Das jüngste Urteil der Agentur S&P zeige den dringenden Handlungsbedarf an, den Einfluss dieser Agenturen zu beschränken.

Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Herabstufungen mehrere Euro-Staaten durch die amerikansiche Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) in Zweifel gezogen: „Ich glaube nicht, dass Standard & Poor's wirklich begriffen hat, was wir in Europa schon auf den Weg gebracht haben“, sagte Schäuble am Montag im Deutschlandfunk.

„Darüber hinaus hat Standard & Poor's vielleicht auch nicht ausreichend bewertet, was alle Länder in Europa, die betroffen sind von den Schwierigkeiten, schon an Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Defizite in Kraft gesetzt haben."

Aus seiner Sicht gibt es keinen Handlungsbedarf, den deutschen Garantierahmen für den Euro-Rettungsschirm EFSF von derzeit 211 Milliarden Euro aufzustocken. „Für das, was der EFSF in den nächsten Monaten zu leisten hat, reicht die Garantie bei weitem aus.“ Die Entscheidung von Standard & Poor's, Frankreich das Toprating AAA zu entziehen, zeige jedoch dringenden Handlungsbedarf, den Einfluss der Ratingagenturen zu beschränken.

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Er glaubt nach eigenen Worten, dass es den Ratingagenturen vor allem auch um ein „hohes Maß an Werbung“ für sie selbst gehe. „Ich habe manchmal mehr den Verdacht, dass die Ratingagenturen, die ja auch in einem Wettbewerb untereinander stehen, natürlich auch um öffentliche Aufmerksamkeit ringen.“ Der US-Ratingriese S&P hatte am Freitag (13. Januar) neun Euroländern schlechtere Noten für ihre Kreditwürdigkeit verpasst – darunter Europas zweitgrößte Volkswirtschaft Frankreich sowie Österreich, die beide ihr Top-Rating „AAA“ verloren. Schäuble rät im Umgang mit den Ratingagenturen zur mehr Gelassenheit: „Wir sollten uns nicht zu sehr verrückt machen lassen.“ Außerdem hätten die Ratingagenturen einige der Finanzprodukte, die 2008 die Wirtschafts- und Finanzkrise ausgelöst hätten, selbst entwickelt und mit AAA bewertet.

Zugleich appellierte Schäuble an die privaten Gläubiger von Griechenland, die stagnierenden Verhandlungen nicht mit zu hohen Zinsforderungen zu belasten. Dies könnte sonst das Gesamtziel einer Schuldentragfähigkeit gefährden.

Experten zufolge dürfte der Schock durch die Rating-Herabstufungen jedoch rasch abklingen. Neues Stresspotenzial für die Gemeinschaftswährung geht derzeit nach Einschätzung von Experten vom größten Euro-Sorgenkind Griechenland aus. Die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt mit den privaten Gläubigern drohen zu scheitern. In dieser Woche kehrt zudem die „Troika“ aus der EU-Kommission, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank nach Griechenland zurück. Dem Vernehmen nach will der IWF die Zügel weiter anziehen, um den schleppenden Sanierungskurs zu forcieren. (dpa/Reuters/abendblatt.de)