Obwohl die EZB keine stärkere Rolle in der Finanzkrise spielen will, hat sie den Banken sehr günstig fast eine halbe Billion Euro geliehen.
Frankfurt/Main. Das Kreditangebot mit Mini-Zinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) an die angeschlagenen Euro-Banken ist bei den Instituten auf reges Interesse gestoßen. Hunderte Banken aus der Euro-Zone haben sich am Mittwoch bei der Notenbank mit einer Rekordsumme an Liquidität eingedeckt. Insgesamt liehen sich die wegen der Eurokrise verunsicherten Institute bei EZB 489,2 Milliarden Euro für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Deutlich mehr als erwartet: Finanzexperten haben mit Kreditvergaben in Höhe von rund 300 Milliarden Euro gerechnet.
Die Notenbanker hatte die günstige Kreditvergabe in unbegrenzter Höhe parallel zu ihrer letzten Zinssenkung angekündigt, um eine Verschärfung der Krise im Bankensektor – und in der Realwirtschaft – zu verhindern.Die EZB hatte befürchtet, dass die Banken ihre Darlehensvergabe an Firmen einschränken und damit eine wirtschaftlich fatale Kreditklemme in der Euro-Zone auslösen könnten. EZB-Präsident Mario Draghi hatte die ungewöhnliche Maßnahme bereits Anfang Dezember angekündigt. „Das Geld zirkuliert einfach nicht“ in der Wirtschaft, so seine Begründung. Der langlaufende Tender soll den Banken Planungssicherheit bieten und bei der Abwendung dieser Gefahr helfen. Außerdem könnten einzelne Banken in existenzbedrohende Schieflagen geraten.
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„Zunächst einmal ist es gut, dass die Banken auf die langfristige Refinanzierungsmöglichkeit zurückgegriffen haben“, sagte Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert „Wie die Mittel nun verwendet werden, bleibt aber abzuwarten.“ Auch der Bundesverband deutscher Banken begrüßte die Hilfen der EZB. „All das sind wichtige und richtige Schritte, um der Gefahr einer Kreditklemme im Euro-Raum zu begegnen“, betonte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer. Trotzdem seien dies „Notmaßnahmen“. Entscheidend sei, dass auch das Vertrauen der Geldhäuser untereinander zurückkehre.
Einige Ökonomen sehen in dem Kreditprogramm der EZB auch eine indirekte Staatsfinanzierung. Denn mit den günstig verzinsten Krediten könnten die Banken Staatsanleihen von Euro-Sorgenkindern kaufen und damit einen respektablen Gewinn einstreichen. Auf diese Weise würde die EZB auch den an den Märkten unter Druck geratenen Krisenländern helfen. Allerdings bestreitet die Notenbank solche Absichten – ebenso wie sie sich gegen Druck aus der Politik zur Wehr setzt, selbst unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen.
An der Aktion beteiligten sich laut EZB insgesamt 523 Banken, ein sehr hoher Wert. Der Zins, den sie zahlen müssen, orientiert sich an den Sätzen der wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäften der Institute mit der EZB über die Laufzeit von drei Jahren. Derzeit liegt er bei 1,0 Prozent – das entspricht dem Leitzins im Euroraum.
Am Mittwoch ging das erste von insgesamt zwei solcher ungewöhnlich langen Geschäfte über die Bühne – die 489 Milliarden Euro waren Volkswirten zufolge die höchste Summe, die je auf einen Schlag von Banken bei der EZB abgerufen wurde. Die zweite Runde ist für den 29. Februar 2012 geplant. Die Banken können die Kredite auch nach einem Jahr wieder zurückzahlen. An den Börsen und beim Eurokurs schlug sich die Nachricht allerdings nur kurzfristig in Kursaufschlägen nieder. (dpa/abendblatt.de)