Die 27 EU-Finanzminister haben sich in Brüssel auf schärfere Eigenkapitalregeln für Banken geeinigt. Parlament verlangt noch Änderungen.
Brüssel. Fast vier Jahre nach dem Lehman-Schock haben die EU-Finanzminister einen riesigen Schritt zur Sicherung der 8.300 europäischen Banken gemacht: Nach monatelangem Tauziehen einigten sie sich am Dienstag darauf, wie die schärferen Eigenkapitalregeln (Basel III) umgesetzt werden sollen.
Geschlossen gab sich die Eurogruppe auch im Umgang mit Athen. Es sei „der unerschütterliche Wunsch“ alle Mitglieder, Griechenland trotz des politischen Chaos’ in der Währungsunion zu halten, erklärte Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker. Keine Fortschritte erzielten die Minister im Postengeschacher. Und so blieb auch drei Tage vor der Jahresversammlung der Osteuropabank EBRD offen, wer das Institut künftig leiten soll.
Im Ringen um die Stärkung der Banken gab London seine Blockade auf. Nachdem er mehr Spielraum für nationale Alleingänge erhielt, stimmte Schatzkanzler George Osborne zu. „Wir haben ein großes Stück Arbeit erledigt“, stellte die dänische Ressortchefin und amtierende Ratspräsidenten Margarethe Vestager erleichtert fest. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach von einem „sehr guten Ergebnis“. Mit dem Mandat des Rates könnten nun „sehr zügig die Verhandlungen mit dem Parlament starten“.
Mit der Umsetzung der Basel-III-Regeln zum Jahreswechsel, worauf sich die G-20-Länder schon 2009 geeinigt hatten, wird die wichtigste Lehre aus der globalen Finanzkrise gezogen. Sie schreiben mehr als die Verdreifachung der harten Kernkapitalquoten der Banken von heute zwei auf sieben Prozent bis zum Jahr 2019 vor. Kompliziert ist die Umsetzung in der EU, weil vor allem Briten noch mehr Vorsorge wollen. Die Rettung der Banken hatte den britischen Steuerzahler viele Milliarden gekostet.
Doch die Flexibilität hat ihren Preis. Schärfere Auflagen bremsen die Kreditvergabe weit über die Landesgrenzen hinaus. Außerdem bringen sie den Banken Wettbewerbsvorteile im umkämpften Markt. Frankreich, Luxemburg und andere Länder fürchten von Alleingängen in London massive Auswirkungen.
Der Kompromiss ist kompliziert, aber „ausgewogen“, wie Vestager betonte: Die Regierungen dürfen ohne europäische Zustimmung Zusatzpuffer bis zu drei Prozent vorschreiben, so lange die Regeln für alle Länder gelten, in denen die betroffenen Banken aktiv sind. Noch dickere Polster können aber untersagt werden. Zudem erhielt London grünes Licht, um seinen Instituten in Krisenzeiten etwa für Immobilienkredite eine höhere Vorsorge zu verordnen.
Zwtl: Bankenverband mahnt zur Eile
Das Parlament will die Ratsposition verändern und ergänzen. Der Wirtschaftsausschuss hatte sich am Montagabend auf einen eigenen Vorschlag geeinigt. Demnach sollen die Puffer für alle international aufgestellten Großbanken auf bis zu zehn Prozent aufgestockt werden. Zudem wehren sich die Volksvertreter gegen einen nationalen Flickenteppich. Weiteres Anliegen: Die Banker-Boni sollen so weit gedeckelt werden, dass sie die Festgehälter nicht mehr übersteigen.
Der Chef des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, begrüßte den Durchbruch der Finanzminister und forderte eine rasche Einigung mit dem Parlament, da endlich Planungssicherheit notwendig sei. Die Basel-III-Umsetzung sei „ein Mammutprojekt und bis Ende dieses Jahres eigentlich nicht mehr zu bewerkstelligen.“
Was ist „Basel III"?
Über den griechischen Patienten hatten die 17 Euro-Finanzminister bis in den späten Montagabend beraten. Niemand habe dabei für einen Austritt argumentiert, sagte Juncker. Entsprechende anderslautende Empfehlungen aus Österreich oder von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso wies Juncker scharf als „Unsinn“ und „Propaganda“ zurück. Für den Fall „dramatischer Verschiebungen“ wollte der Luxemburger gar eine Debatte über einen Aufschub der Sparvorgaben „nicht von vorneherein ausschließen“.
Schäuble erklärte das Programm dagegen für „nicht verhandelbar“. Wer zu lange nicht hinreichend wirtschafte, der „kommt um eine Anpassungskrise nicht herum“.
Die Frist der Finanzminister, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Spitze der Osteuropabank zu einigen, ist seit Dienstag verstrichen. Fünf Kandidaten waren im Rennen, und auch der französische Anwärter fand nicht die notwendige Mehrheit. „Ich finde es nicht dolle, dass wir keine europäische Position haben“, kommentierte Schäuble den Patt. Doch der Posten ist Teil eines komplizierten Personalpaketes bis hin zur Spitze der Eurogruppe. In Diplomatenkreisen wurde nicht ausgeschlossen, dass nach dem Treffen des neuen französischen Präsidenten François Hollande und Kanzlerin Angela Merkel am Abend in Berlin noch Bewegung ins Personalkarussell kommt. (dapd)