Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers betrifft immer mehr Privatanleger. Tausende von ihnen dürften Lehmann-Zertifikate gezeichnet haben,

Hamburg. Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers betrifft immer mehr Privatanleger. Tausende von ihnen dürften Lehmann-Zertifikate gezeichnet haben, die nicht von Sicherungsfonds geschützt werden. Die Folgen sind klar: Nach der Insolvenz von Lehman sind die Papiere nichts mehr wert, falls nicht doch noch Barclays genau die betroffenen Geschäfte von Lehman übernimmt. "Kommt es zu einem Insolvenzverfahren, wird es sich erst gar nicht lohnen, ein Flugticket in die USA zu buchen oder einen Anwalt einzuschalten. Die Betroffenen können ihre Einlagen schon jetzt abhaken", sagt Volker Pietsch, der Chef des Deutschen Instituts für Anlegerschutz (Dias).

Der Experte geht dabei davon aus, dass viele Kunden vor dem Kauf nicht ausreichend über das Risiko der Zertifikat-Papiere aufgeklärt wurden, die zumeist nichts anderes als eine Wette etwa auf die Entwicklung eines Börsen-Indizes wie den DAX darstellen. "Auch bei Garantiezertifikaten, die zumindest die Rückzahlung der eingesetzten Summe garantieren, ist der Totalverlust programmiert, wenn die Bank zusammenbricht." Doch diese Risiken kennen die meisten Anleger nicht. "Die Banken vernachlässigen nach unseren Erkenntnissen häufig ihre Aufklärungspflicht."

Doch die Zertifikate, über die sich die Banken Mittel für ihre Kreditvergabe beschaffen, sind "hochbeliebt", wie Ulrich Hocker, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), sagt. Allein 170 verschiedene Lehmann-Zertifikate würden bundesweit vertrieben. Die Anlagesumme dürfte bundesweit einen zweistelligen oder gar dreistelligen Millionenbetrag erreichen.

Beim Abendblatt meldeten sich gestern betroffene Kunden der Haspa. "Ein kleiner Teil unserer Kunden hat solche Papiere. Wir sind jetzt dabei zu informieren", so Haspa-Sprecher Andre Grunert. "Wir haben auf Risiken hingewiesen, aber die Entwicklung war nicht vorhersehbar."

Dabei betreffen die Lehmann-Papiere nur einen Promille-Bereich der Zertifikate in Deutschland. Insgesamt dürfte die Anlagesumme für die derzeit mehr als 300 000 gehandelten Zertifikate aller Emitenten in zwei- bis dreistellige Milliardenbereiche gehen. Auch für die Zertifikate deutscher Banken gilt: Sie sind bei einer Pleite nicht gesichert. Nur für Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen gilt die Institutssicherung. Das bedeutet, dass bei der Schieflage einer Bank die anderen aus dem Verbund für die Folgen einstehen.

"Bei den Lehmann-Zertifikaten könnte man seine Bank jetzt nur dann in Haftung nehmen, wenn sie ihre Aufklärungspflicht verletzt hat", sagt Pietsch. Doch dies ist oft schwer zu beweisen. "Wir können auf Grund der Finanzkrise niemanden mehr ermuntern, bei Zertifikaten einzusteigen."

Ohnehin scheint die Beliebtheit der Wett-Zertifikate erstaunlich. "Direktbanken bieten derzeit durchaus fünf Prozent Zinsen", so Pietsch. "Das ist vielleicht ein Prozent weniger als bei Zertifikaten. Sparbücher, Tagesgeld und Festgeldkonten aber unterliegen der Einlagensicherung."