Trotz Rekordaufschläge für Staatsanleihen, brauche das Land keine Staatshilfe. Unterdessen ächzen die Regionen unter Schuldenlast.

Madrid. Ungeachtet der kritischen Lage Spaniens am Anleihenmarkt ist die Regierung in Madrid zuversichtlich, dass das Land nicht unter den Euro-Rettungsschirm flüchten muss. „Selbstverständlich“ schließe die spanische Regierung diese Notwendigkeit aus, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Montag vor Journalisten.

Doch die härtesten Sparmaßnahmen in der Geschichte der spanischen Demokratie hätten das Land im zweiten Quartal tiefer in die Rezession gedrückt, teilte die Spanische Zentralbank am Montag in ihrem Monatsbericht mit. Die viertgrößte Volkswirtschaft im Euroraum schrumpfte demnach um 0,4 Prozent im Quartalsvergleich. Spanien steht damit vor dem dritten Quartalsminus in Folge: In den beiden vorherigen Berichtsperioden ging die Wirtschaftsleistung um jeweils 0,3 Prozent zurück. Für 2012 erwartet die Regierung der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone bislang einen Einbruch der Wirtschaftsleistung von 1,5 Prozent.

+++ Spanier rebellieren gegen den Sparkurs +++

+++ Menschen demonstrieren gegen Sparpaket +++

Gleichzeitig kletterten die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen am Montagmorgen auf einen neuen Rekordstand. Die Rendite für die richtungsweisende Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren war über die Marke von 7,5 Prozent gestiegen, ein Niveau, das auf Dauer für einen Staat als nicht finanzierbar gilt. De Guindos bezeichnete die Zuspitzung der Lage an den Märkten als „unlogisch“. Es herrsche dort eine „extreme Nervösität“.

+++ Die wichtigsten Antworten zum Hilfspaket für spanische Banken +++

Die Regierung habe wichtige Wirtschaftsreformen, Sparmaßnahmen und Maßnahmen zur Sanierung der Banken getroffen. Jetzt seien andere Initiativen nötig, betonte der Minister unter Anspielung auf den Wunsch Spaniens, dass die Europäische Zentralbank auf dem Schuldenmarkt massiv spanische Titel aufkaufen soll, um das Zinsniveau für das Euro-Krisenland zu drücken. EZB-Präsident Mario Draghi hatte dies am Wochenende erneut entschieden abgelehnt.

Bei einer Anhörung der Wirtschaftskommission im spanischen Parlament über die vereinbarte Euro-Bankenhilfe für die angeschlagenen spanischen Geldhäuser von bis zu 100 Milliarden Euro sagte De Guindos, dass der „niedrige“ Zinssatz für die Notkredite bei etwa 1,5 Prozent liegen werde. Die Tilgungsfristen würden auf maximal 15 Jahre und im Durchschnitt auf 12 Jahre festgelegt werden.

+++ Schocktherapie verwandelt Spanien in ein Pulverfass +++

+++ Spanien will bis zu 65 Milliarden Euro einsparen +++

Schuldenberg in den Regionen wächst

„Was als spanische Bankenrettung begann, ähnelt immer stärker einer möglichen Staatsrettung“, sagte Devisenstratege Jeremy Stretch von der Bank CIBC. Denn immer mehr Regionen würden über Hilfsanträge bei der Zentralregierung in Madrid nachdenken. Nach Valencia benötigt offenbar auch die Provinz Murcia Geld aus Madrid, um sich über Wasser zu halten. Die 17 autonomen Regionen Spaniens müssen in diesem Jahr etwa 36 Milliarden Euro ihrer fällig werdenden Verbindlichkeiten refinanzieren und rund 15 Milliarden Euro aufbringen, um Haushaltslöcher zu stopfen. Die Lokalregierungen sind praktisch von den Finanzmärkten ausgeschlossen, da sie die hohen Zinsen nicht tragen können.

+++ Kein Geld für Athen? Berlin wartet Troika-Urteil ab +++

Spanien hat auf die Misere zuletzt mit einer weiteren Runde aus Sparmaßnahmen und Strukturreformen reagiert, um das Vertrauen der Anleger wieder zu gewinnen. Der Widerstand gegen das Sparpaket von Ministerpräsident Mariano Rajoy aber wächst, Wut und Empörung haben bereits Hunderttausende Spanier zu Protesten auf die Straßen getrieben.

Schäuble trifft spanischen Wirtschaftsminister

Am Dienstag wird sich der spanische Wirtschaftsminister De Guindos mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin treffen. Dies teilte eine Ministeriumssprecherin am Montag mit. Themen dürften die Milliarden-Hilfen für Spaniens marode Banken sein sowie die Auflagen der EU für diese Hilfen. Der Sprecherin zufolge handelt es sich um übliche bilaterale Gespräche.

Die derzeit in spanischen Medien thematisierten Hilfegesuche aus mehreren spanischen Regionen an die Zentralregierung in Madrid sind nach diesen Angaben eine innerstaatliche Angelegenheit und haben mit europäischen Hilfsprogrammen nichts zu tun. Von Forderungen Spaniens nach zusätzlichen Hilfsmaßnahmen sei der Bundesregierung jedenfalls nichts bekannt, sagte die Sprecherin.

Griechenland neben Spanien weiterer Belastungsfaktor für Euro

Neben der prekären Finanzlage Spaniens sorgte die wieder voll entbrannte Diskussion um eine mögliche Pleite Griechenlands für Verkaufsdruck beim Euro. „Es sieht nicht gut aus für Griechenland“, sagte ein Börsianer. Er bezweifle, dass der hoch verschuldete Mittelmeer-Anrainer in der Euro-Zone bleiben könne. Medienberichten zufolge schwindet unter den Geldgebern die Bereitschaft, Griechenland mit weiteren Milliarden unter die Arme zu greifen .

Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweise auf ein Zwei-Jahres-Tief von 1,2080 Dollar. Auf ihrer Suche nach sicheren Anlagen griffen Investoren erneut zu deutschen Papieren. Der Bund-Future stieg um 49 Ticks auf 146,26 Punkte und lag damit nur noch knapp 60 Ticks unter seiner bisherigen Bestmarke. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel im Gegenzug auf ein Rekordtief von 1,126 Prozent. Diejenige der zweijährigen war mit bis zu minus 0,076 Prozent den zweiten Tag in Folge negativ. (dpa/Reuters/abendblatt.de)