Der Druck der Staatslenker wirkte: Vor dem EU-Gipfel ist der Streit um die Bankenaufsicht beendet. Fokus jetzt auf längerfristige Reformen.

Brüssel. Der Kompromiss zur gemeinsamen Bankenaufsicht hat die Gipfel-Stimmung der europäischen Staats- und Regierungschefs deutlich gebessert. „Ich bin zufrieden, weil wir haben wider Erwarten liefern können“, bilanzierte der luxemburgische Premier und scheidende Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Donnerstag in Brüssel unmittelbar vor Beginn des zweitägigen Spitzentreffens. „Und eigentlich wird der Europäische Rat (Gipfel) fast gerettet durch die 27 Finanzminister.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zuversichtlich über die Aussichten des Gipfels. „Ich freue mich auf die Beratungen“, sagte sie am Rande eines Treffens der konservativen Europäischen Volkspartei in Brüssel. „Alles Weitere werden wir sehen.“ Am Vormittag hatte die Kanzlerin in einer Regierungserklärung im Bundestag weitere Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum gefordert. Dazu sei mehr wirtschaftspolitische Koordinierung nötig.

Die Staatenlenker wollten vor allem über den Umbau der Eurozone beraten. Das berührt über die Bankenaufsicht hinaus Langfristvorhaben wie individuelle „Reformverträge“ zwischen Eurostaaten und den EU-Institutionen oder den eigenen Haushalt für die Eurozone. Da Berlin langfristige Festlegungen vermeiden wolle, werde nicht mit Grundsatzentscheidungen gerechnet, berichteten Diplomaten.

Der schwedische Premier Fredrik Reinfeldt begrüßte ausdrücklich, dass Gipfelchef Herman Van Rompuy die vorbereitete Abschlusserklärung des Spitzentreffens entschärfte und einen konkreten Mehrstufenplan zur Vertiefung der Währungsunion in der Versenkung verschwinden ließ. „Das macht das Treffen einfacher.“ Es sei besser, sich auf die Bankenaufsicht zu konzentrieren, und nicht auf weitreichende Zukunftsvorhaben.

Ein weiteres positives Zeichen für das Mammuttreffen war die Freigabe von Milliarden-Hilfen an das krisengeschüttelte Griechenland. Die Euro-Finanzminister beschlossen, die dringend benötigten Notkredite von insgesamt 49,1 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm EFSF an Athen zu geben.

EU-Veteran Juncker resümierte, die Krise sei noch nicht ausgestanden. „Sie hat sich abgeschwächt, aber niemand sollte so tun, als ob wir am Ende Ende all unserer Mühen wären.“ Auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso hatte an die 27 Staatenlenker appelliert, nicht den Sinn für die Dringlichkeit der Krisenbekämpfung zu verlieren. Große Sorge macht die Rekordarbeitslosigkeit in der Union mit 25 Millionen Menschen ohne festen Job.

Auf die Frage, wann seine Nachfolge an der Spitze der Eurogruppe geregelt werden solle, meinte Juncker: „Je schneller umso besser.“ Der 58 Jahre alte Christdemokrat will Ende Januar das Brüsseler Amt vorzeitig aufgeben, ein Nachfolger für den Prestigeposten steht bisher nicht bereit.