Dinslaken. Zur Demo gegen Rechts war in Dinslaken eingeladen. Rund 5000 Demonstranten kamen. So erlebten die Teilnehmenden die Kundgebung vor dem Rathaus.
„Dinslaken ist bunt“, steht in dicken, farbenfrohen Pinselstrichen auf einem alten Stück Pappkarton. Das Plakat ist eines von unzähligen weiteren, in einem Strom von Demonstranten, die am Samstagnachmittag das Stadtbild prägen. Die angemeldeten 400 Teilnehmenden wurden weit übertroffen. Die Polizei spricht von fünf- bis sechstausend Demonstrierenden.
Über eine Stunde braucht es, bis sich der Demonstrationszug vollständig vom Neutorplatz bis vor das Rathaus bewegt hat. „So haben wir Dinslaken noch nie gesehen“, wendet sich Bürgermeisterin Michaela Eislöffel an die Mitbürgerinnen und Mitbürger. Sie ist von der versammelten Menschenmenge sichtlich überwältigt. So geht es wohl vielen der Anwesenden, ob Kind, ob Rentner. Es sind alle da. Dinslaken ist da.
Zivilgesellschaftliche Antwort auf rechtsextreme Vorstellungen
Einer der Demonstranten ist Ulrich Grundmann. Er gehört zu der Generation, die die Nationalsozialisten noch hautnah erlebt haben, erzählt er. Er hat beobachtet, dass auch nach dem Krieg viele ihre Gesinnung nicht verändert hätten. Das würden auch die aktuellen Wahlprognosen zeigen. „Dagegen wehre ich mich“, sagt er bestimmt.
Alle Ratsfraktionen sowie 27 zivilgesellschaftliche Gruppen aus Dinslaken und Umgebung hatten zur Demonstration aufgerufen, um sich gegen das von Correctiv veröffentlichte Geheimtreffen der AfD mit Aktivisten aus dem rechten Spektrum zu stellen, bei dem die „Remigration“ von rund 28 Millionen in Deutschland lebender Menschen geplant wurde. Dinslakens Antwort darauf: Vor allem kreativ und glasklar: „Nie wieder ist jetzt“, liest man immer wieder auf Plakaten. Andere tragen Schriftzüge wie „Menschenrechte statt rechte Menschen”.
Trillerpfeifenklänge durchschneiden die eiskalte Luft, einige Demonstrierende singen „wehrt euch, leistet Widerstand“ in der unverwechselbaren Melodie des Volkslieds „Hejo spann den Wagen an“. Insgesamt ist die Stimmung ausgelassen und friedlich, geprägt von der Faszination der Masse und dem Gefühl vieler ein Teil davon zu sein. „Es fühlt sich gut an, ein Teil von etwas Großem zu sein“, sagt die 19-jährige Paula.
Die Demokratie als gemeinschaftliche Verantwortung für alle
Wie auf einem Podest thront ein immer wiederkehrender Begriff über der Veranstaltung und ihren Redebeiträgen: die Demokratie. Michael van Meerbeck vom Caritasverband nennt sie in seiner Rede „das Schwierigste und Wichtigste auf der Welt“. Yasimin Zorlu für den Integrationsrat spricht „von einer Verantwortung, die wir alle tragen“ und „Oma Renate“ von den Omas gegen Rechts, Mitveranstalter der Demonstration, deklariert es sogar als eine bürgerliche Pflicht, sich für Demokratie und gegen Hass einzusetzen.
„Nicht nur die Politik muss, alle müssen“, sagt auch Ulrich Grundmann. Er wünscht sich, dass der heutige Tag mehr ist als nur eine Demonstration, sondern der Beginn für das bislang fehlende Handeln aller.
Cigdem Kaya als Vertreterin der Gewerkschaft Verdi geht noch einen Schritt weiter. „Nach der Demo ist vor der Demo“, appelliert sie. „Positionieren, Widersprechen, Solidarisieren, Informieren und Engagieren.“ Nur so könne es weitergehen. Dass heute so viele Menschen auf die Straße gegangen und gegen rechts aufgestanden sind, mache ihr Hoffnung. Und das nicht nur in Dinslaken, sondern in der ganzen Bundesrepublik.
Dinslaken setzt mit der Demonstration ein klares Zeichen gegen rechts
Immer wieder werden die Redebeiträge von tosendem Jubel und Applaus unterbrochen, während langsam die Dunkelheit einbricht und die Laternen vor dem Rathaus angehen. Dass diese Demonstration eine klare Positionierung Dinslakens gegen rechts ist, ist klar ersichtlich. Auch, dass am 27. Januar Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist, verleiht der Atmosphäre eine Ernsthaftigkeit, der mit gemeinsamem Schweigen Raum gegeben wird.
„Es fühlt sich richtig an hier zu sein und dass es so viele sind“, erklärt Angelika Oppat-Balding vom Dinslakener Bündnis gegen rechts. Seit rund zwei Jahren steht sie jeden Montag um 19 Uhr mit den Omas gegen Rechts vor dem Rathaus, um es vor den fortwährenden „Spaziergängen“ lokaler Verschwörungstheoretiker zu schützen. Zu diesen Mahnwachen sind alle eingeladen.
Unter dem Motto „In Dinslaken schweigen wir nicht“ war zur Demonstration aufgerufen worden und es ist auch das Motto, das Gefühl, mit dem wohl jeder der Teilnehmenden nach Hause geht.
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