Jesuitenpater Mertes wirft Mixa vor, Opfer zu diskreditieren und nannte die Kurie ein „Raumschiff, das den Bodenkontakt zu verlieren droht.“
Hamburg. Als erster führender deutscher Katholik hat der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Jesuitenpater Klaus Mertes, den Augsburger Bischof Walter Mixa angegriffen. „Wir dürfen Opfer nicht diskreditieren, wie er es tat“, sagte Mertes in der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom kommenden Donnerstag. Gegen Mixa werden Vorwürfe erhoben, er habe als Dorfpfarrer Heimkinder geschlagen. Der Bischof weist die Vorwürfe zurück.
Schulleiter Mertes betonte, dass ein Missbrauch durch einen Pfarrer als schlimmer zu bewerten sei als etwa Taten eines Sportlehrers. „Da ist die Fallhöhe höher als bei Missbrauch durch einen Sportlehrer, denn der Priester handelt nach katholischem Verständnis in persona Christi.“ Kritisch äußerte er sich in diesem Zusammenhang auch über die deutschen Bischöfe: Diejenigen, „die sich selbst als Opfer darstellen, diskreditieren die gesamte Kirche.“
Mertes bezeichnete die Kurie als ein „Raumschiff..., das den Bodenkontakt zu verlieren droht.“ Vor Papst Benedikt XVI. habe er „großen Respekt“, weil der in der Frage des Missbrauchs keine Angst vor der Wahrheit gezeigt habe. „Ich wünsche ihm, dass er in Kritik an der Kirche noch mehr auch Liebe zur Kirche entdecken kann“, sagte Mertes. Der Papst neige jedoch dazu, die Moderne schlechtzureden. Er wirke manchmal wie von der Welt verletzt. „Das macht ihn schwerhörig dafür, dass Gott auch durch die säkulare Welt zur Kirche spricht.“
Ehemalige Schüler der hessischen Odenwaldschule erhoben derweil im Zusammenhang mit dem Skandal um jahrelangen Missbrauch an der Schule schwere Vorwürfe gegen einen Teil der Eltern. Der Journalist Johannes von Dohnanyi schrieb in der „Zeit“, manche Eltern seien „durch ihr Desinteresse, ihre Gleichgültigkeit, ihren Egoismus und ihre Gefühlskälte zu Mit-Schuldigen, ja sogar Mit-Tätern“ geworden. Er selbst sei nicht missbraucht worden, fügte Dohnanyi hinzu. Er war von 1967 bis 1971 Schüler an der Odenwaldschule; sein Vater ist der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD). Ein weiterer ehemaliger Odenwaldschüler, Alexander Drescher, warf seinen Eltern in der „Zeit“ vor, sie hätten gewusst, dass er Anfang der 70er Jahre von dem damaligen Musiklehrer Wolfgang H. missbraucht worden sei. Dennoch hätten sie geschwiegen.