Die Note wurde auf “AA“ gesenkt. Grund seien die politische Instabilität und das schwache Wachstum. Leterme dringt erneut auf Regierungsbildung.

Brüssel/London. Der scheidende belgische Ministerpräsident Yves Leterme hat erneut auf eine rasche Regierungsbildung gedrungen. Es sei wichtig, dass bald eine Einigung über den Haushalt erzielt werde, sagte Leterme, der seit anderthalb Jahren nur noch geschäftsführend im Amt ist, dem Rundfunksender VRT. Aber auch dann könne der Schaden durch das politische Patt nicht schnell ungeschehen gemacht werden und würden die Zinsen für belgische Staatsanleihen nicht sofort sinken. «Misstrauen kommt herangaloppiert und Vertrauen trifft zu Fuß ein», sagte Leterme.

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte die Kreditwürdigkeit Belgiens am Freitag um eine Note gesenkt. Der wachsende Druck der Finanzmärkte, das schwächere Wirtschaftswachstum und die politische Instabilität des Landes seien für die Herabstufung verantwortlich. Die Ratingnote werde von bisher „AA+“ auf „AA“ reduziert, teilte S&P am Freitag in London mit. Der Ausblick sei negativ. Es droht also mittelfristig eine weitere Herabstufung. „AA“ ist die drittbeste Note im System von S&P.

S&P begründete die Entscheidung mit dem gestiegenen Druck der Finanzmärkte auf Belgien. Dieser würde auch das Finanzsystem belasten. Finanzinstitute könnten mehr Unterstützung durch den belgischen Staat benötigen. Dies könnte den bereits hohen Schuldenstand von Belgien von rund 97 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2011 über die Marke von 100 Prozent treiben, fürchtet S&P. Erlaubt sind in der Eurozone laut Stabilitätspakt lediglich 60 Prozent. Belgien war schon 1999 mit einem Schuldenstand von deutlich über 100 Prozent in die Währungsunion gestartet.

Zudem dürfte auch das schwächer werdende Wirtschaftswachstum den belgischen Staatshaushalt belasten, schreibt S&P. Angesichts der hohen Exportlastigkeit dürfte das Land besonders unter einer schwächeren Auslandsnachfrage leiden.

S&P machte aber auch die belgische Staatskrise für die Herabstufung verantwortlich. Die derzeitige Übergangsregierung könne nur kurzfristige Maßnahmen verabschieden, aber keine weitreichenden Spar- und Strukturreformen, schreibt die Agentur. Am Montag hatte die Staatskrise in Belgien einen neuen Höhepunkt erreicht, nachdem der designierte Premierminister Elio Di Rupo nach Rückschlägen bei den Budgetverhandlungen das Handtuch geworfen hatte. Belgien hat seit eineinhalb Jahren keine Regierung mehr.

Die Renditen für belgische Staatsanleihen waren bereits in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Damit wird es faktisch immer teurer, frisches Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen. Die Rendite der zehnjährigen belgischen Staatsanleihe lag am Freitag bei 5,765 Prozent. Zum Vergleich: Die deutsche Rendite lag bei 2,257 Prozent. Mit Belgien droht nach Italien ein weiteres EU-Gründungsland immer tiefer in den Strudel der Schuldenkrise zu geraten.

Mit Material von dapd