Dinslaken. Der Staatsschutz ermittelt nach Hakenkreuzen und AfD-Symbolen auf Wahlplakaten. Parteien besorgt über zunehmend offenen Rechtsextremismus.
Mit Hakenkreuzen, AfD-Schriftzügen, Hitlerbärtchen und dem Wort „Scharia“ wurden am Wochenende Wahlplakate in Dinslaken beschmiert. Betroffen sind Groß-Plakate der SPD und der Linken an der Schloßstraße und Ziegelstraße. In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz. Bei den Schmierereien handelt es sich nicht um Einzelfälle: Nach Angaben der Parteien gab es noch nie so viele rechte Schmierereien auf Wahlplakaten wie im aktuellen Europawahlkampf.
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„Ich habe in keinem Wahlkampf in den vergangenen 20 Jahren so viele Zerstörungen gesehen, wie in diesem“, sagt etwa der Dinslakener SPD-Chef Simon Panke. Was ihm besondere Sorge bereitet: „Angemalte Bärte waren gestern, heute sind Hakenkreuze und kombinierte AfD-Schriftzüge an der Tagesordnung.“ Teilweise habe die SPD Plakate an ein und demselben Standort mehrfach austauschen lassen – an der Hanielstraße etwa. Für Simon Panke ist das ein „Ausdruck der Entwicklung: Rechtsextreme werden selbstbewusster darin, die Demokratie offen anzugreifen.“ Er sieht einen Zusammenhang mit den ebenfalls zunehmenden Attacken auf Politiker: „Meine Mutmaßung ist, dass sich einige Täter durch die Berichterstattung über Angriffe auf politisch Aktive noch zusätzlich motiviert fühlen.“
Die Linke in Dinslaken kann das bestätigen: AfD-Schriftzüge und Hakenkreuze wie auf dem Plakat an der Schloßstraße nehmen zu, sagt Dieter Holthaus, Sprecher der Linken. Die Partei haben Strafanzeige gestellt.
Grüne reagieren mit eigenem Plakat auf Zerstörungswut
Auch die Grünen Dinslaken haben Anzeige erstattet: An der Ecke Oberhausener/Kirchstraße ist ein Großplakat von Freitag auf Samstag gestohlen worden – nur wenige Tage, nachdem es wegen Vandalismus erneuert wurde. „Es ist noch nie so viel beschädigt oder abgerissen worden“, sagt Niklas Graf, Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat. Das zuerst zerstörte dann verschwundene Großplakat „ist allerdings ein Höhepunkt, welchen wir gemeinsam als Demokrat*innen nicht hinnehmen können.“
Die Grünen haben mit einem eigenen Plakat auf die zunehmende Zerstörungswut von Rechts reagiert: „Ein Wahlplakat ist zerstörbar. Unser Einsatz für Demokratie ist es nicht“, steht darauf. „Wir werden uns unsere Begeisterung und unseren Einsatz für ein demokratisches Europa nicht nehmen lassen und setzen ein Zeichen gegen Hass, Hetze und Vandalismus“, heißt es dazu. Der positive Austausch an den Wahlkampfständen gebe Aufwind. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, so Niklas Graf.
Fabian Schneider, stellvertretender Vorsitzender der CDU Dinslaken berichtet ebenfalls von einigen herunter- und abgerissenen CDU-Plakaten und von einem, das „bekritzelt“ worden sei. „Schmierereien, gerade mit nationalsozialistischen Symboliken, verurteilen wir aufs Schärfste“, so Schneider. Der politische Wettbewerb in einer Demokratie beruhe auf „Fairness und einem demokratischen Miteinander. Wir müssen uns jeden Tag daran erinnern, dass wir das große Glück haben, in einem freien und demokratischen Land zu leben.“ Das bedeute auch, „dass wir von jedem Menschen hier erwarten, dass er die demokratischen Akteure unseres Landes respektiert. Wahlplakate der politischen Mitbewerber mit Nazisymbolik zu entstellen, ist für die CDU ein absoluter Tabubruch. Hakenkreuze und Co. haben in diesem Lande nichts verloren.“
Die FDP, die im Wahlkampf 2020 reihenweise zerstörte Plakate zu beklagen hatte, ist in diesem Wahlkampf bislang ohne Schäden davongekommen. Abgesehen von drei Großplakaten habe die Partei diesmal „auf eine umfangreiche Plakatierung aufgrund von Nachhaltigkeit und Ressourceneinsparung“ verzichtet, so Dennis Jegelka, stellvertretender FDP-Vorsitzender.
Die Beschädigungen und das Bemalen von Wahlplakaten verurteile die FDP „aufs Schärfste“. Es zeige, „wie der grobe Umgangston gegenüber Lokalpolitikern weiter um sich greift und macht uns besorgt über die zunehmende Akzeptanz von Gewaltbereitschaft und Hassreden gegen Politiker und Parteien“, so Jegelka.
Das schlägt die FDP vor
Die FDP schlägt für künftige Wahlen für Dinslaken eine „einheitliche Plakatierung“ vor, mit „zwei bis drei großen Flächen an den Ein- und Ausfahrten der Stadt, zusätzlich zu einem zentralen Punkt in der Stadtmitte.“ Dort könnten die Parteien einheitlich ihre Wahlwerbung anbringen, „damit das wilde Plakatieren im Stadtbezirk entfällt,“ so Jegelka. Er glaubt, dass das die Akzeptanz bei den Bürgern erhöhen und die Täter hemmen würde, „da sie dort auffallen würden und nicht im Verborgenen arbeiten könnten.“
Polizei macht Hakenkreuze unkenntlich
Die Polizei im Kreis Wesel bestätigt, dass es zahlreiche Fälle von Vandalismus an Wahlplakaten gebe, eine Zunahme gebe es nach erster Einschätzung aber nicht. Die Kreispolizei hat neben den betroffenen Parteien auch den Staatsschutz informiert. Und die Hakenkreuze an der Schloßstraße wurden bereits bis nachmittags mit weißer Farbe unkenntlich gemacht - eines wurde übermalt, das andere ganz kreativ in ein Haus verwandelt. Die AfD-Schriftzüge sind allerdings geblieben.