Griechenland wird nach Angaben der Regierung die angestrebten Sparziele nicht erreichen und rechnet mit einem höheren Staatsdefizit.
Athen/Frankfurt. Die schlechten Neuigkeiten aus Athen reißen nicht ab und schicken die Kurse an den Börsen auf Talfahrt. So schätzt die Regierung ein, dass die Wirtschaft in Griechenland im nächsten Jahr erneut schrumpfen wird. Auch die Arbeitslosigkeit wird sich demnach weiter verschärfen. Der am Montag vorgelegte Haushaltsentwurf rechnet mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung 2012 um voraussichtlich 2,5 Prozent. Für dieses Jahr wird mit einem Einbruch des Bruttoinlandprodukts (BIP) um 5,5 Prozent gerechnet. Griechenlands Schuldenberg wächst nach Einschätzung der Regierung im kommenden Jahr auf 371,9 Milliarden Euro und damit auf voraussichtlich 172,7 Prozent des BIP, nach geschätzten 161,8 Prozent in diesem Jahr. Zugleich geht die Regierung von einem Anstieg der Arbeitslosenrate auf 16,4 Prozent im kommenden Jahr von 15,2 Prozent in diesem Jahr aus.
Das Kabinett hatte am Sonntagabend den Haushaltsentwurf für 2012 gebilligt. Das hoch verschuldete Land wird demnach seine mit den Geldgebern vereinbarten Defizit-Ziele in diesem und dem kommenden Jahr verpassen.
Diese Zweifel am Erfolg der Sanierungsbemühungen Griechenlands haben die internationalen Börsen am Montag auf Talfahrt geschickt. Vor allem Finanzwerte zogen die Aktienmärkte nach unten. Der Euro fiel auf ein Mehrmonats-Tief. Rohstoffe wie Erdöl und Kupfer gerieten ebenfalls unter Verkaufsdruck. Auf der Suche nach sicheren Anlagehäfen deckten sich Investoren mit Bundesanleihen und Gold ein.
"Die Märkte gehen weiterhin davon aus, dass die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands unabwendbar und es eher die Frage des wann statt des ob ist“, sagte Anlage-Stratege Nick Stamenkovic von RIA Capital Markets. Sein Kollege Eric Wand von der Lloyds Bank bemängelte, die Politiker hechelten der Entwicklung hinterher, anstatt sie aktiv anzugehen.
Der Dax fiel am Tag der Deutschen Einheit um bis zu vier Prozent und notierte am Mittag 2,3 Prozent schwächer bei 5375 Punkten. Der EuroStoxx50 gab zwei Prozent auf 2135 Zähler nach. Im Gegenzug schossen die beiden Volatilitäts-Indizes VDax und VStoxx , die die Nervosität der Anleger messen, um jeweils rund sieben Prozent in die Höhe. Die Tokioter Aktienbörse schloss knapp zwei Prozent im Minus und die Terminkontrakte auf die US-Indizes deuteten auf Eröffnungsverluste der Wall Street hin.
Am Devisenmarkt fiel der Euro zeitweise auf ein Achteinhalb-Monats-Tief von 1,3310 Dollar. "Die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands ist eine Büchse der Pandora, die niemand öffnen will“, sagte Analyst Teppei Ino von der Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ. "Während einige Märkte dies schon eingepreist zu haben scheinen, sieht es so aus, als ob der Euro noch einiges vor sich hat.“
Aus Furcht vor einer Ausbreitung der Schuldenkrise forderten Investoren höhere Risikoaufschläge für Anleihen hoch verschuldeter europäischer Staaten wie Griechenland, Spanien oder Italien. Um diesem Trend entgegenzuwirken, griff die EZB Händlern zufolge ein und kaufte erneut Bonds auf. Dank des anhaltenden Ansturms auf Bundesanleihen legte der Bund-Future 48 Ticks auf 136,97 Punkte zu. Dennoch stiegen die Prämien zur Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets deutscher Staatspapiere per Credit Default Swap (CDS) um 6000 Euro auf einen Rekordwert von 118.000 Euro. "Wenn es schlecht läuft, werden die Deutschen für den Rest Europas zahlen müssen“, sagte ein Börsianer. "Im Augenblick scheint alles darauf hinauszulaufen.“
Gold – die Antikrisen-Währung schlechthin – verteuerte sich auf 1658,79 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Die Preise der meisten anderen Rohstoffe gaben dagegen nach wegen der wieder zunehmenden Rezessionsängste. So verbilligten sich die beiden Rohöl-Sorten WTI und Brent um jeweils rund ein Prozent. Der Preis für eine Tonne Kupfer fiel zeitweise auf ein 14-Monats-Tief von 6635 Dollar.
Vor diesem Hintergrund gab der europäische Bankenindex 2,6 Prozent nach. Commerzbank rutschten um 4,5 Prozent ab, Deutsche Bank gaben zwei Prozent nach. Die Kursverluste der österreichischen Institute Raiffeisen Bank und Erste Bank lagen bei jeweils rund 4,5 Prozent. Härter traf es Dexia, deren Aktien zweitweise mehr als 14 Prozent einbrachen. Dem belgisch-französischen Finanzkonzern, der einer der größten ausländischen Besitzer griechischer Staatsanleihen ist, droht die Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit durch Moody's.
(abendblatt.de/rtr)