Düsseldorf. Personalmangel und Stress zehren an Lehrkräften. Auch in Düsseldorf macht sich die Situation inzwischen bemerkbar. Zwei Lehrerinnen erzählen.
„Ich bin erschrocken, wie oft Lehrer vor mir sitzen und weinen, die einfach nicht mehr können“, erzählt Monika Maraun von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Die Leiterin der katholische Grundschule St. Paulus in Düsseldorf weiß, wovon sie spricht. Neben ihrer Tätigkeit als Schulleiterin und Grundschullehrerin ist Maraun auch Sprecherin der örtlichen Fachgruppe für Gewerkschaft, Erziehung und Wissenschaft. Als Personalrätin erfährt sie dort von den Schicksalen ihrer Kolleginnen und Kollegen aus erster Hand.
Die Situation der Lehrkräfte in Düsseldorf ist, wie auch im Rest von NRW, gravierend schlecht: Bei einer Umfrage im Mai 2024, die den Grad der individuellen Überlastung von Lehrern messen sollte, gaben die Pädagogen an, auf einer Skala von null bis zehn (0 = keine Belastung; 10 = extreme Überlastung) im Durchschnitt bei 8,2 zu liegen. Insgesamt wurden knapp 24.000 Lehrkräfte in NRW über alle Schulformen hinweg befragt.
„Das ist ein besorgniserregendes Ergebnis“, findet nicht nur die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, sondern auch das Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft. Das Bündnis hatte daher zu einem Pressegespräch eingeladen, um über die verheerende Situation an Schulen aufmerksam zu machen. „Die Situation an Düsseldorfer Schulen ist zum Zerreißen angespannt“, heißt es in einem Statement.
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„Die Belastungssituation für Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen steigt kontinuierlich an und bringt sie ans absolute Limit“, erklärt Sylvia Burkert, ebenfalls ehemalige Lehrerin, die heute im Leitungsteam der GEW Düsseldorf sitzt. Sie beleuchtet, was der Fachkräftemangel an Schulen konkret bedeutet: Laut Schullministerium NRW konnten insgesamt nur drei von vier Unterrichtsstunden gemäß Stundenplan erteilt werden. Bei beispielsweise 32 Unterrichtsstunden pro Woche bedeutet diese Zahl, dass knapp acht Stunden im Schnitt pro Woche ausfallen.
Lehrkräftemangel an Düsseldorfer Schulen: Fachfremde Lehrer sind keine Ausnahme
Der immense Fachlehrermangel schlägt sich auch darin nieder, dass ein hoher Bedarf an Vertretungslehrern besteht. Die sogenannten „Alltagshelfer“ unterstützen die Schule bei Randfächern wie Sport, Religion und Sachkunde. Dabei haben die Vertretungslehrer nicht immer die erforderlichen Qualifikationen für die Unterrichtsfächer.
Häufig sind die Vertretungslehrer Lehramtsstudenten, aber Maraun hatte auch schon Gespräche mit fachfremden Bewerbern, darunter auch ein Landschaftsgärtner und eine Fußpflegerin. „Langfristig wird es keine Fachlehrer mehr geben“, stimmt ihr Patricia Ollesch zu, Sprecherin der Fachgruppe für Hauptschulen von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die gleichzeitig Lehrerin an der Hauptschule Bernburger Straße ist: „Fachfremdes Unterrichten wird dann zur Normalität werden.“
Die Belastung der Lehrer, die sie im normalen Berufsalltag erfahren, ist groß. Klassen mit 30 Kindern, Langzeit erkrankte Kolleginnen und Kollegen, ständiges Einspringen, ein immer steigender Bedarf bei Kindern nicht nur an Bildung, sondern an Erziehung und Wertevermittlung, das zehrt an der Substanz der Pädagogen.
Schulpolitik in Düsseldorf: „Die Bedingungen des Lehrerberufs haben sich verändert“
Maraun berichtet, dass „eine Vollzeit Stelle als Lehrerin kaum mehr machbar“ sei. „Die Arbeit hat sich in den letzten zehn bis zwanzig Jahren stark verändert“, erklärt Maraun: „Der Arbeitsweg kann heute problemlos bis zu 50 Kilometer, Teilzeit ist nur möglich bei einem Anspruch auf Kinderbetreuung oder wegen eines Pflegefalls. Wenn jemand Teilzeit fordert, womöglich aufgrund physischer Belastung, wird man gezwungen, den Weg zum Amtsarzt anzutreten. Das war früher alles anders.“
Maraun unterstreicht, was sich heute alles verändert hat: „Wir haben die Eltern heute nicht mehr als Mitstreiter. Die Gesellschaft verändert sich und wir Lehrer? – Wir sind nur Dienstleister“. Das liege vor allem daran, dass meist beide Elternteile voll arbeiten gehen und am Ende weniger Zeit für die Kinder bleibt als früher. Damals haben es sich die Leute leisten können, dass einer Zuhause bleibt. „Den Unterschied merken wir in den Schulen deutlich.“
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Die Konsequenz: Viele Lehrer hören auf – trotz Verbeamtung. Der Beruf sei nicht mehr attraktiv genug. Maraun erzählt aus ihrer Personalratstätigkeit, dass viele einfach nicht mehr können. „Die Endlosschleife hört nicht auf. Es sind zu wenig Fachlehrer da, es kommen keine nach und die wenigen, die durchhalten, brennen aus. Am Ende des Schuljahres sind viele der Kollegen einfach am Ende.“
„Die Luft ist vor den Sommerferien immer raus“, sagt Maraun. Dadurch mache man letztlich die Pädagogen, die noch da sind, auch kaputt. „Jeder Berufsanfänger, der mit den besten Intentionen in den Lehrerberuf startet, wird systematisch ausgebrannt. Und das geht heute viel zu schnell.“
Forderungen des Bündnisses für ein sozial gerechtes Düsseldorf
Gegen den gravierenden Lehrkräftemangel möchte das Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft vorgehen und kämpft für mehr Lehrkräfte an Düsseldorfer Schulen. Vom Rat der Stadt fordern sie daher, dass mehr Einnahmen generiert werden müssen. Befürchtet werden sonst bei fehlenden Investitionen weitere Verschlechterungen an den Düsseldorfer Schulen.
Wie das gehen soll, hat sich das Bündnis auch bereits überlegt: Von Bund und Land sollen eine Vermögenssteuer für Multimillionäre eingeführt und die Erbschaftssteuer reformiert werden. Auch der Rat der Stadt Düsseldorf soll selbst tätig werden und den kommunalen Gewerbesteuersatz erhöhen. Durch diese Maßnahmen ließen sich die „zahlreichen sozialen, infrastrukturellen und ökologischen Herausforderungen meistern,“ laut dem Bündnis für ein sozial gerechtes Düsseldorf.
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