Währungshüter empfehlen Schuldenländern Haushaltsüberschüsse von vier Prozent. Italien muss wieder mehr für seine Schulden bieten.

Frankfurt/Main. An den Finanzmärkten wird auf eine erneute Intervention der Europäischen Zentralbank (EZB) spekuliert. Nachdem die Renditen Spaniens und Italiens trotz der Sparanstrengungen wieder gestiegen sind, hatte das französische EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré damit gedroht. Bislang bleibe die EZB jedoch in Lauerstellung, sagten Händler am Donnerstag.

Ein Anleihe-Spezialist einer Bank, die der EZB bei Ankäufen von Staatsanleihen hilft, sagte, es gebe bisher keine neuen Eingriffe. Ein Händler in Wien bestätigte das mit Blick auf den Kursverlauf. Die Äußerungen Coeurés, der am Mittwoch in Paris gesprochen hatte, zeigten sofort Wirkung. Spanische und italienische Renditen liefen zeitweise leicht zurück.

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Der Franzose hatte gesagt, d ass die EZB jederzeit eingreifen könne . Ihr Programm sei weiter intakt, auch wenn sie schon seit Februar nicht am Markt aktiv war. Das niederländische EZB-Ratsmitglied Klaas Knot sagte am Donnerstag, er sehe in Spanien derzeit das größte Problem der Eurozone.

Derzeit hält die EZB Anleihen im Wert von 214 Milliarden Euro. Im Vergleich zu anderen großen Zentralbanken wie der Bank von England und der US Federal Reserve ist das ein geringer Wert. Offenbar spekulieren einige Marktteilnehmer auf eine erneute Zuspitzung der Krise. Das zieht weite Kreise: Wegen der Euro-Schwäche kam zuletzt auch der Schweizer Franken unter Druck. Die Schweizer Nationalbank habe in den vergangenen Tagen bis zu fünf Milliarden Franken aufwenden müssen, um die selbst gesetzte Schwelle von 1,20 Franken pro Euro zu verteidigen, schätzten Volkswirte.

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Italiens Kreditkosten stiegen am Donnerstag angesichts der unsicheren Lage weiter. Die italienische Finanzagentur Tesoro dello Stato bot vier Tranchen Schulden mit verschiedenen Laufzeiten an. Für eine Anleihe mit dreijähriger Laufzeit verlangten die Käufer höhere Risikoaufschläge. Die Durchschnittsrendite stieg damit bei der letzten Auktion dieser Art um über einen Prozentpunkt von 2,76 auf 3,89 Prozent. Italien nahm nicht alle Angebote an und erlöste deshalb nur 2,88 Milliarden Euro anstelle der erhofften drei Milliarden Euro.

Für Spanien erwarten Analysten weitere Schwierigkeiten , obwohl die Regierung jetzt sogar Einschnitte im Bildungs- und Rentenwesen angekündigt hat. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte diese eigentlich vermeiden wollen. Analysten der Bank of America erwarten sogar eine neue Bankenkrise – trotz der EZB-Hilfen, die Zentralbank hatte rund eine Billion Euro zu extrem günstigen Konditionen vergeben.

Der Milliardär und US-Investor George Soros sieht den Euro weiterhin in höchster Gefahr . „Die Schulden der Staaten werden immer mehr von den Banken ihres jeweiligen Landes gehalten. Das heißt, die werden renationalisiert. Dann wird aber das Auseinanderbrechen des Euros möglich“, sagte er.

Wegen des schwindenden Vertrauens empfahl die EZB den 17 Euro-Staaten einen strikten Sparkurs. Eine Verringerung des Haushaltsdefizits reiche besonders für die Schuldenländer nicht, hieß im am Donnerstag vorgelegten EZB-Monatsbericht. „Viele Euro-Länder, die unter finanziellem Druck stehen, müssen über längere Zeit Haushaltsüberschüsse von mindestens vier Prozent“ ihrer Wirtschaftsleistung erreichen. Das sei mit Blick auf die fundamentale Unsicherheit der Finanzmärkte wichtig, um Vertrauen wiederzugewinnen. Auch die beschlossene Schuldenbremse müsse strikt beachtet werden.