Frankreich und Deutschland treten für Änderungen der EU-Verträge ein. Inhaltlich gibt es aber Gemeinsamkeiten und Differenzen im Team Merkel und Sarkozy.

Berlin/Paris. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wollen am Montag ihre Pläne für eine Reform des Stabilitätspaktes vorlegen. Diese sollen dann beim EU-Gipfel Ende der Woche beraten werden. Berlin und Paris streben Änderungen der EU-Verträge an.

Die beiden größten Volkswirtschaften der Euro-Zone spielen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Schuldenkrise und demonstrieren als „Merkozy“ genanntes Tandem öffentlich Einigkeit. Es gibt jedoch auch Differenzen. Sarkozy legte am Donnerstagabend seine Sicht der Dinge dar, am Freitag folgte Merkel mit ihrer Regierungserklärung.

Vertragsänderungen:

Hier herrscht weitgehend Einigkeit. Sarkozy und Merkel streben an, dass die Haushaltspläne der Euro-Staaten schärfer kontrolliert und Haushaltssünder in der Euro-Zone bestraft werden müssen. Auch Sarkozy ist für rasche, automatischere und strengere Sanktionen. Dazu müssen aus Sicht von Berlin und Paris die Europäischen Verträge geändert werden.

Durchgriffsrechte:

Aus Sicht Merkels sollte die Autorität europäischer Institutionen wie der EU-Kommission und des Europäischen Gerichtshofs so gestärkt werden, dass glaubwürdige Durchgriffsrechte möglich werden. Sarkozy dagegen hatte vor „supranationalen“ Kontrollen und Strukturen gewarnt. Deutschland kann sich eine Einschränkung der nationalstaatlichen Souveränität in der Euro-Zone vorstellen, Frankreich redet eher von „Konvergenz“ – also einer Anpassung der Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Gläubigerbeteiligung:

Die Beteiligung privater Geldgeber an der Entschuldung von Euro-Länder im Rahmen des künftigen Rettungsfonds ESM ist wieder umstritten. Auch Frankreich drängt dem Vernehmen nach darauf, die auf Druck Deutschlands vereinbarten Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses/CACs) wieder zu kippen. Der Vertrag für den ESM, der Mitte 2013 starten soll, ist noch nicht ausgehandelt.

Eurobonds:

Sarkozy befürwortet diese gemeinsamen Staatsanleihen aller Euroländer durchaus. Für Merkel sind solche Eurobonds – in der jetziges Phase jedenfalls – kein geeignetes Rettungsinstrument. Würden jedoch die EU-Verträge schnell verändert, könnten Eurobonds schneller kommen als bisher gedacht, das ließ auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble durchblicken.

Europäische Zentralbank:

Sarkozy betont zwar immer wieder die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB), und er akzeptiert auch die Position Deutschlands. In Frankreich aber wird zunehmend über eine erweiterte Rolle der EZB gesprochen. Das heißt etwa, dass die EZB in noch größerem Stil Staatsanleihen von Problemländern aufkauft. Das sehen Merkel und die Berliner Koalition zwar kritisch. Merkel hält sich aber mit öffentlicher Kritik zurück und will Entscheidungen der EZB nicht kommentieren – was letztlich auch eine Tolerierung vermehrter Anleihkäufe bedeuten würde.

EZB-Chefsvolkswirt:

Bei der Besetzung prestigeträchtiger Posten gibt es immer Gerangel. Offiziell hat Paris keinen Anspruch auf das Amt des Chefvolkswirtes der EZB erhoben – zumal dies Sache des EZB-Direktoriums und von EZB-Präsident Mario Draghi ist. Frankreich könnte seinen Kandidaten aber durchaus in Stellung bringen. Bisher wurde der Posten des EZB-Chefvolkswirtes immer von einem Deutschen besetzt, als gesetzt galt eigentlich EZB-Neuling Jörg Asmussen. Offiziell demonstrieren Paris und Berlin hier Einigkeit.

Euroäpischer Währungsfonds:

Sarkozy spricht sich für einen Europäischen Währungsfonds unter Verantwortung der nationalen Regierungen aus, um die Euro-Zone zu schützen. Das neue Instrument soll Euro-Krisenstaaten zu Hilfe kommen. Über die Verteilung des Geldes soll eine Wirtschaftsregierung aus nationalen Staatenlenkern mit qualifizierter Mehrheit entscheiden. Einen Europäischen Währungsfonds hatten auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie zuletzt Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ins Gespräch gebracht. (dpa/abendblatt.de)