Die Riester-Rente - die einen sprechen von einem Erfolgsmodell, die anderen von einem Flop. Lohnen tut sie sich für viele nicht - zumindest nicht mehr als ein Sparstrumpf.
Berlin. Die Riester-Rente ist nach Ansicht von Wissenschaftlern für viele Sparer ein schlechtes Geschäft. „Die Riester-Produkte haben sich seit der Einführung zuungunsten der Sparer entwickelt“, sagte die Expertin für Verbraucherpolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Kornelia Hagen, am Mittwoch in Berlin. Damit die Zusatzrente tatsächlich zur Altersvorsorge für alle werden könne, müsste sie „dringend grundlegend reformiert werden“.
Anlass der Bilanz ist das zehnjährige Bestehen der Riester-Rente. Der Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein, mittlerweile Vorstandschef des Bundes der Versicherten, kam zu einem noch schlechteren Ergebnis als angenommen: „Riester rentiert sich für viele nicht, kann sich für wenige aber noch rentieren.“ Hagen warf den Versicherungen vor, mit einer sehr hohen Lebenserwartung der Kunden zu kalkulieren, was für die Verbraucher aber nicht zu erkennen sei.
Als der damalige Arbeitsminister Walter Riester im Herbst 2000 sein Konzept einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge vorstellte, sah er nur Gewinner: Die künftigen Rentner, die ihren Lebensstandard mit einem Kombisystem aus staatlicher und privater Rente sichern könnten. Und die Arbeitnehmer, die sich über dauerhaft niedrige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und eine milliardenschwere Förderung ihrer Beiträge zur privaten Vorsorge freuen könnten.
Gut zehn Jahre später steht fest: Von etwa 40 Millionen „Anspruchberechtigten“ riestern inzwischen 15 Millionen. Das sind knapp 40 Prozent. Und die Rentenbeiträge sind doch deutlich höher als zu Riesters Zeiten. Immerhin kam die Zusatzrente nach sehr mühsamem Start zunehmend in Fahrt. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht von einer „ungebrochenen Nachfrage nach einer krisenfesten Altersvorsorge“.
Von einer „Altersvorsorge für alle“, wie Riester und seine Nachfolger sich das erhofften, kann aber – noch – keine Rede sein. Auch wenn Niedrigverdiener die staatlichen Zuschüsse schon mit 5 Euro monatlichem Eigenbeitrag bekommen. Doch das Konstrukt hat einen großen Haken: Wer im Alter auf Sozialhilfe angewiesen ist, hat dann nichts mehr vom Sparen für die Riester-Rente: Die wird nämlich auf die Grundsicherung angerechnet.
Rentner bekommen mehr – weniger Beiträge für alle
Kritik an von der Leyens Plänen für die Rente
Immer wieder machen Meldungen mit schlechten Noten für die Riester-Vorsorge die Runde: In den Augen der Kritiker ist sie vor allem ein Gewinn für die Versicherungswirtschaft, bei der ein Großteil der Zuschüsse versickere. Neue Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung nähren diesen Vorwurf. „Riester-Sparer erzielen in vielen Fällen nur so viel Rendite, als hätten sie ihr Kapital im Sparstrumpf gesammelt“, sagt die DIW-Expertin für Verbraucherpolitik, Kornelia Hagen.
Sie nahm zusammen mit dem Versicherungsmathematiker und neuen Vorstandschef des Bundes der Versicherten (BdV), Axel Kleinlein, die Angebote zur Privatvorsorge unter die Lupe. Heraus kam, dass die Sparer häufig keinen Vorteil zu erwarten haben. Kleinlein: „Es kann sein, das aus einer bestimmten Lebenssituation heraus die Eigenbeiträge eine hohe Rentabilität abwerfen können, die Zulagen haben dann aber eine ganz katastrophal schlechte Rentabilität“ – oder auch umgekehrt. „Einer von beiden ist bei den neuen Produkten immer der Gelackmeierte“.
Es zeige sich, dass sich Riester eben nicht für alle lohnt, sagt der BdV-Chef. Pauschal abraten wolle er aber auch nicht. Er kritisiert die Intransparenz nicht nur bei den Kosten: Auch die Sterbetafeln der Assekuranzunternehmen – mit denen sie das Langlebigkeitsrisiko der Versicherten kalkulieren – sieht er mit Argwohn. Er hat Fälle berechnet, in denen eine heute 35-jährige Frau mit zwei Kindern und einem Riester-Vertrag 109 Jahre alt werden müsste, um neben einem Inflationsausgleich auch eine akzeptable Rendite zu bekommen.
Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) ist sensibilisiert: Sie will die Abschluss-, Verwaltungs- und Wechselkosten der Anbieter vergleichbarer und damit verbraucherfreundlich machen. „Bei der Transparenz – gerade im Hinblick auf die Kosten – liegt momentan noch einiges im Argen. Das wollen wir ändern“, sagte von der Leyen unlängst und kündigte einer Art Beipackzettel an: Nur wenn jeder die Angebote gut vergleichen könne, sei es möglich, das passende Produkt zu finden. Arbeits- und Finanzministerium streben nun an, die Kosten der Riester-Rente gesetzlich zu deckeln. (dpa/abendblatt.de)