Auch gestern zeigten sich die Börsen mit Blick auf die Finanzmarktkrise höchst nervös. Der Deutsche Aktienindex (DAX) fiel unter die Marke von 5900...

Hamburg. Auch gestern zeigten sich die Börsen mit Blick auf die Finanzmarktkrise höchst nervös. Der Deutsche Aktienindex (DAX) fiel unter die Marke von 5900 Punkten und ging bei einem Minus von 1,75 Prozent mit 5860 Punkten aus dem Markt. Die Wall Street startete ebenfalls im Minus. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte fiel bis zum Abend um mehr als drei Prozent.

Offensichtlich konnte die Börsianer die Nachricht von der Stützungsaktion für den schwer angeschlagenen US-Versicherungsriesen American International Group (AIG) nicht beruhigen.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hatte zuvor bekannt gegeben, dass sie AIG zu strengen Konditionen einen dringend benötigten Kredit in Höhe von 85 Milliarden Dollar (60 Milliarden Euro) gewährt. Im Gegenzug übernimmt sie die Kontrolle beim größten amerikanischen Versicherungskonzern. AIG hatte in den vergangenen Tagen vergeblich versucht, bei privaten Banken einen Kredit zu bekommen. Am Wochenende war noch von einem Bedarf von 40 Milliarden Dollar die Rede, am Dienstag schon von 70 bis 75 Milliarden. Regierung und Notenbank hatten bis zuletzt ein Eingreifen kategorisch abgelehnt. Die Kehrtwende erfolgte schließlich aus Angst, vor "katastrophalen" Folgen eines AIG-Zusammenbruchs. Deshalb hätten sie sich schließlich doch zur Rettungsaktion entschlossen, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf informierte Personen. Im Raum steht aber weiterhin eine Zerschlagung von AIG mit dem Verkauf lukrativer Unternehmensteile wie der weltgrößten Flugzeugleasing-Gesellschaft ILFC. Die Münchner Rück meldete offen Interesse an einigen Teilen des AIG-Geschäfts an, die Allianz unterbreitete nach Informationen der Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg zwei Tage vor der Rettung sogar ein Einstiegsangebot. Die AIG-Krise hat auch personelle Konsequenzen. Konzernchef Robert Willumstad muss seinen Posten räumen, angeblich auf Druck des US-Finanzministeriums.

Derweil bringt die Finanzmarktkrise auch die größte britische Hypothekenbank Halifax Bank of Scotland (HBOS) in Not. Die Bank bestätigte Fusionsgespräche mit der Großbank Lloyds TSB. Die Verhandlungen befänden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium und könnten die Übernahme von HBOS zur Folge haben, hieß es. Spekulationen über Finanzierungsprobleme bei HBOS hatten den Aktienkurs der Bank in den vergangenen Tagen abstürzen lassen. Lloyds ist die fünftgrößte britische Bank und HBOS die sechstgrößte. Im Hypothekengeschäft belegen sie sogar die Plätze vier und eins. Die mögliche Fusion zeigt, dass die US-Hypothekenkrise auch Großbritannien mit voller Wucht trifft. Nach einem jahrelangen Boom verlieren britische Eigenheime derzeit rasant an Wert. Viele Hausbesitzer sind in Zahlungsschwierigkeiten, da sie ihrer Bank mittlerweile mehr Geld schulden, als ihre Immobilie wert ist.