Düsseldorf. In Düsseldorf sind mehrere illegale Schönheitspraxen aufgeflogen. Was kann passieren, wenn man an so einen Arzt gerät und wie kann man es verhindern?

Die wachsende Nachfrage nach kostengünstigen Schönheitsbehandlungen hat in Düsseldorf einen gefährlichen Untergrund geschaffen. Immer mehr illegale Anbieter nutzen die Sehnsucht nach Verschönerung aus und setzen dabei die Gesundheit ihrer Kundinnen und Kunden aufs Spiel. So wurden innerhalb von knapp zwei Monaten gleich vier illegale Schönheitspraxen in Düsseldorf geschlossen. Jüngster Fall: Bei einer Razzia in der Innenstadt in der letzten Novemberwoche haben gleich mehrere Behörden eine illegale Schönheitsklinik entdeckt. Ordnungsamt, Gesundheitsamt und Bezirksregierung führten die Kontrolle in einem Gebäude an der Graf-Adolf-Straße durch, nachdem ein anonymer Hinweis eingegangen war.

+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++

Das sind die Risiken: Ein echter Arzt klärt auf

Welche Folgen Eingriffe haben können, die von unseriösen Anbietern durchgeführt werden, weiß Dr. Afschin Fatemi. Er ist Facharzt für Dermatologie mit Schwerpunkt ästhetischer Medizin und ärztlicher Leiter der S-thetic Clinic in Düsseldorf-Kaiserswerth. Er sieht solche Praxen mehr als kritisch: „Die Existenz dieser Praxen ist ein wahrer Skandal. Unausgebildetes Personal sollte niemals Eingriffe am menschlichen Körper vornehmen.“ Weiter erzählt er: „Generell ist es so, dass diese Praxen seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden schießen. Das lässt sich seit längerem beobachten, denn Schönheitseingriffe sind ein großer unregulierter Markt.“

Und das spürt auch er, denn regelmäßig kommen Klienten in seine Praxis, die auf unseriöse Anbieter hereingefallen sind. „Das kommt tatsächlich sehr oft vor. Wir haben häufiger Fälle, in denen Botox und Hyaluronsäure falsch gespritzt wurde. Die Patient:innen kommen dann zu uns und haben sehr asymmetrische Gesichtszüge. Das kommt dann vor, wenn unerfahrene Behandler die falsche Technik bei der Injektion benutzen.“ erzählt er.

Auch sogenannte minimalinvasive Eingriffe – also Eingriffe mit sehr kleiner Schnitt- oder Stichstelle – können schwere Nebenwirkungen mit sich bringen. Vor allem, wenn sie falsch ausgeführt werden. So kann eine falsch vorgenommene Hyaluronsäure-Injektion laut Dr. Fatemi zu ernsten Komplikationen, wie beispielsweise einem Gefäßverschluss führen. „Die Haut wird dann nicht mehr richtig durchblutet und das kann dafür sorgen, dass teilweise Teile der Lippe oder der Nase absterben. Wenn Hyaluronsäure im Blut landet und Gefäße komplett verschließt, kann dies zur Erblindung führen.“

Dr. med. Afschin Fatemi, Ärztlicher Leiter der S-thetic Clinic in Düsseldorf-Kaiserswerth.
Dr. med. Afschin Fatemi, Ärztlicher Leiter der S-thetic Clinic in Düsseldorf-Kaiserswerth. © © Thomas Rabsch | Thomas Rabsch

Illegale Haartransplantationen auf der Graf-Adolf-Straße

In Düsseldorf sind solche fragwürdigen Praktiken anscheinend keine Einzelfälle. In den Praxis-Räumlichkeiten an der Graf-Adolf-Straße trafen die Einsatzkräfte bei ihrer Kontrolle auf drei Frauen, die sich als Patientinnen ausgaben und auf zwei Männer, bei denen Haartransplantationen durchgeführt werden sollten. Bei der Befragung stellte sich heraus, dass die vermeintlichen Patientinnen in Wirklichkeit die Transplantationen in der Praxis durchführten. Sie hatten sich als Ärztinnen ausgegeben und von den Patienten Bargeldbeträge zwischen 2000 und 2500 Euro als Vorauszahlung kassiert.

Die Beamten stellten bei weiterer Betrachtung des Salons erhebliche hygienische Mängel fest. Diese waren so gravierend, dass ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Darüber hinaus wurden Medikamente gefunden, welche in der Bundesrepublik nicht zugelassen sind, beziehungsweise nur von ausgebildetem, medizinischem Personal verabreicht werden dürfen. Bei der Durchsuchung fanden die Einsatzkräfte zudem mehr als 180.000 Euro in bar. Die fünf Personen im Betrieb, die aus der Türkei stammen, wurden aufgrund des Verdachts, sich unerlaubt in Deutschland aufzuhalten, festgenommen.

Abgelaufene Medikamente und knapp 180.000 Euro in bar wurden bei der Durchsuchung einer illegalen Schönheitspraxis gefunden.
Abgelaufene Medikamente und knapp 180.000 Euro in bar wurden bei der Durchsuchung einer illegalen Schönheitspraxis gefunden. © Landeshauptstadt Düsseldorf/Ordnungsamt | Landeshauptstadt Düsseldorf/Ordnungsamt

Lippen aufspritzen im Hinterzimmer in Friedrichstadt

Ein paar Tage zuvor, ebenfalls nach einem anonymen Hinweis, kontrollierten Mitarbeiter der Zentralen Ermittlungsgruppe (ZEG) des Ordnungsamtes einen weiteren Salon in Friedrichstadt. Im Vorfeld hatte sich eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes als potenzielle Kundin des Salons ausgegeben und einen Termin vereinbart. Im Salon wurde ihr dann das Angebot gemacht, sich die Lippen für knapp 500 Euro aufspritzen zu lassen. Zwei Mitarbeiterinnen des Salons wurden wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit der Polizei übergeben.

Auf Nachfrage gibt die Stadt Düsseldorf an, keine Informationen über vorherige Fälle von illegalen Schönheitspraxen zu haben. Solche Verstöße wären bisher kein großes Thema gewesen, so ein Stadtsprecher. „Möglicherweise hat die Berichterstattung über die bisherigen Fälle zu einer Sensibilisierung der Bürger geführt. So werden zwielichtige Anbieter von Schönheitsbehandlungen häufiger bei uns gemeldet und somit auch kontrolliert.“ Die Stadt weist außerdem darauf hin, dass zwischen den entdeckten Praxen kein Zusammenhang besteht.

Leichter Eingriff – schwere Komplikationen

Das Endergebnis von stümperhaft durchgeführten Eingriffen kennt Dr. Fatemi ganz genau: „Wir hatten erst vor Kurzem einen Fall in der Praxis, bei dem es zu einem Gefäßverschluss an der Nase gekommen ist. Nicht-Fachärzte erkennen häufig die Komplikationen, die nach der Behandlung auftreten können, nicht und beherrschen die Komplikationsbehandlung nicht. Hyaluronsäure-Unterspritzungen gelten als unkompliziert, sollten aber immer von Fachärzten durchgeführt werden.“ Auch die Benutzung von abgelaufenen Medikamenten nennt Dr. Fatemi „höchst gefährlich und schockierend“, denn sobald ein Medikament abgelaufen ist, könne man seine Sicherheit und Wirksamkeit nicht mehr garantieren.

Grundsätzlich rät Dr. Fatemi zur Vorsicht: „Man sollte den Arzt immer fragen, ob er Facharzt ist und die entsprechende Ausbildung hat. Beherrscht er nicht nur die Behandlung selbst, sondern auch die der Komplikationen? Welche Präparate benutzt er? Bei Billigprodukten aus China oder Korea sollte man vorsichtig sein.“ 

In den Beautysalons wurden abgelaufene Arzneimittel aus dem Ausland verabreicht.
In den Beautysalons wurden abgelaufene Arzneimittel aus dem Ausland verabreicht. © OSD Düsseldorf

Zwei illegale Schönheitspraxen bereits im Oktober aufgeflogen

Schon im Oktober dieses Jahres flogen gleich zwei illegale Schönheitspraxen in Düsseldorf auf. Auch dort wurden die Beamten des Ordnungs- und Gesundheitsamtes durch Hinweise aus der Bevölkerung aufmerksam. So platzten am 16. Oktober in einem Beautysalon in Garath die Beamten des ZEG mitten in illegal durchgeführte Haartransplantationen zweier Männer. Der Betrieb in Garath war schon im Vorfeld mehrfach bei Ordnungsamt und Polizei in Erscheinung getreten und hatte bereits die Betriebserlaubnis verloren. Diverse Ordnungs- und Strafverfahren gegen mehrere Personen vor Ort wurden eingeleitet.

Kaum eine Woche später, am 21. Oktober, wurde ein Nagelstudio in der Stadtmitte von Ordnungsbeamten in Zivil kontrolliert. Einer Dienstkraft wurde unvermittelt eine Lippenunterspritzung für 80 Euro angeboten. Dabei stellte sich heraus, dass der Nagelsalon weder eine Betriebserlaubnis für die Beautyeingriffe noch für das eigentliche Geschäft hatte. Des Weiteren wurden dort abgelaufene Arzneimittel aus dem Ausland sichergestellt. Das Ladenlokal wurde versiegelt.

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf