Die Verkaufszahlen des Elektronikherstellers sind glänzend. Allerdings trüben der Patentstreit mit Apple und Kinderarbeit-Vorwürfe das Bild.

Berlin. Das Interesse von Fachbesuchern und Verbrauchern an der Technik-Messe IFA in Berlin ist offensichtlich ungebrochen. Die Veranstalter der seit Freitag für Besucher geöffneten Schau sind nach eigenem Bekunden „sehr zufrieden“, wie der Aufsichtsratsvorsitzende der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, Rainer Hecker, am Sonntag sagte.

Nicht nur supersparsame Hausgeräte stehen auf dem Ausstellungsgelände unter dem Berliner Funkturm im Fokus. Auch Smartphones und Tablets ziehen die Blicke der Besucher auf sich. Theoretisch ist die Branchenschau somit auch für den südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung die perfekte Gelegenheit, zu zeigen, was er zu bieten hat. Das ist eine ganze Menge.

+++IFA 2012: Technologien für eine smarte Welt+++

+++Fernsehsender gleichen Lautstärke an+++

Vor allem bei Geräten für mobile Telefonie- und Internetanwendungen ist der Anbieter aus Fernost derzeit auf der Überholspur, auch auf dem deutschen Markt: Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ unter Berufung auf Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Sonntag vorab berichtete, erreichten die Südkoreaner für Juni mit ihren Galaxy-Handys einen Verkaufsanteil von 53 Prozent. Im Februar seien es noch 37 Prozent gewesen. Rivale Apple fiel im selben Zeitraum von 22 auf 16 Prozent Marktanteil zurück.

Allen Grund zum Jubeln für die Koreaner also, wäre da nicht der juristische Dauerclinch mit dem ewigen Rivalen Apple. Beim Bundesbezirksgericht im kalifornischen San José stellte der US-Konzern Ende der Woche den Antrag, vier weitere Produkte von Samsung in den USA zu verbieten. Darunter befindet sich auch das neue Smartphone Galaxy S III des südkoreanischen Herstellers.

Apple hatte bereits in seiner Klage vom April 17 Samsung-Produkte aufgelistet, die gegen Apple-Patente verstoßen sollen. Nun legte der Konzern eine Liste mit 21 Produkten vor. Am 24. August hatte ein US-Geschworenengericht Samsung wegen Kopierens von Apple-Designs zu einer Zahlung von 1,05 Milliarden Dollar (835 Millionen Euro) verurteilt.

Am Wochenende holte Samsung zum Gegenschlag aus. „Apple zieht es weiterhin vor, Rechtsstreitigkeiten auszufechten, statt sich dem Wettbewerb zu stellen, um die Auswahl für die Verbraucher einzuschränken“, hieß es in einer Stellungnahme der Koreaner, die prompt Gegenwehr in Form von allen „notwendigen rechtlichen Maßnahmen“ ankündigten.

Und noch eine weitere Baustelle tut sich für sie mitten im Messetrubel auf: Der Elektronikkonzern lasse in chinesischen Fabriken angeblich Kinder für sich arbeiten, berichtet „Der Spiegel“ unter Berufung auf einen Report der US-Nichtregierungsorganisation China Labor Watch. Demnach herrschten in sechs firmeneigenen Samsung-Fabriken in China haarsträubende Arbeitsbedingungen. In drei der untersuchten Fabriken soll dem Bericht zufolge sogar Kinderarbeit an der Tagesordnung sein. Samsung versprach dem nachzugehen.

Das ist nicht gerade förderlich für das Image des Herstellers, der sich in Europa gerade anschickt, am Mythos von Apple als smarter „Kultmarke“ zu rütteln. Da hilft es wenig, dass Computer-Hersteller Acer in Fragen der Bedienbarkeit Samsung in einem Atemzug mit Apple nennt, wenn es um Vorbilder für möglichst intuitive Bedienkonzepte für die eigenen Produkte von morgen geht. Sogar berührungsempfindliche Computerbildschirme nach dem Vorbild von iPhone und Co möchte Acer auf den Markt bringen. Zur Zeit ist das aber noch Zukunftsmusik, wie so vieles anderes auf der IFA.

Um Zukunftstrends der Branche geht es am Montag und Dienstag (3. und 4. September) auch auf der Internationalen Medienkongress ICC in Berlin. Experten aus der Medienbranche, darunter der Vorstandsvorsitzende der ProSiebenSat.1 Media AG, Thomas Ebeling, und der britische Twitter-Chef Tony Wang kommen dort zusammen, um sich über Branchentrends auszutauschen. Das Leitmotto der Tagung könnte auch mit Blick auf Samsung nicht besser sein: Es lautet „Digitale Werte“.

Fernsehen à la Google: IFA bietet ersten Eindruck

Google will nicht nur auf die kleinen, sondern auch auf die großen Bildschirme: Der Konzern hat mit Google TV eine Plattform entwickelt, die den Fernseher zum Internet-Rechner macht. Auf der IFA können sich Verbraucher in Deutschland erstmals ein Bild davon machen, wie die vernetzte TV-Zukunft aus Sicht von Google aussehen soll – zumindest, wenn sie die nicht besonders prominent präsentierten Geräte finden.

Mit Google TV hat der Konzern ein System entwickelt, das Fernseher und Set-Top-Boxen Internet-tauglich macht. Online-Dienste wie YouTube und ein Browser starten auf Tastendruck; mit Apps lassen sich die Geräte erweitern, zum Beispiel um Spiele, Nachrichten oder die Wettervorhersage. Die Software, die auf dem Mobil-Betriebssystem Android basiert, ist außerdem für die Steuerung mit der Fernbedienung angepasst.

Protest auf der IFA

Mit Transparenten und Parolen haben Gewerkschafter auf dem IFA-Stand der Deutschen Telekom gegen Arbeitsbedingungen bei T-Mobile USA protestiert. An der Aktion am Sonnabend hätten etwa 20 Aktivisten teilgenommen, sagte Gisela Neunhöffer von der Kampagne zur Unterstützung der ver.di-Schwestergewerkschaft CWA in den USA. Die Demonstranten verteilten Info-Material an Messebesucher, ehe sie ihre Aktion beendeten.

„Wir finden es nicht in Ordnung, dass die Telekom auf der IFA eine schöne Fassade präsentiert, während unseren Kolleginnen und Kollegen in den USA elementare Rechte verweigert werden“, kritisierte Tomas Lenk in einer Pressemitteilung. Beschäftigte bei T-Mobile USA seien „einem extremen, krank machenden Leistungsdruck“ ausgesetzt. Missliebige Call-Center-Mitarbeiter würden Schikanen ausgesetzt, es gebe weder schriftliche Arbeitsverträge noch einen Kündigungsschutz. Von der Deutschen Telekom gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Vorwürfen.

Neuheiten auf der Ifa

Auf einer Rekord-Ausstellungsfläche von 142 200 Quadratmetern findet seit Freitag in Berlin die 52. Internationale Funkausstellung (Ifa) statt. Dominiert wird die Messe in diesem Jahr von zwei großen Trends: Sparen und Vernetzen. Alle Geräte sollen weniger Strom verbrauchen und über das Internet miteinander und mit ihrem Besitzer kommunizieren. Die ganz große technische Revolution bleibt dabei allerdings aus. Was die Aussteller zeigen, ist vor allem der Feinschliff bei den großen Trends.

Sat-TV für Tablets

Es ist nicht einfach, Satellitenfernsehen auch auf die TV-Bildschirme im Arbeits- oder Schlafzimmer zu bringen. Dazu müssen erst mühsam Antennenkabel verlegt werden. Eine Lösung bietet devolo mit seinem Dual Tuner an. Das Gerät kann digitales Satelliten-TV über die Stromleitung im ganzen Haus verteilen und auf Fernseher oder Tablets leiten.

Tippen auf Bambus

Der deutsche Zubehöranbieter Hama zeigt auf der Ifa neue Produkte seiner vor einem Jahr eingeführten "EcoLine". Zu sehen gibt es unter anderem Handy-Hüllen aus Kork und Kokosstroh sowie optisch recht auffällige Tastaturen und Computermäuse aus Bambus. Beide gibt es jeweils in einer Funk- und einer Kabelvariante. Die Funk-Mäuse sind ab 30 Euro zu haben, das Bambus-Keyboard kostet etwa 70 Euro.

Laserkanone

Eine Kanone im Kleinformat hat im Schlafzimmer gerade noch gefehlt. Der deutsche Hersteller TFA Dostmann bietet sie mit der Time Gun (etwa 45 Euro) an. Der Funkwecker zeigt Uhrzeit, Datum und Wochentag nicht auf einem Display an, er wirft sie als Projektion an die Wand. Bis zu sechs Meter weit reicht der Laser aus der 19 mal 15 Zentimeter großen und schwenkbaren Time Gun. Bei einer Entfernung von zwei Metern erscheinen die Angaben etwa 13 Zentimeter groß an der Wand, bei sechs Metern kommen sie auf 30 Zentimeter.

Für Vieltipper

Sechs Personen können mit all ihren Fingern gleichzeitig auf die Oberfläche des neuen All-in-One-PC "Aspire 7600U" tippen - und trotzdem soll der Computer mit allen Fingereingaben gleichzeitig zurechtkommen. Das sagt zumindest Acer, der Hersteller des Komplettsystems. Ob man bei zwölf Händen noch etwas vom Bildschirm erkennt, ist wohl eine andere Frage, aber dafür ist der mit 27 Zoll Diagonale (knapp 70 Zentimeter) auch großzügig dimensioniert. Das Touch-Display lässt sich zudem um 90 Grad in die Waagerechte kippen und wird so zu einer Art interaktivem Schreibtisch.

Variabler Kopfhörer

Große Muschelkopfhörer liegen im Trend. Der "Custom One Pro" von Beyerdynamic (199 Euro) kommt mit unterschiedlichen Umgebungsgeräuschen zurecht, indem er seine Klangeigenschaften schnell verändern kann. Variable Bassreflexöffnungen übernehmen das in vier Stufen. Geschlossen bieten sie laut Hersteller einen schlanken, analytischen Sound. Nach und nach kann man dann etwas mehr Bass hinzuschalten, bis die Umgebungsgeräusche nicht mehr zu hören sind. Mit 116 Dezibel Maximallautstärke sollte dies aber ohnehin kein Problem sein.

iPhone-Klangmöbel

Dockingstationen für Apples iPhone oder iPod gibt es viele. Kenwood präsentiert in Berlin nun ein Klangmöbel, das gleichzeitig Wiedergabestation für die eigene Musiksammlung sowie Beistelltisch und Standfuß für Flachbildfernseher sein kann. Das Stereosystem des "C-BX3" (399 Euro) steht auf einem stabilen Fuß und verfügt auf der Vorderseite über eine ausfahrbare Dockingstation, die den Akku des aufgestellten Geräts gleichzeitig zur Wiedergabe auflädt.

Kochende Küchenmaschine

Wem das Feingefühl fehlt, wenn es ums Kochen geht, muss nicht mehr ins Restaurant gehen, sondern kann sich eine neue Küchenmaschine von Kenwood kaufen. Der "Cooking Chef KM 086" schlägt eine Zabaione bei der exakten Temperatur schaumig oder bereitet das Risotto auf den Punkt zu. Er verfügt über ein Induktionsfeld und kann gleichzeitig rühren und kochen.

HD-Camcorder zum Schwimmen

Sony bietet mit dem "HDR-GW55VE" einen Full-HD-Camcorder, den man mit ins Wasser nehmen kann. Bis zu einer Tiefe von fünf Metern soll das Gerät wasserdicht sein, so der Hersteller, resistent gegen Staub und Erschütterungen sowieso. Ein besonders lichtempfindlicher Sensor soll das Bildrauschen reduzieren, das bei schlechten Lichtverhältnissen oft entsteht. Ein integrierter Verwacklungsschutz soll sogar den Betrieb im Gehen ermöglichen und die Bewegungen ausgleichen. Der Camcorder ist für etwa 550 Euro erhältlich.

Fernseher zum Selberbauen

Der neue Loewe "Connect ID" soll sich voll und ganz den Wünschen seines zukünftigen Besitzers anpassen. Der oberfränkische Hersteller bietet deswegen über 2000 Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen sich aus verschiedenen Grundmodellen der gewünschte Fernseher zusammenstellen lassen soll. Zur Wahl stehen innere Werte wie die Bildschirmgröße, Festplattenrekorder oder unterschiedliche Empfangsmodule. Bei den Äußerlichkeiten ändern sich je nach Wunsch Gehäusefarbe, Rahmenfarbe oder Aufstellmöglichkeit. So viel Individualität hat ihren Preis: Die Fernseher starten ab 2000 Euro.

Skype auf dem Sofa

Mit der neuen "TVCam HD" von Logitech (200 Euro) könnte sich der Internet-Telefondienst Skype von PC und Smartphone lösen und im Wohnzimmer Einzug halten. Die "TVCam HD" lässt sich am Flachbildfernseher anklippen und per HDMI mit dem TV-Gerät verbinden. Über WLAN kann sich die Kamera mit dem eigenen Netzwerk verbinden. Sämtliche Hard- und Software wie die Skype-Applikation ist bereits integriert, der Fernseher muss keine weiteren Voraussetzungen erfüllen. Anrufe werden durch einen Klingelton angezeigt, auch wenn das Gerät nicht eingeschaltet ist. Mit Fernbedienung kann die Kamera vom Sofa aus gesteuert werden, die Tonaufnahme soll durch vier Mikrofone besonders klar sein. (Thomas Jüngling und Christian Mutter)

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05:00 Uhr: Förderbank: Ifa bringt 112 Millionen Euro nach Berlin

Die Internationale Funkausstellung (Ifa) steuert einem Medienbericht zufolge rund 112 Millionen Euro zur Berliner Wirtschaftskraft bei. Das habe die landeseigene Förderbank IBB für die „Berliner Morgenpost“ errechnet, berichtet das Blatt (Samstag). In das Schätzmodell der Ökonomen fließen etwa Ausgaben der Besucher für Hotels und Restaurants ein. Daneben gibt es indirekte Effekte, weil auch die Zulieferer profitieren. Laut IBB sichere die Messe rund 625 Arbeitsplätze in der Stadt, so die „Morgenpost“. Zudem flössen durch die Ifa Steuern und Gebühren in Höhe von 27 Millionen Euro in die Kassen. (dpa)

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Mit Material von dpa und dapd