Die Uno bezeichnet die Zukunftsaussichten als düster und mahnen mehr Hilfen an. Auch in Kenia und Äthiopien ist die Lage dramatisch.
Addis Abeba/Mogadischu. Wegen der dramatischen Situation in den Dürregebieten Somalias haben die Vereinten Nationen in drei weiteren Regionen des Landes offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Hintergrund der Entscheidung sei die steigende Zahl der an akuter Unterernährung leidenden Menschen im Süden und im Zentrum des Bürgerkriegslandes, teilten Ernährungsexperten der UN am Mittwoch mit. Auch die Sterberate sei deutlich erhöht.
Nach Einschätzung der zuständigen Uno-Organisation FSNAU könnte sich die Situation in den Dürregebieten am Horn von Afrika in den nächsten Monaten weiter verschlimmern. Zugleich warnten die Experten, dass die Hilfsleistungen für die leidende Bevölkerung immer noch unangemessen seien. Es sei dringend nötig, die Hilfen auszustocken. Allein in Somalia sollen 3,7 Millionen Menschen von der Krise betroffen sein. 3,2 Millionen von ihnen benötigen nach Angaben der Helfer sofortige, lebensrettende Maßnahmen. „Die Zukunftsaussichten sind sehr düster“, sagte Grainne Moloney von der FSNAU der Nachrichtenagentur dpa.
Unterdessen hat Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Kritik an einem zu geringen Engagement der Bundesregierung zurückgewiesen. Die bisher genannten Summen für den Einsatz seien korrekt berechnet worden, sagte er am Mittwoch in Berlin.
Zum einen gebe es 30 Millionen Euro für die bilaterale Zusammenarbeit mit den von der Hungersnot betroffenen Staaten. Des weiteren stammten etwa 20 Prozent der EU-Hilfe von 160 Millionen Euro von der deutschen Seite. Zudem sei Deutschland auch an den Hilfen der Weltbank beteiligt, so dass sich die deutsche Hilfe für die Hungernden in Ostafrika auf insgesamt ungefähr 100 Million Euro belaufe, erklärte Niebel.
Die FSNAU erwartet derweil, dass sich „die Hungersnot in den nächsten vier bis sechs Wochen auf alle Regionen im Süden Somalias ausweiten wird“. Es werde sich wahrscheinlich bis mindestens Dezember 2011 auch nichts an dieser Situation ändern.
Bereits vor zwei Wochen war in zwei Regionen Südsomalias eine Hungersnot ausgerufen worden. Somalia leidet ganz besonders unter der schwersten Dürre seit 60 Jahren. Große Teile des Südens werden von der islamischen Al-Shabaab-Miliz kontrolliert, die Hilfen westlicher Organisationen nur bedingt zulässt. Die Menschen flüchten auf der Suche nach Hilfe seit Wochen in die Hauptstadt Mogadischu, aber auch in die Nachbarländer.
Vor allem im kenianischen Flühtlingslager Dadaab ist die Lage der völlig ausgezehrten Menschen alarmierend. Immer mehr unterernährte Kinder aus Somalia würden an den Folgen des Hungers sterben, teilte das Flüchtlingskomitee UNHCR am Mittwoch mit. In Teilen des größten Lagers der Welt sei die Rate der Kinder unter fünf Jahren, die die Hungersnot nicht überlebten, zuletzt von 1,2 auf 1,8 pro 1000 Kinder gestiegen.
Diese Zahlen bezögen sich ausschließlich auf Todesfälle in den medizinischen Zentren in dem Lager. Dabei sei kaum abzuschätzen, wie viele Kinder täglich in anderen Teilen des Camps ums Leben kämen. Allein im Juli seien 40 000 Hungernde angekommen – dies sei die höchste Zahl seit 20 Jahren, hieß es. Täglich kämen durchschnittlich 1300 weitere verzweifelte Somalier hinzu. Obwohl die Organisation bereits tausende Notunterkünfte aufgebaut habe, seien 45 000 weitere Zelte nötig, um dem Ansturm zu begegnen.
In Dadaab leben derzeit fast 400.000 Menschen; die meisten von ihnen stammen aus Somalia. Ursprünglich war das Lager für 90.000 Menschen gebaut worden.
Die Lage im äthiopischen Flüchtlingszentrum Dolo Ado ist ähnlich kritisch. „Immer neue Flüchtlinge kommen geschwächt und ausgemergelt vom Hunger und dem langen Fußmarsch aus ihren Dörfern an“, hieß es. „Eins von drei Kindern, das in Dolo Ado ankommt, ist unterernährt.“
Drei Camps in der Region haben ihre Kapazität bereits erreicht. Ein weiteres Lager, Hilaweyn, soll voraussichtlich Anfang kommender Woche eröffnet werden. Es bietet Platz für 60 000 Menschen. Die Uno schätzt, dass fast zwölf Millionen Menschen am Horn von Afrika Hunger leiden.