Trotz Rekordtief haben die EU-Notenbanker eine erneute Senkung diskutiert. Für 2013 erwarten die Währungshüter ein weiteres Rezessionsjahr.

Frankfurt/Main. Trotz rekordtiefer Zinsen hat die Europäische Zentralbank (EZB) über eine weitere Senkung beraten. „Wir hatten eine breite Diskussion“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt.

„Am Ende war die vorherrschende Meinung, dass wir die Zinsen unverändert lassen.“ Sie liegen derzeit bei 0,75 Prozent. Viele Experten rechnen im kommenden Jahr wegen der Konjunkturkrise mit einer Senkung auf 0,5 Prozent.

Die EZB denkt auch darüber nach, die Guthaben der Banken mit einem Strafzins zu belegen. Das könnte die Geldinstitute dazu bewegen, ihr Geld an Unternehmen zu verleihen und damit die Wirtschaft anzukurbeln anstatt es bei der EZB zu parken. Entschieden sei jedoch noch nichts, betonte Draghi: „Es gibt nichts Neues dazu“, sagte der Zentralbankchef. „Wir stehen operativ bereit, aber die Debatte zu diesem Punkt ging nicht in die Tiefe.“ Die Komplexität und mögliche „unbeabsichtigten Folgen“ einer solchen Maßnahme seien erörtert worden. Derzeit liegt der Einlagezins bei null Prozent.

EZB: 2013 weiteres Rezessionsjahr in Euro-Zone

Für 2013 sagen die Notenbanker ein weiteres Rezessionsjahr für die Euro-Zone voraus. Das Bruttoinlandsprodukt werde voraussichtlich um 0,3 Prozent fallen. Noch im September hatte die Notenbank mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. In diesem Jahr soll die Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent schrumpfen.

„Die wirtschaftliche Schwäche in der Euro-Zone dürfte bis in das nächste Jahr hineinreichen“, sagte Draghi. „Im späteren Verlauf von 2013 sollte sich die wirtschaftliche Aktivität allmählich erholen.“ Die globale Nachfrage dürfte dann anziehen. Auch die lockere Geldpolitik der Zentralbank und das verbesserte Vertrauen an den Finanzmärkten sollten sich positiv auswirken. 2014 könnte es dann ein Wachstum von 1,3 Prozent geben.

EZB rechnet 2013 mit stabilen Preisen

Entspannung erwartet die EZB an der Preisfront. Die Inflationsrate soll im kommenden Jahr im Schnitt auf 1,6 Prozent fallen – von 2,5 Prozent in diesem Jahr. Damit würde es nach EZB-Definition stabile Preise geben, die sie bei Werten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet sieht. Für 2014 werden 1,4 Prozent vorhergesagt.

Die Ökonomen des Euro-Systems – also der EZB und der nationalen Notenbanken der Währungsunion – erstellen ihre Projektionen vierteljährlich. Obwohl sich der EZB-Rat die Vorhersagen der Ökonomen offiziell nicht zu eigen macht, kommen ihnen sowohl bei den Zinsentscheidungen als auch als Signal für mögliche künftige Schritte der Währungshüter erhebliche Bedeutung zu.

EZB-Chef Draghi: Bald Einigung bei Bankenaufsicht

EZB-Chef Draghi sieht die geplante europäische Bankenaufsicht trotz politischer Hürden nicht in Gefahr. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bald eine Einigung erzielen werden“, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. „Alle sind sich einig, dass wir eine Lösung wollen.“

Deutschland wehrt sich dagegen, dass die neue Aufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) alle 6000 Geldhäuser in den 17 Euro-Ländern kontrollieren soll. Bei ihrem Treffen Anfang dieser Woche konnten die Finanzminister der 27 EU-Staaten strittige Punkte nicht ausräumen. Bis Jahresende soll der rechtliche Rahmen stehen, damit die Aufsicht 2013 starten kann.