Die Gespräche über Transfergesellschaften sind gescheitert. Mehrere Beschäftigte haben das Unternehmen in den vergangenen Tagen bereits freiwillig verlassen.

Berlin/Ehingen. Unmittelbar nach dem Scheitern der Gespräche über Transfergesellschaften hat die Drogeriekette Schlecker rund 10.000 Kündigungen herausgeschickt. Die Schreiben hätten schon vorbereitet und unterschrieben bereitgelegen, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Donnerstag. Mehrere Schlecker-Beschäftigte hätten das Unternehmen in den vergangenen Tagen bereits freiwillig verlassen, so dass jetzt nur noch rund 10.000 Menschen gekündigt werden müsse.

+++ Beteiligung Bayerns weiter offen – Rösler sagt Nein +++

+++ Keine Hilfe für Schlecker +++

Geiwitz bedauerte in einer Mitteilung, dass eine Transfergesellschaft nicht zustande gekommen ist. „Das letztendliche Scheitern der Finanzierung einer Transfergesellschaft bedauere ich sehr, vor allem weil diese für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozial geboten und für die Bürgen betriebswirtschaftlich absolut zu vertreten gewesen wäre.“

Baden-Württembergs Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) hat der FDP wegen der gescheiterten Auffanglösung schwere Vorwürfe gemacht. „Es ist heute ein ganz bitterer Tag für die Beschäftigten von Schlecker“, sagte der Finanz- und Wirtschaftsminister am Donnerstag in Stuttgart. Er sei empört darüber, dass für die Liberalen nicht die Menschen, sondern das parteipolitische Kalkül im Mittelpunkt stehe. Die bayerische FDP hatte mit ihrem Nein zu einer Bürgschaft die Transfergesellschaft platzen lassen.

„Es war leider nicht möglich, alle unter einen Hut zu bekommen“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Donnerstag in Berlin. Sein bayerischer Amtskollege Horst Seehofer (CSU) machte Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) dafür verantwortlich. Finanzminister Markus Söder und er hätten die Beteiligung an einer 71 Millionen Euro schweren Bürgschaft zur Finanzierung der Auffanggesellschaft für vertretbar gehalten, Zeil habe dies aber abgelehnt. Er bedauere dies ausdrücklich, betonte der Ministerpräsident.

Um die Bürgschaft war über Nacht intensiv gerungen worden, nachdem eine Lösung unter Beteiligung aller 16 Bundesländer an Niedersachsen und Sachsen gescheitert war. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hatte auf die Transfergesellschaft gedrängt, weil er andernfalls Tausende von Kündigungsschutzklagen fürchtet, die die Suche nach einem Käufer für die verbliebenen 3000 Filialen von Schlecker massiv erschwerten. Geiwitz will bis Pfingsten einen neuen Eigentümer für die einst größte Drogeriekette in Deutschland gefunden haben.

Verdi-Chef Frank Bsirske verurteilte die Blockade der FDP-Minister scharf: „Das, was diese FDP-Wirtschaftsminister machen, ist einfach verantwortungslos. Ideologie auf dem Rücken von zehntausend Kolleginnen.“ Die Transfergesellschaften hatten eine Debatte ausgelöst, ob der Staat mit den Bürgschaften zu sehr in den Wirtschaftskreislauf eingreife: Der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) hatte angezweifelt, ob der Schlecker-Insolvenzverwalter die Kredite je werde tilgen können: Es blieben „im Ergebnis sogar Zweifel, ob der Insolvenzverwalter überhaupt während der Dauer der geplanten Transfergesellschaft den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten kann“.

FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, die Bundesagentur für Arbeit müsse den Schlecker-Beschäftigten neue Perspektiven geben. Die Lage am Arbeitsmarkt sei günstig. „Das Land Baden-Württemberg hat falsche Hoffnungen bei den Schlecker-Beschäftigten geweckt, die jetzt jäh enttäuscht werden.“ SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte die Freidemokraten: „Die FDP will gnadenlos und mit allen Mitteln Profil gewinnen und nimmt dafür die Schlecker-Frauen als Geiseln.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, äußerte sich ähnlich: „Die FDP kämpft verzweifelt um die eigene Zukunft, das Schicksal der Schlecker-Mitarbeiterinnen gerät dabei unter die Räder.“

Der Handelsverband HDE und die Bundesagentur für Arbeit machen den Schlecker-Beschäftigten indes Mut. Raimund Becker aus dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, sagte Reuters TV, es gebe bundesweit 25.000 offene Stellen für Verkäuferinnen. „Der Markt ist aufnahmefähig.“ Auch der Arbeitgeberverband des deutschen Einzelhandels erwartet, dass die 11.000 Schlecker-Mitarbeiter rasch neue Stellen in der Branche finden. „Wenn sie mobil sind, werden sie schnell unterkommen“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Mit Material von dpa und rtr