Das Sorgenkind der EU will mit einer Reform das Finanzsystem sanieren und so das Vertrauen der Finanzwelt zurück erobern.
Madrid/Brüssel. „Bad Banks“ sollen dem Euro-Sorgenkind Spanien helfen, seinen maroden Bankensektor zu sanieren. Diese Abwicklungsinstitute sollen Tausende von Wohnungen, die den Banken infolge von Kreditausfällen übertragen worden waren, übernehmen und auf den Markt bringen. Die spanische Regierung beschloss am Freitag, dass alle Geldhäuser des Landes dazu verpflichtet werden, solche Auffanggesellschaften zu gründen. Neben Spanien muss nach Einschätzung der EU-Kommission auch die zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft Frankreich noch härter sparen.
Die zweite Bankenreform in Spanien in diesem Jahr sieht zudem vor, dass die Banken künftig auch ihre als unproblematisch geltenden Kredite mit höheren Rücklagen absichern müssen als bisher. Wirtschaftsminister Luis de Guindos äußerte die Erwartung, dass die Finanzinstitute aufgrund der Reform voraussichtlich zusätzliche Mittel in Höhe von 30 Milliarden Euro benötigen werden.
An den Finanzmärkten wurden die Pläne negativ aufgenommen. Während spanische Staatsanleihen vor allem in den kurzen Laufzeiten unter Druck gerieten, erhielten sichere Anlagen wie deutsche Staatspapiere Zulauf. Auch der Euro gab nach. An der Madrider Börse sanken die Aktienkurse der Banken.
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Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte den Geldhäusern in einer vorigen Bankreform im Februar bereits aufgetragen, zur Absicherung unsicherer Kredite Rücklagen in Höhe von 54 Milliarden Euro zu schaffen. Der Minister räumte ein, dass einige Banken aufgrund der neuen Anforderungen die zusätzlichen Gelder nicht aus eigenen Mittel aufbringen könnten. Die Institute könnten aber Gelder aus dem staatlichen Bankenrettungsfonds in Anspruch nehmen. Allerdings werde der Staat dafür Zinsen in Höhe von etwa zehn Prozent erheben. „Von einer Hilfe für die Banken mit Steuergeldern kann daher keine Rede sein“, betonte de Guindos.
Die geplanten Gesellschaften sollen nicht als Geldinstitute geführt werden, sondern sich allein mit der Vermarktung und Abwicklung von Immobilienbesitz befassen. Daher lehnt die spanische Regierung die Bezeichnung „Bad Banks“ auch ab. Madrid war ursprünglich gegen dieses Modell gewesen, änderte dann aber seine Haltung. De Guindos trat kürzlich dafür ein, dass die Gründung solcher Gesellschaften freiwillig sein sollte. Die jüngste Zuspitzung der Bankenkrise bewegte Madrid aber offensichtlich zu einer Kehrtwende.
Dies dürfte auch der größte Unterschied zum „Bad-Banks“-Modell in Deutschland sein. Dort hatte man 2009 unter dem Eindruck des Lehman-Crashs die Möglichkeit zur Gründung von „schlechten Banken“ geschaffen. Die Düsseldorfer WestLB lagerte wenig später Papiere von 77 Milliarden Euro in die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) aus. Die Münchner Hypo Real Estate übertrug im Oktober 2010 Risikopapiere im Wert vom 173 Milliarden Euro an die FMS Wertmanagement.
In Spanien leiden die Banken unter dem Zusammenbruch des Baubooms vor vier Jahren. In ihren Bilanzen lagern unzählige „faule Kredite“, die sie für den Wohnungsbau gewährt hatten und die nicht zurückgezahlt werden können. Nach Angaben der Regierung beläuft sich das Gesamtvolumen der Immobilienkredite in Spanien auf etwa 320 Milliarden Euro. Davon gelten 180 Milliarden als problematisch.
Nach Ansicht der EU-Kommission müssen die großen Euroländer Spanien und Frankreich mehr für den Schuldenabbau tun. Beide Länder werden es nach Einschätzung der Brüsseler Behörde nicht schaffen, im kommenden Jahr die Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einzuhalten. Italien hat hingegen seine Hausaufgaben gemacht.
Die Bundesregierung forderte Madrid und Paris bereits indirekt zum Handeln auf. „Es ist möglich, in jedem Fall gegenzusteuern und die Defizitsituation zu verbessern“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dies werde auch Teil der Gespräche am Dienstag beim Treffen des neuen französischen Präsidenten François Hollande mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin sein.
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Hollandes Chefstratege Michel Sapin kündigte an, dass die neue Regierung alles Notwendige tun werde, um im kommenden Jahr die Maastrichter Defizitmarke einzuhalten. Die neuen Prognosen aus Brüssel beruhten noch auf der Politik des scheidenden konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy, sagte Sapin am Freitag der französischen Nachrichtenagentur AFP.
Wie EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel mitteilte, dürfte Spanien 2013 auf 6,3 Prozent Haushaltsdefizit kommen, Frankreich auf 4,2 Prozent. Der Finne forderte von der Regierung des spanischen Premiers Rajoy Taten. „Es braucht entschlossenes Handeln, um den Sparkassensektor zu rekapitalisieren.“ Die spanischen Regionen gäben zu viel aus und müssten das neue Gesetz für Finanzstabilität einhalten. Insgesamt macht das gemeinsame Währungsgebiet mit 17 Ländern Fortschritte beim Abbau der Neuverschuldung. Sie sinkt im Schnitt von 3,2 Prozent in diesem Jahr auf 2,9 Prozent 2013.
Die europäische Wirtschaft steckt in einer leichten Rezession. In der Eurozone wird für das laufende Jahr unverändert ein Konjunktur-Minus von 0,3 Prozent angenommen, 2013 soll es dann ein Plus von 1 Prozent geben. (dpa)