Düsseldorf. NRW-weit haben Clubs und Diskotheken mit fehlenden Gästen zu kämpfen. Das macht auch vor Düsseldorf nicht Halt. Was die Betreiber zur Lage sagen.

Es gibt ein altes Vorurteil, nach dem die Partys früher besser, länger und härter gewesen seien. Es gibt auch Menschen, die sagen, dass keiner mehr so richtig feiern geht. Das könnten die ganz normalen Klagen über den Lauf der Welt aus dem Munde unweigerlich älter werdenden Leuten sein – leider aber ist es auch das, was Menschen vom Fach sagen. Auch in Düsseldorf.

NRW-weit melden 65 Prozent der Clubs sinkende Gästezahlen

Laut einer Umfrage der Liveinitiative NRW (Lina) ist die Situation für Clubs im Land desaströs. 175 Clubs waren befragt worden, 65 Prozent davon berichten von schwindenden Gästezahlen. Ja, die Situation ist sogar noch gravierender, schließlich beziffert weit über die Hälfte aller Clubbetreiber den Rückgang auf über 30 Proent. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass 77 Prozent der NRW-Clubs finanzielle Schwierigkeiten vermelden. Gerade einmal 12 Prozent der Clubs sagen aus, sie würden finanziell auf solidem Grund stehen. Und die Erwartungen sind schlecht: 59 Prozent der Befragten glauben, dass auch 2025 die Lage eher schlecht sein wird.

Einer, der diesen Eindruck teilt, ist Nachtresi-Boss Marcel Oelbracht: „Die Entwicklung treibt mich schon lange um. Im Übrigen ist diese Tendenz nicht auf NRW beschränkt, auch in London haben Clubs massive Probleme.“ Dabei läuft es für die Nachtresi noch verhältnismäßig gut: „Wir haben konstante Zahlen – dennoch ist es ein harter Kampf um jeden Gast.“ Doch woran liegt das eigentlich?

Düsseldorfer Clubszene mit Problemen: Die Gründe

Zunächst ließen sich hier höhere Kosten anführen – einerseits höhere Energiekosten, andererseits die Mehrwertsteuer auf Getränke, die wieder auf 19 Prozent erhöht wurde. Da wäre aber auch noch das veränderte Ausgehverhalten: „Der Freitag ist ja eigentlich gar kein Wochenende mehr, immer mehr Menschen müssen samstags arbeiten“, erläutert Oelbracht. Hinzu komme eine recht lange Regenperiode: „Dadurch bleiben 100 bis 150 Gäste weg – pro Abend.“ Bei 800 bis 900 Gästen freitags und 1400 bis 1500 samstags, ein empfindlicher Einschnitt.

Der größte Party-Killer aber sei Social Media: „Tinder, Instagram – klar, wir machen Werbung über Social Media. Aber die Gäste bleiben weg. Früher hat man sich im Club kennengelernt, heute macht das Tinder.“ Studien zeigen außerdem, dass Social Media das Aufkommen von Depressionen verstärkt – und wer depressiv ist, wird sich schwerlich aufraffen, ins Nachtleben einzutauchen.

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Doch wenn man dann doch mal ausgeht, dann sind die Erwartungen einfach deutlich höher. Stichwort: Instagrammable: „Was wir heute pro Abend abbrennen, gab es früher nur bei Jubiläumsveranstaltungen. Was ich da an Kosten für Konfetti und Co. habe.. Der Anspruch ist ein ganz anderer geworden.“ Die düstere Prognose des Nachtresi-Chefs: „Wenn das so weiter geht, ist in vier Jahren die Hälfte der Düsseldorfer Clubs tot.“

Das Düsseldorfer Publikum ist anspruchsvoll

Gerade die gesteigerten Erwartungen kennt auch Walid El Sheikh, der unter anderem Düsseldorfs auf Social Media beliebteste Bar, das Sir Walter, betreibt. Gleichwohl gelte für die Bars nicht, was für die klassischen Clubs gelte: „Wir sind zu den gleichen Zahlen wie vor Corona zurückgekehrt, können den Trend also so nicht bestätigen.“ Und weiter: „Aber ja, der Anspruch der Gäste ist gestiegen. Wir müssen neue Reize setzen, serviceorientierter agieren. Das gilt auch für solche Dinge wie alternative Zahlungsmöglichkeiten.“ Und überhaupt sei die Düsseldorfer Clublandschaft besonders: „Düsseldorf hat den fließenden Übergang von Bar zu Club.“ Damit einher gehe, dass es hier weniger internationale Top-Acts gäbe, im Vergleich etwa zu Köln. Gleichzeitig aber sei der Zugang niedrigschwelliger.

Es gebe viele Bars, in denen auch getanzt werden könne. Generell sei man durch diese Düsseldorfer Besonderheit breiter aufgestellt, habe besondere Bars zu bieten, die es andernorts nicht gebe. „Wer unbedingt das Name-Dropping für seine Seligkeit beim Ausgehen braucht, der kann ja nach Köln ins Gewölbe fahren. Tatsächlich ist es aber so, dass 15 Prozent unserer Gäste aus Köln kommen. Und die freuen sich, wie angenehm und friedlich man in Düsseldorf ausgehen kann.“ Es gebe natürlich auch ganz klassische Clubs in Düsseldorf, aber es sind weniger als in anderen Städten. Und sie ziehen nicht so viel Publikum von außerhalb an.

Nur noch wenige klassische Clubs in Düsseldorf

Das teilt auch Oelbracht von der Nachtresidenz: „Zusammen mit wenigen Ausnahmen sind wir ja sowas wie der letzte richtige Club in der Stadt.“ Das Rudas im Hafen sei eine solche Ausnahme. In letzter Zeit hatten vor allem Schließungen für Aufmerksamkeit gesorgt. Erst das Schickimicki, dann das Silq, das 2022 noch unter die Top 5 der besten Clubs Deutschlands gewählt worden war. Und das in illustrer Gesellschaft: Vor dem Silq landeten das Gewölbe in Köln, das Berlinber Berghain und das Fusion in Münster. Platz eins ging dabei ebenfalls an eine Kölner Institution: Das Bootshaus.

Angesichts dieser Konkurrenz aus der Domstadt, haben es Düsseldorfer Diskotheken natürlich schwer. Marcel Oelbracht und die Nachtresidenz jedenfalls „expandieren nicht ohne Grund nach Ibiza“, wie Oelbracht erzählt. „Wir sind dabei, auf der Insel eine neue Partyreihe aufzubauen – die Peaches powered by Nachtresidenz“. Die Möglichkeiten auf Ibiza seien einfach andere – in Deutschland müsse sich wirklich etwas tun: „Steuererleichterungen wären etwas. Aber hier wird ja lieber diskutiert, statt etwas beschlossen.“

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