Rees-Millingen. An Tempo 30 halten sich auf der Hauptstraße in Rees nur wenige Autofahrer, beobachtet Nelly Gottschling-van Fürden. Was sie deswegen fordert.

Nelly Gottschling-van Fürden sitzt in ihrem neu eröffneten Café, schaut durch die großen Fensterscheiben nach draußen auf die Hauptstraße in Millingen und schüttelt immer wieder den Kopf. Ein Auto nach dem anderen fährt an diesem Januarnachmittag vorbei, und es braucht nur wenig Verkehrserfahrung, um festzustellen: Die wenigsten Fahrer und Fahrerinnen halten sich an das Tempo 30, das um diese Uhrzeit in der Zone zwischen Bahnübergang und Avon-Lädchen gilt.

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Oft sind Kleintransporter zu schnell unterwegs

Mit ihrem Ehemann Patrick führt Nelly Gottschling-van Fürden die Bäckerei und Konditorei Gottschling und hat aus der Hauptfiliale den besten Blick auf die viel befahrene Straße durch das Reeser Dorf. Und was sie dort täglich beobachtet, „macht mich wütend“, sagt die Bäckerei-Chefin.

Neues Cafe in Rees Millingen
Nelly Gottschling-van Fürden sitzt in ihrem neuen Café an der Hauptstraße in Millingen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Autos, Laster, landwirtschaftliche Maschinen und immer wieder Kleintransporter würden viel zu schnell über die Hauptstraße im Ortskern mit seinen Geschäften fahren. „Wenn der Schulbus hält, überholen den manche mit 70 oder 80 Sachen. Das ist eine Zumutung und extrem gefährlich – vor allem für die Kinder“, meint Nelly Gottschling-van Fürden.

Fast-Unfall mit Mädchen

Eine Szene, die sie in der vergangenen Woche beim Fensterputzen in ihrem Café mit ansah, habe sie besonders erschrocken. Ein Mädchen sei aus dem Bus ausgestiegen und beim Queren der Hauptstraße beinahe von einem viel zu schnell heranbrausenden Transporter angefahren worden. Mit quietschenden Reifen habe das Fahrzeug mit niederländischem Kennzeichen gerade noch rechtzeitig gebremst, der Fahrer sei anschließend einfach weitergefahren.

„Es muss nicht immer erst was Schlimmes passieren, bevor gehandelt wird“

Nelly Gottschling-van Fürden
Familienunternehmerin in Millingen

Nelly Gottschling-van Fürden kümmerte sich um das weinende Mädchen auf dem Bürgersteig. „Es war voller Panik und ist dann schnell nach Hause gerannt“, erzählt sie. Diese Erfahrung ließ die Familienunternehmerin zum Handy greifen, sie wählte die Nummer der Stadt Rees. „Wir können es nicht so lassen, denn diese Situationen sind hier an der Tagesordnung“, sagt Nelly Gottschling-van Fürden.

Viel Zustimmung auf Facebook

Sie schilderte einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung das Problem erst am Telefon, dann noch einmal per E-Mail und postete dazu auch einen Beitrag auf Facebook. „Nicht ortsansässige Lkw- und Pkw-Fahrer ,knallen‘ mit hohen Geschwindigkeiten durch den Ortskern ohne Rücksicht auf Fußgänger oder Radfahrer und Schulkinder“, schreibt Gottschling-van Fürden darin. „Die Kinder sind kaum größer als ihre Ranzen, diese müssen wir schützen. Ebenso sieht es bei Menschen mit Einschränkungen aus.“

Hauptstraße in Rees-Millingen
Die Tempo-30-Zone im Millinger Ortskern gilt montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr. © NRZ | Niklas Preuten

Angesichts der Häufigkeit der gefährlichen Situationen auf der Hauptstraße schreibt Nelly Gottschling-van Fürden: „Wir befürchten, dass bald ein Kind die Verkehrslage und die Geschwindigkeit der Autos nicht einschätzen kann oder hinter dem Bus nicht gesehen wird.“ Die E-Mail habe sie auch im Namen „vieler Millinger Eltern“ geschrieben, die sich um ihre Kinder Sorgen machten. Für den Facebook-Beitrag gibt es viel Zustimmung und einige Kommentare, die die Beobachtungen der Unternehmerin bestätigen.

Ampel ist rund 300 Meter entfernt

Dass es rund 300 Meter vom Ortskern entfernt Richtung Bahnübergang eine Ampel gibt, lässt Nelly Gottschling-van Fürden nicht gelten: „Wer läuft denn 300 Meter hin und wieder zurück, um die Straße zu überqueren? Zumal die Grünphase genau sieben Sekunden dauert. Da kommt doch kein gehbehinderter Mensch herüber.“ Sie fordert für den Bereich an der Bushaltestelle und am Avon-Lädchen einen Zebrastreifen oder eine Mittelinsel, um die Hauptstraße sicherer überqueren zu können.

Die Stadt Rees nimmt die Sache ernst, auch wenn bislang keine Hinweise und Beschwerden zur Verkehrssituation auf der Hauptstraße vorlegen hätten. Das sagt Jörn Franken, Leiter der unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Stabsstelle bei der Stadt Rees, auf NRZ-Anfrage.

Neues Cafe in Rees Millingen
Blick über die Hauptstraße auf die Hauptfiliale der Bäckerei und Konditorei Gottschling in Millingen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Das sagt die Stadt Rees zur Situation auf der Hauptstraße

„Es handelt sich um eine Landesstraße, die auch als Querverbindung zur Autobahn dient. Entsprechend ist die Frequentierung der Straße“, stellt Franken fest. Sogenannter Straßenbaulastträger bei Landesstraßen ist Straßen NRW. Der Kreis Kleve als Straßenverkehrsbehörde ist für verkehrsrechtliche Anordnungen zuständig. Die Stadt Rees könne wiederum als Vermittler agieren und Anträge stellen.

„Wir schätzen die Lage so ein, dass ein Zebrastreifen höchstwahrscheinlich nicht realisiert werden kann. Die Entscheidung darüber treffen aber Straßenbaulastträger und Straßenverkehrsbehörde“, so Jörn Franken. Umsonst ist Nelly Gottschling-van Fürdens Engagement gleichwohl nicht.

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Kontakt mit Polizei aufnehmen

„Wir werden Kontakt mit der Polizei aufnehmen, um Geschwindigkeitskontrollen zu erreichen. Außerdem werden wir in die Prüfung einsteigen und ggf. einen Antrag stellen, dass die Tempo 30-Zone sowohl zeitlich als auch örtlich erweitert wird“, kündigt Franken an. Bislang gilt sie montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr vom Avon-Lädchen bis kurz vor den Bahnübergang.

Nelly Gottschling-van Fürden ist sich bewusst, dass mehr Verkehrssicherheit auf der Hauptstraße nicht schnell und einfach umzusetzen ist. „Aber wenn man nichts macht, dann passiert auch nichts. Und ich kann hartnäckig sein“, meint sie. In ihrer E-Mail an die Stadt Rees argumentierte sie: „Es muss nicht immer erst was Schlimmes passieren, bevor gehandelt wird.“