Die 27 EU-Finanzminister vertagen sich auf nächste Woche - Berlin und Paris streiten über Unabhängigkeit der EZB und Ausmaß der Kontrolle.
Brüssel. Die Verhandlungen über den Aufbau einer zentralen europäischen Bankenaufsicht sind vorerst gescheitert und auf einen späteren Termin im Dezember vertagt worden. Es werde noch Zeit gebraucht, sagte der zyprische Finanzminister und Ratsvorsitzende Vassos Shiarly nach dem Treffen der 27 Ressortkollegen am Dienstag. Die Fronten blieben in Brüssel verhärtet und ein Durchbruch nicht in Sicht.
Deshalb schlug er ein Sondertreffen der Kassenhüter in der kommenden Woche (12. Dezember) vor. Finden die EU-Finanzminister auch dann keine Lösung, müssten die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel (13./14. Dezember) entscheiden
Während Brüssel und Paris aufs Tempo drücken, damit die Aufsicht schon zum neuen Jahr starten kann, bekräftigen Berlin und Stockholm ihre massiven Vorbehalte. Bei der Sicherung der geldpolitischen Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) könne es „keinen Kompromiss geben“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Eine „chinesische Mauer“ zwischen Aufsicht und Geldpolitik sei eine „absolute Notwendigkeit“.
Die Pläne der Kommission sehen vor, dass die neue Überwachungsinstitution bei der EZB angesiedelt wird. Dafür soll ein Kontrollgremium eingerichtet werden, dass alle 6000 Banken beaufsichtigen müsse. „Wir wollen ein System, das alle Banken erfasst, und das unter der finalen Kontrolle der EZB steht“, sagte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici.
„Das letzte Entscheidungsrecht kann nicht beim EZB-Rat liegen, sonst gibt es keine Unabhängigkeit“, hielt Schäuble dagegen. Und das sei nicht im deutschen Interesse. Er betonte überdies, dass der Bundestag dem Projekt zustimmen müsse. Und das wäre „sehr schwierig, wenn die Kontrolle aller deutschen Banken in die Hand einer Zentralaufsicht gelegt“ werde.
Zwar wolle Deutschland nicht bremsen und eine Lösung sei notwendig, beteuerte Schäuble. Und wenn es am Dienstag keinen Durchbruch gebe, sei er bereit, so schnell wie möglich eine Einigung zu finden. „Aber niemand sollte hoffen, dass wir eine Lösung durch Zeitdruck finden. Wenn wir Fehler machen, wäre das nicht zu verantworten.“
Die Staats- und Regierungschefs hatten sich darauf geeinigt, dass der rechtliche Rahmen für die Bankenaufsicht bis zum Ende des Jahres stehen soll. Vor allem von den Krisenländern wird das Instrument herbeigesehnt. Denn sobald die Aufsicht funktioniert, soll sie direkte Bankenhilfe aus dem Rettungsfonds ESM ermöglichen. Dann würden Milliardenspritzen für die Banken nicht länger die betroffenen Staaten tiefer in die Schuldenfalle treiben – weil sie nicht mehr bezahlen müssten.
Stattdessen würde der ESM einspringen – und damit letztlich die Steuerzahler der solventen Länder. Ein Antrag auf direkte Milliardenhilfe für strauchelnde Banken wäre für die Bundesregierung vor der Bundestagswahl in einem Dreivierteljahr jedoch höchst unbequem.