Die 27 EU-Finanzminister beraten über Spanien. In zwei Monaten wird es ein Konzept für eine Super-Aufsicht europäischer Banken geben.
Brüssel. Die Finanzminister der 27 EU-Staaten sind am Dienstag in Brüssel zusammengekommen, um über Unterstützung für das krisengeschüttelte Spanien zu beraten. Die Eurogruppe kam nach den Worten von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker überein, im laufenden Defizitverfahren Spanien ein Jahr länger – also bis 2014 - Zeit zu geben, seine Neuverschuldung unter die Maastrichter Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Die Eurogruppe machte deutlich, dass sie als Gegenleistung vom rezessionsgebeutelten Spanien zusätzliche Sparanstrengungen verlangt.
Einen entsprechenden Vorschlag hatte die EU-Kommission bereits Ende Mai gemacht . Mit diesem Schritt bekäme Spanien mehr Zeit, maroden Banken wie der angeschlagenen Großbank Bankia unter die Arme zu greifen. Spanien soll zudem bis zu 100 Milliarden Euro Notkredite aus den Euro-Rettungsfonds erhalten.
+++ Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker – der ewige Mister Euro +++
+++ Europäische Partner erleichtern Spaniens Mühsal +++
Spanische Krisenbanken sollen noch im Juli erste Finanzspritzen von 30 Milliarden Euro erhalten. Das kündigte Juncker am frühen Dienstagmorgen nach neunstündigen Beratungen in Brüssel an. Die Europäer wollen damit die hoch nervösen Finanzmärkte beruhigen, die hohe Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen verlangen. „Ich hoffe, dass sie (die Märkte) überzeugt sein werden“, sagte der französische Wirtschafts- und Finanzminister Pierre Moscovici.
Die obersten Kassenhüter einigten sich im Grundsatz auf das spanische Bankenprogramm, das einen Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro haben soll. Die Kassenhüter wollen bei einem Sondertreffen am 20. Juli endgültig entscheiden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte zu den Auflagen: „Die Konditionalität bezieht sich auf die Restrukturierung des Bankensektors, (...) einschließlich einer strengen spanischen Regulierung was die Begrenzung von Gehältern und Zahlungen der Manager anbetrifft. Das alles ist geregelt.“
Luxemburgs Premier Juncker sagte, er habe von den Amtskollegen ein neues Mandat für den Eurogruppenvorsitz von zweieinhalb Jahren erhalten. „Ich werde aber vor Ablauf des Mandats Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres zurücktreten.“ Schäuble, der lange als Nachfolgefavorit galt, ging damit erstmal leer aus . Junckers bisherige Amtszeit endet am 17. Juli.
+++ EFSF-Chef Klaus Regling – der Herr der Rettungsschirme +++
Im Rahmen eines größeren Personalpakets beschlossen die Kassenhüter auch, dass der deutsche Finanzfachmann Klaus Regling den neuen Rettungsschirm ESM leiten soll. Regling (61) führt bereits den befristeten Krisenfonds EFSF. Der Vertrag für den ESM ist noch nicht von allen Eurostaaten gebilligt (ratifiziert) worden – so fehlen noch Deutschland und Italien . Der ESM, der ursprünglich zu Monatsbeginn seine Arbeit aufnehmen sollte, kann deshalb erst verspätet starten. Der luxemburgische Notenbankchef Yves Mersch (62) soll den vakanten Posten im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) besetzen.
+++ Karlsruhe richtet über den Rettungsschirm ESM +++
Schäuble sagte zur Personalie Juncker: „Es war zeitlich angemessen, zu entscheiden.“ Was nach der Übergangslösung 2013 kommen soll, ließ der CDU-Politiker offen – es sei dann Sache der Staats- und Regierungschefs. Frankreichs Präsident François Hollande hatte am Wochenende eine „deutsch-französische Lösung“ für den Eurogruppenvorsitz ins Spiel gebracht, ohne dabei Einzelheiten zu nennen.
Die obersten Kassenhüter sprachen mit ihrem neuen griechischen Amtskollegen Ioannis Stournaras, der laut Juncker keine neue Forderungen stellte. Die Finanzierung Griechenlands über den Sommer hinweg sei gesichert. Griechenland hatte im Frühjahr ein neues Hilfsprogramm von 130 Milliarden Euro erhalten. Auch das Programm für das wirtschaftlich eng mit Griechenland verbundene Zypern war ein Thema. Mit Entscheidungen für beide Länder wird nicht vor September gerechnet.
+++ EU-Währungskommissar Rehn rechnet mit zügiger Einigung +++
EU-Währungskommissar Olli Rehn kündigte an, die EU-Kommission werde bereits Anfang September einen Gesetzesvorschlag für eine einheitliche europäische Bankenaufsicht machen. Diese Super-Behörde ist Voraussetzung, damit der Rettungsschirm ESM direkt Finanzspritzen an marode Banken geben kann. Dieses Verfahren hatte der Euro-Gipfel Ende Juni vorgegeben.
Die Euro-Kassenhüter präzisierten einen Beschluss des Gipfels, wonach die Krisenfonds EFSF und ESM in bestimmten Fällen Anleihen von Eurostaaten kaufen können. Damit soll der Druck der Märkte von Ländern wie Italien und Spanien genommen werden. Schäuble sagte: „Wir haben ermutigt, dass man die Instrumente gegebenenfalls nutzt, um sie einmal zu testen, ohne dies im Einzelnen anzukündigen. (...) Das nennt man intelligentes Schuldenmanagement.“ Die EZB kann laut einer neuen Vereinbarung dem Krisenfonds helfen, Staatsanleihen von Investoren zu kaufen. (dpa/abendblatt.de)