Dieser Ausstand zeigt Wirkung: Im Tarifstreit mit der Lufthansa haben die Flugbegleiter erstmals gestreikt und für Chaos am Flughafen Frankfurt gesorgt.
Frankfurt/Main. Für tausende Passagiere aus aller Welt war am Freitag am Frankfurter Flughafen Endstation: Um 05.00 Uhr morgens haben die Flugbegleiter der Lufthansa ihren ersten Streiktag begonnen. Acht lange Stunden ging für viele Kunden nichts mehr an Deutschlands größtem Drehkreuz: An den Schaltern bildeten sich lange Schlangen, die Gates waren voll, reihenweise blieben Maschinen am Boden. Der nächste Streik könnte schon bald folgen. Wann und wo es genau weitergeht, blieb zunächst offen.
Der Flughafenbetreiber Fraport stoppte vorübergehend den Start aller Maschinen aus Europa mit Ziel Frankfurt. Damit wirkte sich der Arbeitskampf des Bordpersonals kurz vor dem Wochenende auf Flughäfen auf dem ganzen Kontinent und auch auf andere Airlines aus – und er stürzte Deutschlands größten Flughafen ins Chaos.
Ein Ufo-Sprecher sagte: „Das war ein Riesenerfolg, auch wenn es uns für die Passagiere und die Kollegen am Boden leidtut. Aber das muss jetzt sein.“ Die Lage an den deutschen Flughäfen dürfte sich nur vorübergehend entspannen. „Es werden sehr bald weitere Streikmaßnahmen stattfinden. Und zwar so lange, bis die Lufthansa sich eines Besseren besinnt“, sagte der Ufo-Sprecher.
+++ Europa-Flieger dürfen nicht mehr nach Frankfurt starten +++
Während die Auswirkungen am Freitag in München, Düsseldorf und Berlin-Tegel weitgehend überschaubar blieben, strandeten Zehntausende am größten deutsche Airport. Die Lufthansa meldete rund 190 Stornierungen – das ist mehr als jeder zweite der 360 Lufthansa-Flüge, die im Streikzeitraum von 05.00 bis 13.00 Uhr auf dem Flugplan in Frankfurt standen. Auf diese Maschinen von und nach Frankfurt waren 26 000 Passagiere gebucht. „Wir hoffen, dass es am Wochenende ruhig bleibt, aber wir haben noch keine Signale von der Ufo bekommen“, sagte ein Lufthansa-Sprecher.
Die Gewerkschaft hatte angekündigt, zunächst nur an einzelnen Standorten in Deutschland zu streiken, die wegen der Vernetzung des Flugverkehrs schnell andernorts Auswirkungen haben könnten. Die Hoffnung: Lufthansa soll ein verbessertes Angebot vorlegen. Anderenfalls will Gewerkschaftschef Nicoley Baublies eine härtere Gangart einlegen: „Sollte das nicht passieren, haben wir auch flächendeckende und dauerhafte Streiks in der Schublade.“
Die Lufthansa räumte am Freitag ein: „Ein Großteil der Kurz- und Mittelstreckenflüge fielen aus, vereinzelt auch Langstreckenflüge.“ Bei den Interkontinentalflügen habe man vor allem Strecken in die USA storniert, weil die Lufthansa dort täglich eine ganze Reihe an Verbindungen habe und die Kunden deshalb leichter umbuchen können.
Schon am Vormittag hatte ein Ufo-Sprecher gejubelt: „Hier am Flughafen herrscht Chaos. Sie wissen nicht mehr, wohin mit den Fliegern. Im Moment fallen alle Flüge aus.“
+++ Lufthansa in Frankfurt bestreikt – Ufo ist zufrieden +++
Ganz so dramatisch schilderte der Flughafenbetreiber die Lage zwar nicht. Trotzdem musste Fraport auf die Bremse treten: Weil gestrandete Maschinen die Gates blockierten, durften für gut 90 Minuten von keinem europäischen Flughafen mehr Maschinen mit Zielort Frankfurt abheben – unabhängig von der Fluggesellschaft. Maschinen, die bereits in der Luft waren, konnten den Airport weiter ansteuern, auch Interkontinentalflüge waren von dem Stopp ausgenommen. Gegen Mittag entspannte sich die Lage etwas, das Verbot wurde schrittweise gelockert, sagte ein Fraport-Sprecher.
Die Lufthansa forderte die Gewerkschaft angesichts des Streiks auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das von der Airline vorgelegte Angebot sei dafür eine ausreichende Grundlage, sagte Lufthansa-Sprecher Klaus Walther am Frankfurter Flughafen. Im Sender n-tv sagte Walther: „Wir haben Top-Flugbegleiter, die sind besser als die Flugbegleiter anderer Airlines, deshalb verdienen sie auch mehr.“ Die Lufthansa AG habe 3,5 Prozent mehr Gehalt und den Verzicht auf Leiharbeit und betriebsbedingte Kündigungen angeboten: „Wir denken, das ist eine gute Basis, zu verhandeln.“
Ohnehin hat das Unternehmen für die Forderungen der Gewerkschaft wenig Verständnis: „Die Lufthansa ist kein Unternehmen, das so bombig dasteht“, erklärte ein Sprecher. Passage-Vorstand Peter Gerber betonte am Freitag in der Mitarbeiterzeitschrift „Lufthanseat“: „Angesichts der schwierigen Wettbewerbslage brauchen wir einen Beitrag von allen Beschäftigen.“
Die Gewerkschaft, die nach eigenen Angaben die Mehrheit der rund 19.000 Flugbegleiter bei der Lufthansa organisiert, hatte am Dienstag nach dem Scheitern langwieriger Verhandlungen den Streik ausgerufen. Ufo hatte neben fünf Prozent höheren Entgelten unter anderem das Ende der Leiharbeit und den Schutz gegen die Auslagerung von Jobs verlangt. Lufthansa plant hingegen mittelfristige Einsparungen bei den Personalkosten und will dafür unter anderem die Beförderungsstufen strecken.