Düsseldorf. Die Fußball-Europameisterschaft ist vorbei. Die Wirte in der Düsseldorfer Altstadt ziehen eine gute Bilanz. Doch es gibt auch Knackpunkte.

Die Fußball-Europameisterschaft entwickelte sich in der Landeshauptstadt Düsseldorf zu einer 31 Tage langen Party. Eine Viertelmillion Besucherinnen und Besucher, die sich – von kleineren Querelen zwischen englischen und deutschen Fans einmal abgesehen – auf‘s Allerbeste präsentiert haben und denen sich auch Düsseldorf von seiner besten Seite gezeigt hat. Trotz eher durchwachsenem Wetter. Doch wie blickt eigentlich die Gastronomie auf die vergangenen vier Wochen Fußball? Wir haben nachgefragt.

Düsseldorfer Gastronomie: eine Erfolgsgeschichte zur EM?

Der Branchenverband Dehoga Nordrhein teilt mit, dass innerhalb der Stadt vor allem „die Beherbungsbetriebe sowie die getränkeorientierte Gastronomie“ profitiert hätten. Tatsächlich hätten die Fans die Altstadt bevorzugt und dort ihr Geld gelassen. „Daraus resultiert eine zum Teil deutliche Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, die ausschließlich durch außerstädtische und ausländische Gäste hervorgerufen wurde“. Andere Stadtbezirke hätten diesen Effekt jedoch nicht zu verzeichnen gehabt, so die Dehoga. Die EM-Partys waren also vor allem ein Phänomen der Altstadt.

EM in der Retematäng „mega witzig!“

Daniel Vollmer, Chef der Retematäng-Bar hat die Europameisterschaft genossen, „mega witzig – sportlich, aber auch für die Gäste.“ Klar, dass die „auch die Umsätze spitzenmäßig waren“. Aber besonders beeindruckt hat den ehemaligen Schickimicki-Chef die „friedliche Stimmung mit Menschen aus aller Herren Länder: es gab einen Trikottausch mit Schotten, wir hatten 80 Ukrainer gleichzeitig im Laden, viele Österreicher, Schweizer, Kroaten... Alles blieb friedlich, alle hatten Durst.“ Sein Fazit: „Hat sich angefühlt wie vier Wochen Karneval – aber jetzt brauchen wir erstmal Urlaub.“

Hans-Peter Schwemin von der Brauerei Kürzer gibt zu, dass er anfangs skeptisch war: „Wir haben hier mit Fußballfans auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, deswegen war ich eher verhalten.“ Als dann aber die Schotten kamen, habe sich das geändert: „War schon nett alles“, sagt der Braumeister.

„Gerade in der Vorrunde, als viele Anhänger eher zum Feiern hier waren und gar keine große Erwartungen ans Weiterkommen hatten, hat sich das gut angefühlt.“ Und gelohnt hat es sich eben auch: „Klar, wenn da dreihundert durstige Schotten stehen, dann ist das natürlich schon was.“ Insgesamt also ein positives Fazit aus dem Kürzer.

Gastronom Walid El Sheikh zieht eine gemischte Bilanz

Walid El Sheikh, ehemaliger Sprecher der Altstadtwirte, der mittlerweile sieben Lokale in Düsseldorf betreibt, stimmt zwar zu, dass die EM für die Läden, die „monothematisch auf Bier und Fußball setzen“ auch einen ökonomischen Erfolg bedeutet habe. Insgesamt aber sei das Bild dann doch etwas differenzierter. „Die Open-Air-Betriebe, wo auch Public-Viewing angeboten wurde, haben natürlich profitiert. Auch wir haben teilweise mitgemacht und Fußball übertragen.“ Das Problem daran: „Während der EM haben gerade die Kunden, die der EM aus dem Weg gehen wollten, die Innenstadt eher gemieden.“ Das heißt, dass die Betriebe der gehobenen Gastronomie unterm Strich eher unter der EM gelitten hätten. „Die Abkehr vom Regelgeschäft lief nicht in jedem Fall optimal“, fasst der Erfolgs-Gastronom zusammen.

Doch auch El Sheikh kann mit einem positiven Fazit aufwarten: „Zunächst einmal hat die Stadt sehr gut kommuniziert“. Es habe eine gute Planung gegeben und die wurde dann auch umgesetzt.“ Außerdem habe – „anders als die Deutsche Bahn“ – die Rheinbahn einen exzellenten Job gemacht. „Die Rheinbahn kam mit den vielen zusätzlichen Fahrgästen problemlos klar.“

Insgesamt sei das Event in Düsseldorf „organisatorisch hervorragend gelaufen. Davon wird Düsseldorf noch langfristig profitieren.“ Insbesondere die vielen auswärtigen Gäste haben gemerkt, „dass man Düsseldorf gut erleben kann.“ Der Nutzen der EM liegt nach Ansicht El Sheikhs also weniger im unmittelbaren Fußballgeschäft, sondern eher im Stadtmarketing.

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IHK Düsseldorf: „EM war ein absoluter Imagegewinn für den Wirtschaftsstandort Düsseldorf“

Auch Guiseppe Saitta, Kreisvorsitzender der Dehoga und bekannter Gastronom in Oberkassel, ist zuversichtlich und glaubt, dass „viele der Gäste, die Düsseldorf als Fußballfans kennengelernt haben, in Zukunft die Stadt erneut besuchen werden.“ Gregor Berghausen von der IHK Düsseldorf stößt ins gleiche Horn. Er gibt zu Protokoll: „Das sportliche Großevent war ein absoluter Imagegewinn für den Wirtschaftsstandort Düsseldorf. Denn die Stadt hat das Motto ‚Everybody‘s Heimspiel‘ durch ihre Willkommenskultur mit Leben gefüllt und vielen Gästen einen erneuten Besuch schmackhaft gemacht.“

Auch wenn genauere Daten erst noch evaluiert werden müssen, fest steht nach IHK-Ansicht schon jetzt: „Das Turnier bot der Stadt und ihren Unternehmen die Chance, sich auf der Weltbühne zu präsentieren.“ Und diese Chance habe Düsseldorf glänzend genutzt. Genau deswegen wünscht sich die IHK „mehr solcher Großveranstaltungen mit internationaler Strahlkraft in unserer Stadt“.

Fehl-Digitalisierung könnte sich als Hindernis für Destination Düsseldorf werden

Derweil gibt es, so El Sheikh, durchaus Abzüge in der B-Note. Es ist die Frage nach der Digitalisierung. Der Altstadtwirt sagt: „Mir haben das zahlreiche internationale Gäste gespiegelt: Es irritiert, dass in so vielen Berieben auf eine Cash-only-Politik gesetzt wird.“ Internationale Gäste – „egal ob aus England, Albanien oder Rumänien“ – seien in El Sheikhs Bars geradezu dankbar gewesen, dass sie hier mit allen möglichen Zahlungsmitteln die Zeche begleichen konnten.

Das sei kein Düsseldorfer Problem, sondern ein gesamtdeutsches. „Es ist alles so unglaublich kompliziert.“ Ein Beispiel: „Wenn ich Kunden ermöglichen möchte, mit der Karte Trinkgeld zu geben, muss ich das mit dem Zahlungsdienstleister klären, muss ich das mit dem Finanzamt klären. Prinzipiell ist freiwilliges Trinkgeld steuerfrei, zumindest dann, wenn der Gast es dem Kellner direkt übergibt. Wenn das Trinkgeld aber über die Karte gegeben wird, landet es ja erstmal beim Zahlungsabwickler.“

Damit man das dann nicht versteuern muss, müsste man das wieder rausrechnen. Und es gäbe noch viele weitere Beispiele, „wo die Regelungen für eine an sich einfache Sache einen enormen Mehraufwand hervorrufen. Deswegen nehmen viele meiner Kollegen Abstand von anderen Zahlungsmethoden.“

Wenn sich hier etwas verändern würde, wenn es nicht so ungeheuer kompliziert sein würde, in Deutschland bargeldlos zu zahlen oder fahrscheinlos Zug zu fahren, dann wäre das EM-Fazit nur noch positiv. „Die Menschen werden wiederkommen.“ Wenn sie jetzt auch noch ohne Abstriche ihr Geld hierlassen können, dann sei Düsseldorf eine echte Destination für auswärtige Besucher. „Das hat das Stadtmarketing allein bisher nicht hinbekommen“, so El Sheikh.

Ein Fazit lautet also: Die EM mag in erster Linie gar so viel Geld gebracht haben, sie hat Düsseldorf aber auf die Landkarte internationaler Gäste gesetzt. Und das ist doch erstmal eine gute Nachricht.

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