Gallois übergibt Enders den EADS-Konzern mit vollen Auftragsbüchern. Wer beim Stabwechsel fehlte, war der neue Verwaltungsratschef.
Amsterdam/Paris/München. Das scheidende Führungsteam von EADS konnte zum Chefwechsel auf der Hauptversammlung in Amsterdam eine glänzende Bilanz 2011 hinlegen – auch die Aussichten für das laufenden Jahr sind bei Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern durchaus positiv. Der Verwaltungsratsvorsitzende Bodo Uebber sprach von einem „großartigen Jahr 2011“.
Das laufenden Jahr sei allerdings durch Risiken, etwa durch die Euro-Krise und den Druck auf die europäischen Staaten zu Ausgabenkürzungen, gekennzeichnet. Uebber soll durch den Franzosen Arnaud Lagardère abgelöst werden, einen der größten EADS-Aktionäre. Der hat sich nach den Angaben wegen dringender anderer Verpflichtungen entschuldigen lassen und nahm nicht an der Sitzung teil.
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Pünktlich zur Stelle war dagegen der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, der als neues Mitglied in den Verwaltungsrat einziehen soll. Er könnte Branchenkennern zufolge Nachfolger von Lagardère werden, wenn dieser seine früher geäußerte Absicht verwirklicht, seine EADS-Anteile abzugeben.
Der bisherige Airbus-Chef Thomas Enders, der das Amt des Vorstandschefs vom Franzosen Louis Gallois übernehmen soll, dankte seinem Vorgänger und bezeichnete seine eigene Zeit an der Spitze des Flugzeugherstellers als prägende Periode in seinem Berufsleben. Mit dem 53-jährigen Familienvater wird erstmals ein Deutscher allein EADS leiten. Enders sagte, es sei eine Ehre, „in die großen Fußstapfen von Louis Gallois zu treten“. Der Franzose habe „das Unternehmen zu dem gemacht, was es heute ist“.
Gallois hatte EADS seit 2007 geführt und räumt altersbedingt nun seinen Posten. In einem wirtschaftlichen Ausblick betonte er, die Ergebnisse des ersten Quartals dürften die positiven Prognosen fürs Gesamtjahr stärken. Basierend auf einem Euro-Kurs von 1,35 Dollar sagte er ein sechsprozentiges Ertragswachstum vorher. „Wir sind extrem zuversichtlich mit Blick auf 2012 ... Der Konzern ist gut aufgestellt, um seine Stellung als globaler Marktführer zu stärken.“
Enders will keine staatlichen Aktionäre mehr
Zu den größten Herausforderungen gehöre der neue Hightech-Flieger A350: „Der A350 stellt das größte Risiko dar und erfordert daher unsere größte Aufmerksamkeit.“ Gallois sagte, Enders habe neue Ideen und Visionen. Mit einem Vorhaben hatte der Bundeswehr-Major der Reserve bereits vor seinem Amtsantritt für Unruhe gesorgt.
Er will die EADS-Zentrale, die bisher auf Paris und Ottobrunn bei München aufgeteilt ist, in Toulouse zusammenführen. Dort ist auch der Hauptsitz der größten Konzerntochter Airbus und damit das bisherige Hauptbüro. Mit der Konzentration auf einen Standort will Enders EADS effizienter führen. Er verwies darauf, dass die Vorstände zu viel Zeit im Flugzeug verbringen.
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Zudem will Enders auch den Einfluss der Politik zurückfahren. Er fordert, dass sich der französische und der deutsche Staat aus dem Konzern zurückziehen. Der „Bild am Sonntag“ sagte er am vergangenen Wochenende: „Ich möchte unsere Ertragsfähigkeit steigern, die Internationalisierung voran treiben und daran arbeiten, dass wir normale Eigentümerstrukturen bekommen, in der staatliche Aktionäre keine Rolle spielen.“
Der Deutsche Harald Wilhelm soll künftig neben den Airbus-Finanzen auch diejenigen des Gesamtkonzerns führen, da der bisherige Konzern-Finanzchef Hans Peter Ring in den Ruhestand geht. Enders' bisheriger Vize, der Franzose Fabrice Brégier, rückt dann an die Airbus-Spitze nach. Gallois erklärte, die größte EADS-Tochter Airbus dürfte in diesem Jahr 570 Flugzeuge ausliefern und bei den Bestellungen eine leicht höhere Zahl erreichen.
Gallois verzichtet auf Abschiedprämie
Gallois hat nach Informationen der französischen Wirtschaftszeitung „Les Echos“ (Donnerstag) jegliche Prämie anlässlich seines Ausscheidens abgelehnt, darunter eine in Höhe von 495 000 Euro. Sie ist als Ausgleich für die Verpflichtung gedacht, dass der scheidende Top-Manager sein Wissen nicht der Konkurrenz zugutekommen lässt. Gallois, der bereits früher einen Teil seines Managergehalts karitativen Einrichtungen zukommen ließ, begründete das mit seinem Alter: „Mit 68 Jahren gibt es nur wenig Chancen, dass man mir vorschlägt, bei Boeing zu arbeiten.“
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Im Januar hatte der EADS-Verwaltungsrat den Wechsel an der Konzernspitze beschlossen, nachdem sich zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy darauf geeinigt hatten. Am Freitag tritt Enders offiziell seinen neuen Job an. (dpa/dapd/abendblatt.de)