Die Lage am Horn von Afrika ist weiterhin sehr angespannt. Der Zustrom von Flüchtlingen in sämtliche Lager der Region ist ungebrochen.
Berlin. Die Hungersnot am Horn von Afrika hat ihren Höhepunkt noch längst nicht erreicht und könnte nach Einschätzung von Experten noch viele Monate andauern. "Die Lage wird sich weiter zuspitzen. Die Internationale Hilfsgemeinschaft sollte sich darauf vorbereiten, dass bis Jahresende 550.000 Flüchtlinge in Dadaab leben", sagte der Vorsitzende der Hilfsorganisation Care, Heribert Scharrenbroich, am Montag in Berlin. Ebenso viele Menschen könnten der Hungersnot am Horn von Afrika zum Opfer fallen, warnte er.
Scharrenbroich forderte größere Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft bei der Bewältigung der Hungerkatastrophe. Bislang seien erst knapp 60 Prozent der von den Vereinten Nationen geforderten 2,5 Milliarden US-Dollar (1,77 Milliarden Euro) zugesagt worden, kritisierte er. Allein die Nothilfe müsse angesichts der dramatischen Entwicklung der Hungersnot bis ins Frühjahr 2012 aufrechterhalten werden, betonte er.
Scharrenbroich wies auf den ungebrochenen Zustrom von Flüchtlingen in sämtliche Lager der Region hin. Derzeit erreichten täglich etwa 1.200 Neuankömmlinge allein das Flüchtlingscamp Dadaab, in dem nunmehr etwa 423.000 Menschen leben. Ursprünglich sei Dadaab nur für 90.000 Personen angelegt worden, sagte er. Auch in weiteren ostafrikanischen Ländern weitet sich die verheerende Hungersnot aus. Die Vereinten Nationen erklärten am Montag eine weitere Region Somalias zum Hungergebiet. Neben Kenia sind zudem Äthiopien und Dschibuti von der Dürre und ihren Folgen betroffen.
Nach Einschätzung von Hilfsorganisationen ist mit einer Entspannung der Lage auch im Herbst nicht zu rechnen. Scharrenbroich warnte "vor dem Irrglauben, dass die Krise mit einem für den Oktober erhofften Regen wesentlich gemildert würde". Vielmehr seien bis zu drei Regenperioden nötig, damit sich die Lage für die Menschen normalisieren könne. Die Krise habe ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, sagte er.
CDU-Politiker Michael Brand forderte Luftbrücke für Somalia
Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, Michael Brand (CDU), forderte die Bundesregierung zu einer weiteren Aufstockung ihrer Hilfen für Ostafrika auf. Mitte August hatte die schwarz-gelbe Koalition neben der akuten Nothilfe weitere 118 Millionen Euro an Hilfsgeldern zugesagt. "Wir müssen weit mehr tun", kommentierte Brand. Konkrete Zahlen wollte er nicht nennen. Die Haushaltsberatungen müssten nun dazu genutzt werden, die Finanzierung der Rettungsmaßnahmen "bis tief ins nächste Jahr" zu sichern, sagte er.
Brand, der kürzlich das Flüchtlingslager Dadaab besucht hatte, sprach von einer "Katastrophe biblischen Ausmaßes". "Es kann keinerlei Entwarnung geben", sagte er und forderte angesichts der Vorherrschaft der Rebellengruppe Al-Shabab im Süden Somalias, über eine Luftbrücke nachzudenken.