Die Grünen fordern Mixas Rücktritt. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wirft dem Augsburger Bischof “Heuchelei“ und “Feigheit“ vor.
Berlin. Bischof Walter Johannes Mixa ist Ehrenbürger von Schrobenhausen. Noch, ist man versucht zu sagen. Denn jetzt ist sogar der Augsburger Bischofsstuhl, auf dem Mixa seit fünf Jahren sitzt, ins Wackeln geraten. Freitagmorgen hat der Bischof erstmals eingeräumt, in seiner Zeit als Stadtpfarrer im bayerischen Schrobenhausen Kinder und Jugendliche geschlagen zu haben. "Wenn jetzt das Thema auf die Frage nach Ohrfeigen zugespitzt wird, will ich ganz ehrlich sagen, dass ich als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watsch'n von vor zwanzig oder dreißig Jahren natürlich nicht ausschließen kann", sagte Mixa laut einer am Freitag vorab veröffentlichten Meldung der "Bild am Sonntag". Das sei damals "vollkommen normal" gewesen. "Schwere körperliche Züchtigungen" habe es durch ihn aber nie gegeben. Bislang hatte der 68-Jährige alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe kategorisch zurückgewiesen und Anfang April wörtlich erklärt: "Ich versichere nochmals, dass ich zu keiner Zeit gegen Kinder und Jugendliche körperliche Gewalt in irgendeiner Form angewandt habe."
Die Augsburger Diözesanrätin Elisabeth Mantlik sprach am Freitag von einem "Trauerspiel". Es wäre besser gewesen, wenn sich der Bischof sofort offen und ehrlich zu den Prügelvorwürfen geäußert hätte, sagte Mantlik am Rande der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in München. "Diese Heuchelei ist unerträglich und auch ein Stück Feigheit." Und ZdK-Präsident Alois Glück meinte mit Blick auf das Verhalten von Mixa: "Ich denke, dass er nicht gut beraten war." Rücktrittsforderungen gegen den Augsburger Bischof wies der oberste Laienvertreter der deutschen Katholiken jedoch als "kontraproduktiv" zurück, weil sie "zu falschen Legenden" beitragen könnten.
Die ersten öffentlichen Rücktrittsforderungen haben unmittelbar nach Bekanntwerden von Mixas Ohrfeigen-Geständnis die Bündnisgrünen erhoben. Als Bischof habe Mixa "jegliche moralische Autorität verloren", sagte die Fraktionsvorsitzende Renate Künast. "Sein spätes Geständnis ist ein Schlag ins Gesicht aller Opfer, denen er unterstellt hat, nicht die Wahrheit zu sagen." Weil Mixa die Öffentlichkeit wiederholt belogen und der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche schweren Schaden zugefügt habe, müsse er von seinen Ämtern zurücktreten, sagte Künast. Josef Winkler, der kirchenpolitische Sprecher der Fraktion, erklärte, Mixa sei "untragbar" geworden.
Der von der Katholischen Waisenhausstiftung Schrobenhausen als Sonderermittler beauftragte Rechtsanwalt Sebastian Knott hat unterdessen einen Zwischenbericht vorgelegt. Nach seinen Erkenntnissen habe es im St. Josef-Kinderheim "keine Kultur des Prügelns" gegeben, sagte Knott. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe er von Einzelfällen "unzulässiger Tätlichkeiten" aus, aber nicht von "systematisch geplanter oder gar von Lust an der Gewalt motivierten Verletzungen". Knott berichtete weiter, eine Mehrzahl seiner Gesprächspartner habe bestätigt, dass die katholischen Schwestern immer gesagt hätten: "Warte nur, wenn der Stadtpfarrer Mixa kommt!" Besonders auffällige Kinder seien dem Pfarrer vorgestellt worden. Ob es bei den anschließenden Vieraugengesprächen "vereinzelt oder wiederholt zu Tätlichkeiten gekommen" sei, wollte der Anwalt am Freitag nicht beurteilen.
Insgesamt liegen die eidesstattlichen Erklärungen von acht mutmaßlichen Opfern vor. Sieben ehemalige Heimkinder von St. Josef behaupten, von Mixa geschlagen worden zu sein. Eine 51-Jährige berichtete dem ARD-Magazin "Panorama", Mixa habe sie im Firmunterricht mehrfach "mit der flachen Hand ins Gesicht" geschlagen, danach habe sie seine Hand küssen müssen. Das sei geschehen, als Mixa Pfarrvikar von Weilach gewesen sei.
Noch ist Walter Johannes Mixa im Amt, und noch ist er Ehrenbürger von Schrobenhausen. Dazu hat man ihn 1996 gemacht, als er zum Bischof von Eichstätt aufstieg. Wie man in der Stadtverwaltung heute zu dieser Entscheidung steht, war am Freitag nicht zu erfahren, denn Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU) war für das Hamburger Abendblatt nicht erreichbar. Bislang vertrat Stephan den Standpunkt, dass "Aussage gegen Aussage" stehe und die Sache strafrechtlich "sowieso längst verjährt" sei.