Düsseldorf. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel fühlen sich Juden auch in Düsseldorf zunehmend bedroht. Beim Israel-Tag schildern sie ihre Sorgen.
Am Donnerstag (16. Mai) veranstaltete die Jüdische Gemeinde Düsseldorf ihren Israel-Tag auf dem Schadowplatz. Dabei feiert sie jedes Jahr das Jubiläum der israelischen Staatsgründung. Es war das erste Mal seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem Krieg in Gaza. Seitdem werden auch in ganz Deutschland vermehrt antisemitische Vorfälle gemeldet.
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„Man ist sehr besorgt“, berichtete Oded Horowitz, Vorsitzender der Gemeinde. Grund dafür seien auch die Demos, die aktuell in vielen Städten stattfinden. Dort werden antiisraelische und auch antijüdische Aussagen verbreitet, sagt Horowitz. Von diesen gehe eine Aggression aus, die bis ins Körperliche gehe.
„In Düsseldorf scheint es verhältnismäßig ruhig zu bleiben“, urteilte er. Durch die Stadt und die Polizei erfahre die jüdische Gemeinde viel Rückhalt, berichtet der Gemeindevorsitzende. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) hielt auf dem Israel-Tag eine Ansprache. Polizeibeamte waren schützend auf dem Schadowplatz präsent. Die Veranstaltung war zusätzlich mit einem Absperrgitter eingezäunt, Security-Kräfte der Gemeinde kontrollierten den Zugang.
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Persönlich sei ihm selbst bisher nichts passiert, so Horowitz. Dafür bekomme er als Gemeindevorsitz oft eindeutige Post: „Zuletzt etwa eine Postkarte, auf der die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem abgebildet war. Daneben ein Schild‚ 45 Kilometer bis zum Meer‘. Also: ‚From the River to the Sea‘ sollte das heißen.“ Ähnliches liege alle paar Tage im Briefkasten – meistens bleibe es gerade unter der Strafbarkeitsgrenze. Und die Absender könne man auch nicht ermitteln.
Jüdische Studierende fühlen sich bedroht
„Die Situation ist für uns seit sieben Monaten sehr bedrückend“, sagte Nicole Pastuhoff. Die Düsseldorferin ist Präsidentin des Jüdischen Studierendenverbandes NRW. „Gerade jetzt spitzt sich die Lage zu. Wir haben mittlerweile an sechs Hochschulen in NRW Protestcamps und Demonstrationen.“
Auf diesen werden klar antiisraelische Positionen vorgebracht, Israel das Existenzrecht abgesprochen, kritisierte Pastuhoff. Es seien nicht nur Studierende beteiligt, sondern auch externe Gruppen, die sich zuvor demokratiefeindlich geäußert haben, erklärte sie. Teils habe es von letzteren im Internet auch Solidarisierungen mit der Hamas gegeben. Für jüdische Studierende bewirke das „ein bedrohliches Gefühl“.
Auch an der Hochschule Düsseldorf (HSD) gab es eine Demo, die am Mittwoch (15. Mai) unter dem Titel „Für den Waffenstillstand in Gaza und den Zusammenhalt an unserem Campus“ lief. Im Rahmen dessen habe es ein „Sit-In“ gegeben, berichtete Pastuhoff. Dieser sei in direkter Nähe zum Erinnerungsort Alter Schlachthof passiert, von wo aus in der NS-Zeit tausende jüdische Menschen in Ghettos und Konzentrationslager deportiert wurden. „Provozieren“, wollten die Demonstranten mit dieser Ortswahl, urteilte Pastuhoff. „Sie nehmen dabei eine Täter-Opfer-Umkehr vor.“ Dort seien dann Parolen gerufen worden, in denen Israel als „Apartheidsstaat“ bezeichnet und sein Existenzrecht abgesprochen wurde.
„Man überlegt sich, ob es noch sicher ist, gewisse Orte zu betreten.“
„Die Hochschulen sollten sich klar positionieren, sich von den Protesten distanzieren und von ihrem Hausrecht Gebrauch machen ,forderte sie. Zumindest an der HSD war letzteres laut Medienberichten wohl keine Option: hier sollen die Protestierenden sich auf öffentlichen Flächen bewegt haben, auf denen die HSD nach eigener Aussagen kein Hausrecht hat.
Für junge Jüdinnen und Juden gehöre Antisemitismus heute zum Alltag, erklärte Pastuhoff. „Man überlegt sich, ob es noch sicher ist, gewisse Orte zu betreten.“ Auch Fälle von tätlichen Angriffen seien ihr bekannt. Seit Wochen habe sie sich auf den Israel-Tag auf dem Schadowplatz gefreut. „Jüdinnen und Juden möchten nicht immer für Israel sprechen.“ Doch oft werde es gesellschaftlich von ihnen gefordert.
Der Israel-Tag sei eigentlich immer gut besucht. Viele Bekannte hatten sie in diesem Jahr allerdings gefragt, ob es sicher ist, dort hin zu kommen, so die Studentin. „Wir haben ein Recht darauf, offen jüdisch zu sein. Aber wir haben nicht die Sicherheit, uns als jüdisch zu zeigen. Für viele von uns ist Israel der einzige sichere Hafen, in dem wir dieses Recht bedenkenlos ausleben können“, betonte Pastuhoff.
„Es geht nur mit Begegnungen“
„Seit dem 7. Oktober ist die Angst spürbar“, berichtete Naomi von der jüdischen Hochschulgruppe Düsseldorf. Einige jüdische Studierende trauten sich sogar nicht mehr in Seminare. Ereignisse wie die Demo an der HSD tragen dazu bei, sagte sie: „Dabei gab es Aufrufe zur Intifada“. Die Polizei hatte die Demo als friedlich bewertet, „aber das ist ein Aufruf zur Gewalt gegen jüdische Menschen!“
Ein Problem bestehe auch darin, dass teilweise das Wissen um Ausdrucksweisen von Antisemitismus fehle, mutmaßte Naomi. Helfen könne, dass es unter anderem in der von der jüdischen Gemeinde getragenen Beratungsstelle „Sabra“ Menschen mit großer Fachkenntnis darüber gebe. Diese könnten womöglich ihr Wissen weitergeben. Außerdem wünschte sie sich mehr Förderung für die Beratungsstellen: „Sie machen sehr gute Arbeit.“
„Wir leben immer mit Angst“, erklärte Miél Rachel Koenigshaus. In der aktuellen Situation habe sich dies noch gesteigert. Koenigshaus ist die Düsseldorfer Vorsitzende der „Women‘s International Zionist Organisation“ (WIZO). Insbesondere von radikalen jungen Menschen gehe aktuell ein großer Hass aus , sagte sie. Um dem beizukommen, sieht sie eine Möglichkeit: „Es geht nur mit Begegnungen“. Wenn jüdische und nicht-jüdische Menschen einander begegnen, in Dialog kommen, ihre Kultur und Lebensweise kennen lernen, dann könne das auch gegen den Hass wirken. Gerne hätte sie es, wenn dafür ein fester Raum zur Verfügung stünde. Bisher habe dies aber leider nicht geklappt.
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