Spekulanten und Anleger übertreiben mit ihrer Sorge, so EU-Währungskommissar Almunia. Spanien und Italien seien auf einem guten Weg.
Brüssel. Die Sorgen an den Finanzmärkten hält EU-Währungskommissar Joaquín Almunia für völlig übertrieben: Die Euro-Sorgenkinder Spanien und Italien seinen auf einem gutem Weg. „Die Märkte sind wegen allem nervös, sie sind viel zu nervös“, sagte der Spanier in Brüssel. Es sei keineswegs das erste Mal, dass Anleger und Spekulanten an eine erneute Verschärfung der Euro-Schuldenkrise glaubten. „Von Zeit zu Zeit reagieren die Märkte übertrieben und bewegen sich wie eine Herde.“
Nach Ansicht des EU-Wettbewerbskommissars ist die Lage in Spanien keineswegs so schlimm, wie der Anstieg der Zinsen für Staatsanleihen nahelege. Diese waren zuletzt für zehnjährige Anleihen auf knapp sechs Prozent gestiegen und lagen damit nur wenig unter der kritischen Marke von sieben Prozent, ab der die Geldaufnahme für Staaten auf Dauer für zu teuer gilt. Spanien hatte die Unruhe Mitte März ausgelöst, als die Regierung ankündigte, das mit der EU vereinbarte Ziel für sein Haushaltsdefizit zu reißen.
+++ Sorgenkinder Spanien und Italien wieder im Fokus +++
Entscheidend seien die zugrunde liegenden Wirtschaftsdaten, betonte der Kommissar. Sie zeigten, dass Spanien und Italien zwar Schwierigkeiten zu bewältigen hätten – doch dass dies zu schaffen sei. „Sowohl Spanien wie auch Italien haben sehr, sehr ehrgeizige und wichtige Reformen angestoßen“, betonte der Kommissar. Beide Südländer müssten auf diesem Weg unbeirrt weitergehen. „Ich bin überzeugt davon, dass sich das auszahlen wird (...). Ich bin überzeugt davon, dass Spanien Erfolg haben wird.“
Almunia unterschied ausdrücklich zwischen dem Zentrum der Krise und den Rändern. „Wir müssen uns die Realität ansehen und diese zeigt, dass es in der Tat Probleme gibt“, räumte Almunia ein. Griechenland, das mit milliardenschweren Hilfsprogrammen vor der Pleite gerettet wurde, sei „die Herausforderung Nummer eins“ für Europa. Die Krise konzentriere sich auch auf Portugal und Irland, die ebenfalls internationale Hilfe erhalten.
„Um diese Gruppe von Ländern herum gibt es andere, die ebenfalls Ungleichgewichte aufweisen und große Volkswirtschaften sind, wie Italien und Spanien.“ Mit dem Begriff „Ungleichgewichte“ werden gängigerweise Haushaltsdefizite, aber auch unausgewogene Handelsbilanzen bezeichnet. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, Spanien die viertgrößte.
An den Märkten grassiert die Sorge, dass sich die europäische Staatsschuldenkrise wieder zuspitzt und auch Spanien letztlich nach EU-Hilfe greifen muss. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte bereits dementiert, dass sein Land internationale Hilfsgelder benötige. Auch Almunia sagte: „Diese Spekulationen stammen von Spekulanten. Ich werde nicht spekulieren.“
Almunia verteidigte den Sparkurs, zu dem sich die EU-Länder in der Krise verpflichtet haben. „Man kann nicht aus der Krise kommen und auf Wachstum einschwenken, ohne die Ungleichgewichte anzugehen.“ Deshalb müssten Sparprogramme unbedingt mit Strukturreformen verknüpft werden.
Nur gemeinsam könne Europa die Krise überwinden: „Wenn Europa nicht bereits existieren würde, müssten wir es erfinden, um die Krise besser zu lösen“, sagte Almunia. Der 63-Jährige ist einer der Vize-Präsidenten der EU-Kommission und war von 2004 bis 2010 in der EU-Behörde für Währung und Wirtschaft zuständig. (dpa/abendblatt.de)