aus Sicht der Behörde
Sebastian Veelken hingegen, seit einem Jahr Leiter des Ordnungsamtes Düsseldorf, verweist auf den Willen der Bevölkerung, den die Stadt durch kommunale Erhebungen herausgefunden haben will. Und darauf, dass durch die Neuordnung der Polizei Anfang der 2000er ein Loch entstanden sei: „Die Polizeiausbildung in NRW läuft nur noch über den gehobenen Dienst.“ Dadurch gebe es auch bestimmte Funktionen nicht mehr: „Der Wachtmeister, den man ja als Figur noch kennt, gibt es nicht mehr.“ Die Polizei diene „zur Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung“. Für Ordnung und Sicherheit sei der OSD nun zuständig.
Aber es gebe Grauzonen, wie Veelken zugibt. So sei der OSD befugt, „unmittelbaren Zwang anzuwenden“. Auch überschneide sich die rechtliche Grundlage. In Düsseldorf kommt allerdings noch die sogenannte Düsseldorfer Straßenordnung hinzu. Die ist seit 2006 in Kraft und hochumstritten, insbesondere der Paragraf sechs. Der legt fest, dass störendes Verhalten „auf Straßen und in Anlagen untersagt ist“. Dazu gehören „aggressives Betteln, Nächtigen oder Lagern in Personengruppen“. Im Umkreis einiger Streetworker heißt es, dieser Paragraf werde seitens des OSD gezielt dazu genutzt, Obdachlosigkeit zu verdrängen. Genau das meint Oliver Ongaro, wenn er den OSD als „Armutspolizei“ bezeichnet.
Sebastian Veelken will dies nicht gelten lassen. Die Motivation, den OSD zu gründen, sei von der Bevölkerung ausgegangen: „Das Sicherheitsempfinden der Bürger war niedrig.“ Allerdings sei das Problem gewesen, dass das niedrige Sicherheitsgefühl nicht von Straftaten herrührte, sodass die Polizei nicht zuständig war. Grund seien Ordnungswidrigkeiten gewesen. Deswegen habe man den OSD kommunal ausgebaut.
Der OSD: ein ansehnlicher Posten
Und das mittlerweile zu einem ansehnlichen Posten. Laut Veelken kostet der OSD dieses Jahr um die 16,4 Millionen Euro. Gestartet sei die Behörde mit 24 Beschäftigten, 2023 waren es 211 und 2024 werden nochmal zehn Stellen dazukommen. Das war eines der zentralen Wahlversprechen vom heutigen OB Keller (CDU) bei der letzten Kommunalwahl: 150 neue Stellen im Ordnungsamt sollten geschaffen werden, ganze hundert im OSD.
Ein ausgebauter Ordnungsdienst sei wichtig, so Veelken, weil schon „die Präsenz für Sicherheitsempfinden“ sorge. Das sei im übrigen auch der Grund, warum der OSD am Worringer Platz Präsenz zeige. Durch die Zunahme von Crack habe „die Gefahrenlage am Worringer Platz zugenommen“. Das Problem am Worringer Platz ist aber, so gibt es indes Betti Thielker von Care24 zu Protokoll, dass die OSD-Präsenz am Worringer Platz die Sozialarbeit behindere. Wenn der Wagen des OSD auf dem Platz steht, suchen sich die Klienten andere Orte, seien für Streetwork unerreichbar. Veelken gibt zu, dass die Situation am Platz nicht einfach sei. „Wir wollen das Gleichgewicht.“ Daher sei es wichtig, Streetwork zu ermöglichen, gleichzeitig aber wäre eine „extrem akzeptierende Position schwierig“. Der „Crack-Konsum hat Hilferufe hervorgerufen, auch aus der Szene kamen positive Rückmeldungen“.
Kooperation zwischen OSD und Sozialer Arbeit
Jürgen Plitt von der Obdachlosenhilfe der Franzfreunde sagt über das Zusammenspiel von OSD und Sozialarbeit: „Es ist klar, dass der OSD einen anderen Auftrag hat als wir. Wir sind Helfende, der OSD hat Ordnung als Auftrag.“ Es gebe in der Regel kein gemeinsames Vorgehen. Eine Ausnahme sei die Räumung der Baugrube gewesen, hier sei die Kooperation von der Ordnungsbehörde ausgegangen: „Sie wollten uns mit an Bord holen.“ Plitt erlebe den Kontakt zum OSD als konstruktiv. Dreimal jährlich gibt es einen Austausch zwischen OSD und dem Streetwork-Verbund, zu dem neben den Franzfreunden auch die Diakonie, die Caritas und die Altstadt-Streetworker von Axept gehören. Auch hier erlebe Plitt „eine sehr konstruktive Arbeitsatmosphäre“.
Das sieht nicht jeder so. Vor die Wahl gestellt, mit wem sie lieber zusammenarbeiten wollten: Polizei oder OSD, sagen Oliver Ongaro und Betti Thielker unabhängig voneinander und deutlich: Polizei. Die trete professioneller auf, so Ongaro. Dem widerspricht Veelkens jedoch. Auch die Ausbildung zum Außendienstmitarbeiter sei grundständig: „Der Polizeiwachtmeister hat ja auch einen guten Job gemacht als es ihn noch gab.“ Veelken ist sicher, gute Leute im Einsatz zu haben. Darunter viele Düsseldorfer, deren Anliegen es sei, ihre Stadt lebenswerter zu machen.
Tatsächlich ist der Düsseldorfer OSD im Vergleich zu anderen Ordnungsbehörden nominell auf seine Servicefunktion festgelegt. Strukturell ist der OSD etwa der Leipziger Stadtpolizei ähnlich. Im Gegensatz zu dieser jedoch, ist einer der Kernbereiche des OSD die Vermittlung von Hilfsangeboten, etwa wenn Obdachlose angetroffen werden. In Frankfurt am Main hat die Stadtpolizei als Äquivalent zum OSD sogar Schusswaffen. Das sei „in Düsseldorf glücklicherweise nicht nötig“, so Veelken. Nötig sei aber ein OSD: „Wir bekommen aus der Bevölkerung vor allem Beschwerden darüber, dass wir zu wenig täten.“