Der Betreiber Tepco bekommt die Strahlung im Atomkraftwerk Fukushima nicht in den Griff. Jeden Tag werden neue, stark erhöhte Werte gemessen.
Tokio/Fukushima/Osaka. Trotz der weiter kritischen Lage am havarierten Atommeiler Fukushima kehren zahlreiche Anwohner in die Gefahrenzone zurück . Vor allem älteren Menschen sorgten sich um ihre Häuser und wollen nicht länger in Notfallunterkünften bleiben, berichtete der japanische Nachrichtensender NHK am Montag. Die Behörden in Japan hatten die Bewohner im Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk Fukushima Eins aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Den Menschen in einer Zone von 20 bis 30 Kilometern wurde zudem empfohlen, in ihren Häusern zu bleiben, um radioaktive Verstrahlung zu vermeiden. Letzte Woche riet die Regierung dann den Bewohnern der äußeren Zone, das Gebiet freiwillig zu räumen. Als Grund gaben die Behörden an, dass die Versorgung der Menschen immer schwieriger werde.
Die Regierung warnte nun am Montag die Menschen aus der 20-Kilometer-Zone um das AKW-Warck, sie sollten vorerst nicht nach Hause zurückkehren. Das Gesundheitsrisiko sei viel zu groß . Doch viele der Flüchtlinge, vor allem aus dem Gebiet etwa 20 bis 30 Kilometer vom Kraftwerk entfernt, kehren trotz der Warnungen zurück, berichtete NHK. Die Menschen seien erschöpft vom Leben in den Notlagern. Sie wollten wieder nach Hause, sagte die Provinzregierung von Fukushima. Man werde die Zentralregierung in Tokio bitten, die Lieferung von Hilfsgütern in die Evakuierungszone aus diesem Grund zu verstärken.
Fukushima: Stark radioaktives Wasser außerhalb von Reaktor 2
Im schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima Eins ist am Montag erstmals außerhalb des Gebäudes vom Reaktor 2 stark radioaktiv verseuchtes Wasser entdeckt worden. In mehreren Kontrollschächten eines unterirdischen Kanals, der aus dem Turbinengebäude des Reaktors hinausführt, habe sich Wasser angesammelt, dessen Radioaktivität bei 1000 Millisievert pro Stunde liege, teilte ein Sprecher der Betreiberfirma Tepco mit.
Die Kontrollschächte des Kanals, in dem Kabel und Abwasserleitungen verlaufen, befinde sich rund 60 Meter vom Meer entfernt, sagte der Sprecher. Möglicherweise sei verseuchtes Wasser in den Ozean gelangt. „Wir sind dabei zu prüfen, ob das Wasser direkt in Kontakt mit dem Meer gekommen ist“, sagte der Sprecher. Bereits am Sonntag war ähnlich stark radioaktiv verseuchtes Wasser im Untergeschoss des Turbinengebäudes entdeckt worden. Bisher war jedoch außerhalb des Gebäudes kein Wasser entdeckt worden.
Kernschmelze in Unglückreaktor - Erneut stark erhöhte Strahlung
An der Atomruine in Fukushima ist erneut stark erhöhte Radioaktivität aufgetreten. Wie japanische Medien am Montagabend (Ortszeit) meldeten, wurden bei Reaktorblock 2 Strahlenwerte von mehr als 1000 Millisievert pro Stunde gemessen. Die Medien bezogen sich dabei auf Informationen der Betreiberfirma Tepco. Wie der Fernsehsender NHK meldete, wurde die extrem hohe Radioaktivität bereits am Sonntag festgestellt.
Kernschmelze in Unglücksreaktor - Regierung kritisiert Betreiber
Die Lage im havarierten Atomkraftwerk Fukushima im Nordosten Japans bleibt extrem kritisch . Im Reaktor 2 hatte nach Angaben der Regierung irgendwann in den vergangenen zwei Wochen eine Kernschmelze eingesetzt. Man glaube aber, dass der gefährliche Prozess gestoppt sei, sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Montag. Die hohe Radioaktivität, die im Wasser in dem dortigen Turbinengebäude entdeckt wurde, sei auf diese teilweise Kernschmerze zurückzuführen, ergänzte der Sprecher.
Der Betreiber des Unglückskraftwerks, Tepco, hat inzwischen seine Angaben zur Verseuchung des Wassers korrigiert. Das Unternehmen spricht jetzt noch von einer 100.000-fach höheren Radioaktivität als normal. Zuvor hatte der Energiekonzern erst gemeldet, die Strahlung sei zehn Millionen Mal höher als sonst - dann hatte Tepco diese Zahl zurückgezogen, ohne neue Werte zu nennen. Auch jetzt gab es zunächst keine genauen Informationen zum Zeitpunkt der teilweisen Kernschmelze. Fachleute hatten schon seit Beginn des Unglücks vor gut zwei Wochen mehrfach vermutet, dass Reaktorkerne so stark überhitzt gewesen sein könnten, dass eine Schmelze begonnen haben könnte.
Regierungssprecher Edano übte jetzt scharfe Kritik am Umgang des Betreibers Tepco mit den Strahlungs-Messwerten. Das Vorgehen sei „inakzeptabel“. Die japanische Atomaufsichtsbehörde wies das Unternehmen zudem an, Maßnahmen zu treffen, damit es nicht wieder zu solchen Irrtümern wie am Wochenende kommt. Die Schlampereien bei Tepco verstärken die Angst der Menschen in der Unglücksregion . Viele beklagen, sie seien nicht gut genug informiert über die Verstrahlung und die möglichen Folgen für ihre Gesundheit.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte zuvor eine Ausweitung der Evakuierungszone rund um das Atomwrack gefordert. In dem Ort Litate, rund 40 Kilometer nordwestlich des Kraftwerks, gäbe es eine so hohe Strahlenbelastung, dass eine Evakuierung notwendig sei, erläuterte Greenpeace. Vor allem für Kinder und Schwangere sei es dort nicht sicher, weil sie bereits innerhalb weniger Tage der jährlich erlaubten Strahlenbelastung ausgesetzt seien, erklärte Greenpeace. Um das Kraftwerk Fukushima Eins gilt derzeit eine 20 Kilometer weite Evakuierungszone. Die Regierung legte Bewohnern im Umkreis zwischen 20 und 30 Kilometern außerdem nahe, freiwillig die Gegend zu verlassen.
Unterdessen setzten Arbeiter an der Atomruine ihre Bemühungen fort, das hoch radioaktive Wasser aus den Gebäuden zu beseitigen . Das ist nötig, damit nicht noch mehr Arbeiter verstrahlt werden. Und damit die Stromversorgung und die Kühlung in dem Kraftwerk, das beim Erdbeben vom 11. März zerstört wurde, in Gang kommen. Bisher wurden 19 Arbeiter bei der Rettungsaktion stärker verstrahlt - sie waren einer Radioaktivität von mehr als 100 Millisievert ausgesetzt.
Unterdessen versetzten Nachbeben die Menschen in der Katastrophenregion weiter in Angst. Am Montagmorgen erschütterte ein starker Erdstoß die Region . Er hatte nach japanischen Angaben eine Stärke von 6,5. Die US-Erdbebenwarte stufte die Stärke dagegen etwas zurück und sprach von 6,1. Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben der nationalen Meteorologischen Behörde in Japan vor der Küste der Unglücksprovinz Miyagi in einer Entfernung von 163 Kilometern von Fukushima.
Von dem havarierten Kernkraftwerk wurden jedoch keine weiteren Schäden gemeldet. Eine von den Behörden zunächst ausgegebene Tsunamiwarnung wurde später aufgehoben. Der Bahnbetrieb auf den Hochgeschwindigkeitstrassen wurde nicht beeinträchtigt.
Hilfe für Japan - Hier können Sie spenden!
Die Region war vor gut zwei Wochen von einem verheerenden Erdbeben der Stärke 9,0 sowie einem Jahrhundert-Tsunami schwer zerstört worden. Mehr als 10.800 Menschen verloren im Nordosten des Landes ihr Leben, rund 16.000 Menschen gelten als vermisst.
Noch immer müssen gut 243.000 Menschen in Notunterkünften hausen. Die Behörden warnen die Bewohner für die nächste Zeit vor weiteren Nachbeben. Derweil wurden die Aufräumarbeiten am Montag fortgesetzt.
Japan verbietet Gebrauch von Regenwasser aus Furcht vor Strahlung
Aus Sorge vor radioaktiver Strahlung hat Japans Gesundheitsministerium Wasseraufbereitungsanlagen im ganzen Land angewiesen, kein Regenwasser mehr zu verwenden und Becken mit Plastikplanen abzudecken. Da radioaktive Partikel aus dem schwer beschädigten Atomkraftwerk Fukushima Eins über das Regenwasser in Flüsse gelangen könnten, sollte aus Flüssen kein Trinkwasser mehr entnommen werden, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag. Allerdings sollten diese Maßnahmen nur in dem Maße umgesetzt werden, wie sie nicht die Trinkwasserversorgung gefährden.