Düsseldorf. Eine neue Stadtführung beleuchtet ikonische Nachtclubs in Düsseldorf – mit spannenden Anekdoten. Was Teilnehmer beim kostenlosen Rundgang erfahren.

  • Es gibt einen neuen Stadtrundgang durch Düsseldorf anlässlich der MTV Music Week
  • Katja Vaders und Herbert Druschke führen bei „From Disco to Disco“ an zentrale Orte der Düsseldorfer Clubszene
  • Die Teilnahme ist kostenlos, allerdings gibt es nur begrenzte Tickets

Düsseldorf hat eine neue Attraktion, zumindest temporär. Zur MTV Music Week hat sich die Stadttochter Visit-Düsseldorf einen Rundgang durch die Innenstadt ausgedacht, bei dem legendäre Destinationen der Düsseldorfer Club-Kultur entdeckt werden können. Die meisten davon sind inzwischen geschlossen. Und doch zeigt die Tour namens „From Disco to Disco“ auch, dass nicht alles tot ist in der Stadt. Und Musik gibt es zwischen den Stationen auch – aus der Boombox. Interessierte werden von Kulturjournalistin Katja Vaders und Künstler Herbert Druschke geführt. Wir waren bei der Pretour dabei.

Stadtrundgang „From Disco to Disco“: Startpunkt Worringer Platz

Man trifft sich zentral, wenn man bei der Tour „From Disco to Disco“ dabei sein will. Genauer gesagt trifft man sich vor dem Eingang zum Fundbüro an der Erkrather Straße 1. Mit Blick auf den Worringer Platz und ziemlich viel ehemalige Kultur-Szene, wie man sehr bald erfährt. Unter der Brücke, wo es nicht unbedeutend nach Urin riecht, befand sich nämlich der Eingang zum legendären „Ego“. Das „Ego“ hatte zwischen 1998 und 2000 geöffnet und befand sich im ehemaligen Paketgebäude der Post. Unten befanden sich Ateliers und ein Museum, oben wurde getanzt. Durchaus, wie Herbert Druschke weiß, zu eher ungewöhnlichen Klängen: „Hier lief Minimal, teilweise sehr eigenwilliges Zeug.“ Das war zwar nicht für jeden tanzbar, sorgte aber für ein starkes Gemeinschaftsgefühl unter den Liebhabern.

Das „Ego“ war erfolgreich, humorvoll und vor allem mit einem guten Mietvertrag ausgestattet, wie es heißt. Der Betrieb war günstig. Und doch war bald schon Schluss. Grund dafür waren aber, so Druschke, „künstlerische Aspekte, keine wirtschaftlichen“. Auch habe sich das Publikum verändert – eine Begründung, die man im Laufe der Tour öfter hört. Das „Ego“, erzählt Vaders, hieß so, weil man sich hier nichts vorschreiben lassen wollte: „Wir machen, was wir wollen“.

20 Jahre ohne Sperrstunde: „Poison“ und „Rheingold“

Zwei Jahre also sollte das „Ego“ nur bestehen, zwanzig Jahre wurde hingegen die nächste Location auf der Tour bespielt: Der Rheingoldsaal am Hauptbahnhof. Hier war zwischen 1994 und 2004 das „Poison“, zwischen 2004 und 2014 dann das „Rheingold.“ Das Besondere: Weil es sich um ein Gebäude der Bahn handelt, galt hier nicht die Sperrstunde. Geöffnet war der Laden zwischen Samstag, 22 Uhr, und Sonntag, gegen 16 Uhr. Das lockte Nachteulen selbst aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Düsseldorf. Vaders: „Wenn in Frankfurt Sperrstunde war, wurde hier noch die Afterhour gefeiert.“

Und das mit Erfolg: Das Poision war in ganz Europa bekannt, lockte Acts wie DJ Hooligan (der hier eine Kopfnuss vom Türsteher bekam) oder Paul van Dyk in die Landeshauptstadt. Doch auch hier veränderte sich das Publikum schließlich. Der Glanz verblasste, im November 2004 schloss das Poison. An die Strahlkraft konnte der Folgeladen „Rheingold“ nicht mehr anschließen.

Zwischen Mediation und Party: Die Osho-Disco „Bhaggy“ an der Graf-Adolf-Straße

Und auch die dritte Station liegt im Bahnhofsviertel. Wo heute ein Hotel steht, befand sich die „Bhaggy“, eine Disco, die von Anhängern des Gurus Osho betrieben wurde. Vaders sagt: „Die Bhaggy war etwas Besonderes. Es war nicht so dunkel wie in anderen Discos, es gab weiße Flächen, Marmor, viel Platz.“

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Bei den Düsseldorfern und Düsseldorferinnen war der Laden nicht unumstritten. Gerüchte von Sexorgien machten die Runde. Die, die dabei waren, dementieren und heben vielmehr die friedliche Stimmung hervor. „Und überhaupt hat die elektronische Musik dafür gesorgt, dass die Szene friedlicher wurde“, erläutert Druschke. „Gerade nach der Punk-Szene, in der es teilweise wirklich heftig zuging, war das eine echte Befreiung.“ Wesentlichen Anteil daran hatten auch die Bhaghwan-Jünger.

Früher Elton Johns Düsseldorfer Wohnzimmer, heute ein Hotel: das „Relaxx“

Und auch die LGBTQ-Community trug ihren Teil dazu bei, die Düsseldorfer Club-Szene zu formen. Unweit des ehemaliges „Parkhauses“, wo heute das „Queenz“ ist, befand sich ein echter Hotspot der Szene. Wenige Blöcke weiter, Ecke Jahn- und Herzogstraße, dann ein weiterer Leuchtturm: Das „Rockin‘ Eagle“ und später dann das „Relaxx“.

Das „Relaxx“ wurde rasch zum Anlaufpunkt der Stars. Druschke: „Man hat damals in Düsseldorf auf Stars reagiert, wie man das hier eben so macht: gar nicht. Und genau das gefiel den Stars.“ Elton John etwa besuchte das „Relaxx“ gleich fünf Mal. Auch David Bowie, Frankie goes to Hollywood (von dem der Laden seinen Namen hattte) und die B52s waren hier zu Gast.

Der „Reinraum“ ist ein gallisches Dorf der Off-Kultur

Die Tour endet aber nicht mit dem Vergangenen, sondern mit der Gegenwart: Im „Reinraum“ an der Aderstraße. Der Laden wird vom gleichnamigen Verein betrieben und zeichnet sich als eine der letzten Off-Locations in Düsseldorf aus. In einer ehemaligen öffentlichen Toilette untergebracht, setzt sich der Verein für Künstlerinnen und Künstler ein, die eher abseits des Mainstreams unterwegs sind. „Der Reinraum und das WP8 sind die letzten Kunstvereine in Düsseldorf. Es ist gut, dass wir diese Location haben, denn die Szene leidet unter Gentrifizierung und mangelnden Freiräumen“, umreißt Vaders die heutige Situation der freien Szene.

Weitere Infos zur Tour folgen noch

Die Tour verdankt sich einer Kooperation der Stadttöchter Visit-Düsseldorf und D.Live. Angeboten wird die Tour an drei Tagen zwischen dem 6. und dem 10. November. Die Teilnahme ist kostenlos, allerdings müssen Interessierte sich vorab anmelden. Die Teilnehmerzahl ist auf zwanzig je Tour beschränkt. Die Tour selbst dauert ungefähr hundert Minuten. Weitere Infos wird Visit-Düsseldorf noch bekanntgeben. Wird das Angebot gut angenommen, könnte aus der Führung auch ein dauerhaftes Angebot werden.

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