Schon 2013 sollen strengere Regeln für Europas Banken gelten. Im Prinzip ist sich die EU darüber einig – doch Details sind noch offen.

Brüssel. Nach heftigem Streit in der EU sind die geplanten schärferen Eigenkapitalregeln für Europas Banken in Sicht. Sie sollen wie geplant Anfang 2013 in Kraft treten. Die EU-Finanzminister haben ihren Beschluss am Donnerstagmorgen in Brüssel wegen des Widerstands von Großbritannien zunächst vertagt. Doch bereits bei ihrer nächsten regulären Sitzung am 15. Mai wollen sie den Durchbruch schaffen und sich auf eine gemeinsame Position zu härteren Kapitalvorschriften für Banken einigen. Die Geldhäuser müssen ihre Geschäfte künftig mit mehr Eigenkapital absichern, um besser gegen Krisen gewappnet zu sein.

Bei dem 16-stündigen Treffen waren sich die EU-Länder im Prinzip einig. Die dänische EU-Ratspräsidentschaft teilte nach dem Treffen mit, es habe eine „deutliche Mehrheit“ für den Kompromissvorschlag gegeben, wonach nationale Aufseher ihren Banken zusätzliche Kapitalpuffer auferlegen können. „Es muss aber noch technische Arbeit erledigt werden“, sagte die dänische Ressortchefin und amtierende EU-Ratspräsidentin Margrethe Vestager.

+++ EU-Minister streiten über schärfere Banken-Kapitalregeln +++

+++ Hintergrund: Was ist eine Kernkapitalquote? +++

Die Zeit drängt: Die neuen Kapitalvorschriften für europäische Banken sollen Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. Die Finanzminister müssen sich auch noch mit dem EU-Parlament auf eine gemeinsame Position einigen.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier drängte den Ministerrat und das Parlament zu schnellen Beschlüssen: „Die Einigung zwischen den beiden Gesetzgebern muss in den kommenden Wochen und Monaten gefunden werden, um unsere Basel-Zusagen einzuhalten.“ Der Baseler Ausschuss, der sich aus Vertretern von Aufsichtsbehörden und Notenbanken zusammensetzt, hatte die Vorgaben erarbeitet. Da der Ausschuss nur Empfehlungen ausspricht, muss die EU diese nun noch in Gesetze umsetzen.

Umstritten war bis zuletzt, inwieweit die EU-Staaten künftig über die EU-Eigenkapitalregeln hinausgehen dürfen. Vor allem Großbritannien und Schweden hatten Flexibilität für höhere Kapitalquoten verlangt – ohne vorher andere EU-Staaten oder die EU-Kommission fragen zu müssen. Frankreich und Deutschland hatten sich dagegen ausgesprochen und wollen einheitliche Kapitalquoten für alle EU-Länder vorschreiben. Dabei ging es auch um die Frage, wie dann Tochterunternehmen von strenger regulierten Banken in europäischen Nachbarländern behandelt werden.

Vor allem Großbritannien torpedierte einen Kompromiss. Der britische Ressortchef George Osborne brachte besonders viele nationale Sonderwünsche für den Bankenplatz London vor. „Ich gehe nicht nach draußen, um dann wie ein Idiot auszusehen“, sagte er mit Blick auf mögliche Kritik seiner heimischen Öffentlichkeit zu einem mit heißer Nadel gestrickten EU-Kompromiss zu Basel III.

In Europa sind rund 8300 Banken und Kreditinstitute von den Regeln des „Basel-III-Abkommens“ betroffen. Die wichtigste Neuerung ist, dass Banken ihre Geschäft künftig mit mehr Eigenkapital ausstatten müssen. Besonders wichtig ist das harte Kernkapital, das sich vor allem aus Aktien und einbehaltenen Gewinnen zusammensetzt und unmittelbar haftbar ist. Die Institute sollen diesen Puffer bis zum Jahr 2019 schrittweise von 2 auf 7 Prozent steigern.

Laut EU-Kommission müssen die Banken sich bis 2015 dafür insgesamt 84 Milliarden Euro Eigenmittel beschaffen, bis 2019 rund 460 Milliarden Euro. Auf diese Polster sollen Banken in einer Krise zurückgreifen können. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass viele Geldhäuser zu hohe Risiken eingegangen waren und Verluste nicht mit ihrem Eigenkapital auffangen konnten.

Barnier, der vor neun Monaten die Gesetzgebung vorgeschlagen hatte, sieht die Regeln als zentralen Baustein, um die Lehren aus der seit 2008 dauernden Finanzkrise zu ziehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte in der Nacht: „Wenn wir zu wenig Eigenkapital haben, dann sind die Banken ein Risikoträger für die Stabilität des Finanzsystems.“

Aus dem Parlament kamen warnende Stimmen, in der EU zu viele unterschiedliche nationale Vorschriften zu erlauben: Die EU dürfe keinen „Flickenteppich an Sonderregeln“ zulassen, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. (dpa/abendblatt.de)