570 Flugzeuge sollen in diesem Jahr ausgeliefert werden. Allerdings könnte Konkurrent Boeing bei den Bestellungen diesmal vorne liegen.
Hamburg. Nach dem Rekordjahr 2011 steigert Airbus die Produktion weiter: Bis Jahresende sollen 570 neue Jets an die Kunden ausgeliefert werden, das wären noch einmal 36 Flugzeuge mehr als in den zurückliegenden zwölf Monaten - und es wäre die Fortsetzung einer Tradition: "2011 war das zehnte Jahr in Folge mit einem Anstieg der Auslieferungen", sagte Firmenchef Thomas Enders auf der Jahrespressekonferenz von Airbus und dem Mutterkonzern EADS in Hamburg.
Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Staatsschuldenkrise auch in diesem Jahr das Geschäft nicht gefährdet. Dafür spreche schon die Verteilung der Abnehmerländer: Von den Jets, die in diesem Jahr produziert werden sollen, gehen nach Angaben von Enders 17 Prozent an Kunden in Europa und weitere elf Prozent an nordamerikanische Fluggesellschaften, aber allein 32 Prozent an Abnehmer im asiatisch-pazifischen Raum. Zwar seien die Finanzierungsbedingungen zuletzt "etwas enger" geworden, räumte Verkaufsvorstand John Leahy ein. Doch die Finanzierung für die Auslieferungen der ersten Jahreshälfte sei schon jetzt gesichert.
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Eine große Rolle als Flugzeugfinanzierer spielen französische Banken, die unter der Schuldenkrise leiden. "Es treten aber mehr und mehr japanische, chinesische sowie skandinavische Banken in dieses Geschäft ein", erklärte Enders. Nur für fünf Jets im vergangenen Jahr habe Airbus die Finanzierung selbst übernehmen müssen.
Anders als bei den Auslieferungen dürfte die Kurve der Neubestellungen jedoch in diesem Jahr bei den Europäern nach unten zeigen: Enders geht von nur noch 600 bis 650 Aufträgen aus, nachdem 2011 ein Verkaufsrekord von 1608 Jets verbucht wurde. Nach Abzug von Stornierungen verblieben 1419 Bestellungen. Dies seien allerdings außergewöhnliche Zahlen, sagte der Airbus-Chef: "Niemand kann erwarten, dass man nach so einem Jahr gleich eins obendrauf setzen kann."
Mit einem Marktanteil von 64 Prozent auf Basis der Bestellzahlen haben die Europäer den US-Konkurrenten Boeing abermals hinter sich gelassen - so wie in neun der vergangenen zehn Jahre. Legt man den Wert der Aufträge zugrunde, sicherte sich Airbus 56 Prozent des Markts. In dieser Betrachtung ist der Rückstand von Boeing geringer, weil der US-Flugzeugbauer deutlich mehr teure Langstreckenjets verkaufte als Airbus.
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In diesem Jahr könnte sich das Blatt jedoch wieder wenden, könnten die Amerikaner bei den Bestellzahlen die Nase vorn haben. Der Grund: Die Auftragsflut bei Airbus war hauptsächlich die A320neo, eine neue, besonders sparsame Variante des Verkaufsschlagers A320, zu verdanken. Erst Ende August des vergangenen Jahres beschloss Boeing, das Konkurrenzmodell 737 ebenfalls mit moderneren Triebwerken auszustatten. Die sogenannte 737 MAX dürfte 2012 zahlreiche Käufer anziehen - auch weil die A320neo auf Jahre hinaus ausverkauft ist.
Angesichts des enorm hohen Auftragsbestands, der die Auslastung für mehr als sieben Jahre sichert, hat Airbus bei der A320-Familie bereits eine Ausweitung der Produktion von zuletzt 38 Maschinen pro Monat auf 42 Jets bis Ende 2012 angekündigt. Auch deutlich höhere Fertigungszahlen hatte Enders nicht ausgeschlossen. Man wolle aber erst sicher sein, dass die interne und externe Zulieferkette mit der Produktionsrate 42 zurechtkomme, bevor man darüber hinausgehe, hieß es gestern.
Vor dem Hintergrund der steigenden Fertigungszahlen will der Flugzeugbauer in diesem Jahr mehr als 4000 Menschen einstellen, davon dürften rund 1000 auf die deutschen Werke entfallen. Nach 4500 Neueinstellungen in den zurückliegenden zwölf Monaten zählt das Unternehmen nun insgesamt 55 000 Beschäftigte. Einschließlich Airbus will der EADS-Konzern in diesem Jahr 5000 feste Mitarbeiter sowie 4000 Zeitarbeitskräfte einstellen.
Die zuletzt eher schwache Profitabilität will EADS-Chef Louis Gallois schon 2012 erheblich verbessern. Dazu werde beitragen, dass sich das Preisniveau bei den Zivilflugzeugen verbessere, sagte er. Zudem liege man bei den bisherigen Sorgenkindern, dem Megajet A380 und dem Militärtransporter A400M, nun auf Kurs. "Nach all den Schwierigkeiten war 2011 das erste wirkliche Serienproduktionsjahr für die A380", ergänzte Enders. Bereits 2014/2015 soll die A380 positiv zum Betriebsergebnis beitragen, auch wenn dann die immensen Entwicklungskosten noch nicht wieder hereingeholt sein werden. In diesem Jahr will Airbus 30 A380 an die Kunden ausliefern, 2011 waren es 26.
Gallois und Enders mussten sich gestern auch zahlreichen Fragen zur Neuordnung der Konzernspitze stellen: Der EADS-Chef will zur Jahresmitte in den Ruhestand treten und man erwartet, dass Enders dann aufrückt. Jüngsten Presseberichten zufolge will Frankreich den Aufstieg von Enders jedoch nicht ohne Weiteres durchwinken. Beide Manager hielten sich in dieser Sache bedeckt. "Bis Mitte April hat der Verwaltungsrat noch Zeit für seinen Vorschlag", sagte Gallois.