Düsseldorf. Die Polizei will mit einer neuen Maßnahme gegen Wohnungseinbrüche vorgehen. Dabei waren Zahlen zuletzt rückläufig. Warum Experten Alarm schlagen.
Seit dem 26. November gilt für das Stadtgebiet Düsseldorf eine sogenannte „Strategische Fahndung“. Diese richtet sich gegen die zuletzt wieder gestiegenen Zahlen bei Wohnungseinbrüchen in der Stadt und soll bis Weihnachten laufen. Erlassen durch die Düsseldorfer Polizeipräsidentin Miriam Brauns gibt diese Maßnahme den Polizistinnen und Polizisten erweiterte Befugnisse bei Kontrollen.
„Strategische Fahndung“: Neue Polizei-Maßnahme gegen Wohnungseinbrüche
So können Personen nun „zur Verhinderung von Einbruchsdelikten angehalten und befragt werden“, wie es vonseiten der Polizei in einer Mitteilung heißt. Daneben können aber auch Personen- und Ausweiskontrollen durchgeführt werden, ebenso darf die Polizei mitgeführte Gegenstände sowie das Innere von Fahrzeugen kontrollieren.
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„Worum es uns dabei geht“, erklärt Polizeisprecher Andre Hartwich, „ist, Druck auf die Einbrecherbanden auszuüben, die nach Düsseldorf kommen.“ So solle die Landeshauptstadt für die oft mobil agierenden Täterinnen und Täter „möglichst unattraktiv“ gemacht werden. „Wir wissen, dass die Täter in diesem Bereich häufig miteinander kommunizieren“, ergänzt er. Deshalb hoffe man jetzt auch, dass diese durch die neuen Maßnahmen von einer Diebestour in Düsseldorf abgeschreckt werden würden.
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„Frühzeitig einen Riegel vorschieben“: Zuletzt wieder steigende Einbruchszahlen in Düsseldorf
Vonseiten der Düsseldorfer Polizei wird der Schritt auch damit begründet, dass zuletzt die Fallzahlen bei den Wohnungseinbrüchen wieder anstiegen. Zwar existiert mit Blick auf die amtliche Kriminalstatistik ein klar abnehmender Trend bei diesen Delikten – von 2013 bis 2023 sank die Zahl der Delikte um mehr als 48 Prozent. Dennoch will die Polizei einen Anstieg auf das frühere Niveau gar nicht erst zulassen.
„So einer Entwicklung wollen wir frühzeitig einen Riegel vorschieben“, so Hartwich. „Und ganz allgemein ist natürlich jeder Einbruch einer zu viel.“ Dies sei auch ein Eindruck, der sich im Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern bestätige, sagt er. „Die Leute, die sich an Recht und Gesetz halten, verstehen, was wir tun und warum.“ Wohnungseinbrüche seien ein Thema das viele Menschen in Düsseldorf umtriebe.
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Wie die neuen Maßnahmen umgesetzt werden, beschreibt der Polizeisprecher so: „Natürlich wird von uns jetzt nicht die ältere Dame auf der Straße angehalten, die mit dem Hund spazieren geht, sondern wir gehen hier verhältnismäßig und nach Augenmaß vor.“ Aber es seien vermehrt Streifen und Beamte – auch in Zivil – unterwegs. „Und wenn dann beispielsweise auffällige Transporter beobachtet werden, dann werden die Kollegen auch mal in den Kofferraum schauen.“ Dabei ginge es sowohl um die Kontrolle verdächtig erscheinender Personen als auch um das Sammeln von Erkenntnissen über die Kriminellen, ihre Herkunft und welcher Fahrzeuge sie sich beispielsweise bedienten.
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„Strategische Fahndung“ in ganz Düsseldorf – Kritik: Nicht verhältnismäßig
Es gibt es aber auch deutliche Kritik an der Maßnahme. Michèle Winkler, politische Referentin beim Komitee für Grundrechte und Demokratie, vergleicht die „Strategische Fahndung“ mit der umstrittenen Praxis der Schleierfahndung, die in mehreren Bundesländern besteht. „Es sind beides anlass- und verdachtsunabhängige Kontrollen“, so Winkler. Die „Strategische Fahndung“ fände allerdings ortsbezogen statt. Dass sich die Fahndung auf ganz Düsseldorf erstrecke, empfindet sie als besorgniserregend. „Wie soll in einem kompletten Stadtgebiet überhaupt gezielt vorgegangen werden?“, bemängelt sie. „Da kann mir niemand erzählen, dass das verhältnismäßig ist.“
Bereits 2018, als das neue Polizeigesetz für NRW geschaffen wurde, das der „Strategischen Fahndung“ ihre Rechtsgrundlage gibt, habe sich das Komitee für Grundrechte als Teil eines breiten Bündnisses gegen ebenjenes ausgesprochen. Die Überarbeitung des Gesetzes sei damals auch eine Verschärfung gewesen, die der Polizei weitreichende Befugnisse gegeben habe, so Winkler.
„Die Kontrollen, welche die Polizei dadurch jetzt durchführen kann, können grundrechtlich große Eingriffe darstellen.“ Auch sieht sie die Gefahr, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen durch unverhältnismäßige Kontrollen stigmatisiert werden können. „Die Polizei spricht zwar von Augenmaß, aber wir sehen in empirischen Erhebungen, dass solche Maßnahmen immer wieder zu ‚Racial Profiling‘ führt.“
Expertin zu „Strategische Fahndung“: „PR-Maßnahme vor Weihnachten oder einfach blinder Aktionismus“
Auch sei es bedenklich, dass eine solche Fahndung durch die Polizei selbst angeordnet würde und nicht etwa durch ein unabhängiges Gericht. Generell aber müsse man sich ernsthaft fragen, ob die massenhafte Kontrolle von Menschen, die eine „Strategische Fahndung“ ermöglicht, wirklich, angemessen sei.
„Bei solchen Maßnahmen sehen wir dann, wie einige wenige Kontrollen, mit denen dann wirklich Einbrüche aufgeklärt oder verhindert werden können, als großer Erfolg verkauft werden. Dabei liegt der Anteil dieser meist unter einem Prozent.“ Die Expertin sieht aber viel mehr ein anderes Motiv: „Natürlich kann es sein, dass hiervon jetzt Diebe abgeschreckt werden. Aber für mich wirkt das Ganze sehr viel eher wie eine PR-Maßnahme vor Weihnachten oder einfach blinder Aktionismus.“
Mehr Einbrüche im Düsseldorfer Osten
Aktuell (Stand 4. Dezember 2024) verstärkt käme es laut Düsseldorfer Polizei zu Einbrüchen im Düsseldorfer Osten –speziell in den Stadtteilen Ludenberg, Grafenberg und Gerresheim. Es bestehe die Vermutung, dass die Täter die Nähe zur A3 nutzten, um schnell zu ihren Zielen hin und wieder wegzukommen. Im Visier dieser Tätergruppen befänden sich vor allem Wohnhäuser. Die Polizei bittet darum bei Abwesenheit vielleicht das Licht brennen zu lassen oder in Sicherheitstechnik zu investieren.
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