Bei der Schaffung einer einheitlichen Kontrolle zeichnet sich ein Kompromiss ab. Kreise erwarten beim Finanzministertreffen einen Durchbruch.
Berlin/Brüssel. Die Chancen auf einen Durchbruch in den Verhandlungen der EU-Finanzminister über eine bei der Europäischen Zentralbank (EZB) gebündelte Bankenaufsicht sind nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen hoch.
„Wir hoffen heute auf einen Durchbruch bei den EU-Finanzministern“, hieß es am Mittwoch in den Kreisen. Es habe seit dem letzten Treffen vor einer Woche eine intensive Abstimmung zwischen dem deutschen und dem französischen Finanzministerium gegeben.
Bei der Frage, welche Banken die EZB künftig kontrollieren solle, könne bei dem Treffen am Nachmittag in Brüssel über eine Einigung gesprochen werden. In Kreisen des Bundesfinanzministeriums hieß es ergänzend, man sei sich in den Streitfragen nähergekommen.
In der Bundesregierung hieß es weiter, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe sich am Morgen im Bundeskabinett ebenfalls optimistisch über Lösungsmöglichkeiten geäußert. Medienberichten zufolge stehen die Grundzüge einer deutsch-französischen Einigung.
Demnach bleiben die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken unter nationaler Kontrolle – wie es Schäuble stets gefordert hatte. Die EZB soll aber das Recht bekommen , in begründeten Fällen die Aufsicht an sich zu ziehen. Nur Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro und Institute, deren Geschäftsvolumen mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Heimatlandes ausmacht, sollen an die Leine der neuen Aufsicht bei der EZB gelegt werden.
Auch im zweiten Schlüsselkonflikt haben sich Deutschland und Frankreich laut „Süddeutscher Zeitung“ geeinigt. Dabei geht es um die geldpolitische Unabhängigkeit der EZB, die aus deutscher Sicht nicht angetastet werden darf. Der Vorschlag der zyprischen Ratspräsidentschaft sieht laut Diplomaten nach wie vor vor, dass der EZB-Rat auch in den Aufsichtsentscheidungen das letzte Wort behält - für Schäuble ist das nicht hinnehmbar.
Im Bundesfinanzministerium wurde zugleich aber davor gewarnt, das Thema für erledigt zu erklären. „Das Ding ist komplex und das Baby noch nicht in trockenen Tüchern“, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person. Auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, es sei noch unklar, wie einige Nicht-Euro-Länder, vor allem Großbritannien, Schweden und Tschechien, eingebunden würden.
Die Bankenaufsicht ist eine der wichtigsten Baustellen der Eurozone. Denn sobald sie effektiv arbeitet, soll sie direkte Hilfe für strauchelnde Banken aus dem Rettungsfonds ESM möglich machen. Bislang müssen die betroffenen Staaten dafür mit Milliardenbürgschaften gerade stehen – wodurch sie von ihren Geldhäusern in die Schuldenfalle gezogen werden.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen diesen Teufelskreis durch die direkte Bankenhilfe durchbrechen. Sie haben den Finanzministern den Auftrag gegeben, bis Ende des Jahres den rechtlichen Rahmen für die Bankenaufsicht zu vereinbaren. Schaffen Schäuble und seine Kollegen am Mittwoch nicht den Durchbruch, wird sich der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag mit dem Thema befassen müssen.